Geflüchtete wehren sich gegen Abschiebungen!

06.04.2016, Lesezeit 4 Min.
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TOPSHOT - Refugees and migrants including children who left the Chios registration camp, shout slogans and hold placards reading "'No Turkey" during a protest on April 3, 2016 as they camp out in the port of Chios. Greek and EU authorities on April 3, 2016 fine-tuned an operation to expel to Turkey hundreds of migrants denied asylum in a landmark deal slammed by rights groups. Officials declined to comment on the details of the operation, which is believed to begin early Monday from the Greek island of Lesbos where there are over 3,300 refugees and migrants.The operation could involve other Aegean islands with major refugee and migrant populations such as Chios, where agents of EU border agency Frontex were seen arriving on April 3, 2016. / AFP PHOTO / LOUISA GOULIAMAKI

Am Montag begannen die ersten Abschiebungen von Geflüchteten von Griechenland in die Türkei. Doch schon jetzt wehren sich Geflüchtete gegen diese Praxis. So wurden die Abschiebungen von den griechischen Behörden schon am zweiten Tag ausgesetzt.

Anfang der Woche wurden 202 Menschen von den griechischen Inseln Lesbos und Chios in die türkischen Hafenstädte Dikili und Cesme gebracht. Die Abschiebungen sind Teil des reaktionären Deals zwischen der EU und der Türkei. Demnach dürfen syrische Geflüchtete über die Türkei nur dann in die EU reisen, wenn im Gegenzug die EU Geflüchtete in die Türkei abschiebt. Das betrifft in allererster Linie Griechenland. Die dortige Regierung aus Syriza und der rechten ANEL hat erst letzte Woche Abschiebungen mit dem türkischen Regime vereinbart und damit ein weiteres Mal ihre reaktionäre Rolle in der europäischen Krisenpolitik unter Beweis gestellt.

Die beiden provisorischen Geflüchtetencamps am Hafen von Piräus und in Idomeni sollen bis zum Wochenende geräumt werden. Dort leben insgesamt rund 17.000 Menschen. Vor gut einer Woche blockierte eine Gruppe von Geflüchteten die Autobahn nahe Idomeni, indem sie ihre Zelte dort aufschlugen. Sie forderten die Öffnung der Grenze Richtung Westeuropa, die von Mazedonien im Februar dicht gemacht wurde. Erst am Montag blockierten 100 Geflüchtete den Eingang des Camps in Idomeni. In Athen protestierten letzte Woche Mittwoch rund 2.000 Migrant*innen gegen die rassistische Praxis der griechischen Regierung.

Antrag stellen oder untertauchen

Schon am Dienstag verließ jedoch kein einziges Schiff mit Geflüchteten die griechischen Inseln. Denn rund 100 Geflüchtete, die sich auch von Asylanträgen nichts versprechen, sind auf der Insel Chios untergetaucht. Ein weiterer Grund sind vor allem die bürokratischen Schwächen griechischer Behörden. Denn während Geflüchtete bisher keine Asylanträge in Griechenland gestellt hatten, weil sie einfach nur weiterreisen wollten, sichern sich viele nun dadurch ab. Während der Bearbeitungszeit der Berufungsanträge sind Abschiebungen zwar nicht auszusetzen. Doch notwendig zur Bearbeitung dieser Anträge sind sog. Asylrichter*innen. Davon gibt es in Griechenland jedoch nur acht. Deshalb drängt insbesondere Deutschland darauf, möglichst schnell eigene „Asylexpert*innen“ nach Griechenland zu schicken.

Damit die Abschiebungen in die Türkei aus Griechenland aber auch langfristig funktionieren sollen, ist die Einstufung der Türkei als „sicherer Herkunftsstaat“ notwendig. Angesichts der massiven Unterdrückung und Bekämpfung der Kurd*innen und kritischen Journalist*innen wäre eine solche Einstufung eine Farce.

Fluchtursachen bekämpfen statt Probleme verschieben

Trotz dieser Probleme zeigt der reaktionäre Deal bereits jetzt Wirkung. Die Anzahl von Geflüchteten, die auf den griechischen Inseln ankommt, soll laut Angaben der Tageszeitung „Welt“ um rund ein Drittel zurückgehen. Gleichzeitig wird sich die Zahl der Geflüchteten, die in Italien ankommen, im Vergleich zur dritten und vierten Märzwoche verdoppeln. Die zunehmenden Spannungen in Libyen, wo es keine effektive Staatsgewalt gibt und der IS weiter an Einfluss gewinnt, werden diese Situation weiter verschärfen. Besonders zu Beginn der Sommermonate und dem besseren Wetter werden wieder hunderttausende Menschen den Weg über das Mittelmeer nach Europa antreten. Ob nun nach Italien, Griechenland oder sonst wo.

Kein Deal der Welt wird Menschen davon abhalten vor Krieg, Hunger und Elend zu fliehen. Geflüchtete fangen bereits an, sich vor allem in Griechenland gegen diese Verhältnisse zu wehren. Auch hier in Deutschland müssen wir den Kampf gegen die imperialistischen Kriegseinsätze und die Ausbeutung halbkolonialer Staaten in Syrien, Afghanistan, Mali, etc. aufnehmen – mit Jugendlichen, Geflüchteten und klassenkämpferischen Arbeiter*innen, die sich gemeinsam mobilisieren, wie am 27. April beim bundesweiten Aktionstag der „Jugend gegen Rassismus“.

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