Gaza: Kein frohes neues Jahr

04.01.2025, Lesezeit 7 Min.
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Foto: Anas Mohamed/shutterstock

Der Genozid in Gaza geht auch im Jahr 2025 weiter. Währenddessen stehen deutsche Politiker:innen weiterhin an der Seite Israels.

Viele in Gaza hoffen auf Frieden und ein besseres Leben im Jahr 2025, auch wenn der Siedlerkolonialismus nach über 76 Jahren nicht spontan enden wird. Während in den kalten Wintermonaten ihr Überleben aufs Neue herausgefordert wird, haben starke Regenfälle in Teilen Gazas zu Überschwemmungen geführt.

Die 15 Monate Genozid des israelischen Staates gegen Gaza, die Zerstörung von Krankenhäusern, Schulen und sogar UN-Schutzräumen, einhergehend mit der Belagerung des nördlichen Gazastreifens droht den verbliebenen Palästinenser:innen der Tod durch israelische Angriffe, Kälte, Hunger oder Krankheiten. Die meisten der 2 Millionen geflüchteten Palästinenser:innen leben in sogenannten humanitären Zonen. Aus diesen Zeltstädten wurde am Montag, dem 30.12.2024 das sechste tote Baby gemeldet, das an Unterkühlung gestorben ist. Wenn bei Temperaturen unter 10 Grad Celsius und starkem Wind Kinder in Sommerklamotten rumlaufen müssen, weil sie keine andere Kleidung haben, ist dafür der israelische Staat verantwortlich. Es ist eine direkte Folge der Bombardierung der letzten 15 Monate.

Der Beschluss des letzten arbeitenden Krankenhauses Kamal-Adwan-Krankenhaus im Norden des Gazastreifen am 27./28.12.2024 führte zur „Vernichtung der Gesundheitsversorgung“ im Gazastreifen, wie das Internationale Komitee vom Roten Kreuz am 30.12. erklärte. Das letzte funktionierende Krankenhaus im Gazastreifen wurde unter der Begründung, dass sich dort „Terroristen“ versteckt gehabt hätten, bombardiert. Das UN-Menschenrechtsbüro spricht davon, dass das Gesundheitssystem am Rande des „totalen Zusammenbruchs“ steht. Nach der Bombardierung ordnete die Israelische Besatzung die Schließung des Krankenhauses an und inhaftierte den verletzten Direktor Dr. Hussam Abu Safiya. Volker Türk, der UN-Hochkommissar für Menschenrechte sprach auch von einer“ eklatanten Missachtung des humanitären Völkerrechts und der Menschenrechte“.

Deutschlands Rolle im Genozid

Dass die Bundesregierung Israel trotz seiner Kriegsverbrechen unterstützt, ist keine Neuigkeit. Es ist aber eine neuere Entwicklung, dass sie prominent von rechts kritisiert wird, weil die Unterstützung für Israels Genozid nicht weitreichend genug sei: Laut Merz, der von „konkreten Fällen aus der Rüstungsindustrie“ wisse, verweigere die Bundesregierung Exportgenehmigungen für Waffenlieferungen, insbesondere Munition und Panzer-Ersatzteile, nach Israel. Merz stellte in der gleichen Rede im Bundestag am 10. Oktober auch Scholz‘ Loyalität zur deutschen Staatsräson in Frage. 

Scholz, der sich das natürlich nicht bieten lassen möchte, antwortete: „Wir haben Waffen geliefert und wir werden Waffen liefern.“ Damit möchte er die Vorwürfe der CDU-Opposition entkräften – und bestätigt gleichzeitig den kompromisslosen Verkauf von deutschen Waffen, die Israel für seinen Genozid am palästinensischen Volk benutzt. Und nicht nur dafür.

Israel bombardierte im letzten Jahr auch wochenlang den Libanon. Im Süden des Landes wurden Zivilist:innen von Luft- und Bodenangriffen getötet, in der Hauptstadt Beirut wurden zwei dicht besiedelte Viertel dem Erdboden gleich gemacht. In den gerade einmal drei Wochen der massiven Angriffe Israels im Libanon wurden mindestens 2.000 Menschen von Bomben in Pagern, Bomben aus der Luft und Schusswaffen getötet.

Bei einem der israelischen Angriffe wurde zudem ein Stützpunkt der UN-Blauhelme im Libanon angegriffen. UN-Blauhelme sind Soldat:innen aus den Ländern der Vereinten Nationen, die in Kriegsgebieten eingesetzt werden, um „den Frieden aufrechtzuerhalten“ und „die Einhaltung des humanitären Völkerrechts zu beobachten“. Im Libanon stationiert sind unter anderem auch deutsche Soldat:innen, die ebenfalls beschossen wurden – verletzt wurden jedoch nur Truppen anderer Nationen wie Italien und Frankreich.

Hinter Scholz Antwort steht also, dass Deutschland Israels Genozid weiter bedingungslos unterstützt. Tote Zivilist:innen werden dafür unbeirrt in Kauf genommen. Und auch auf das Leben eigener Soldat:innen wird kein Wert gelegt – viel wichtiger sind die Gewinne aus Rüstungsexporten und der Erhalt Israels als strategischem Verbündeten zur Kontrolle der Region.

Außenministerin Baerbock bemühte sich, mit Scholz‘ Kriegseifer mitzuhalten. Um ihre Solidarität mit Israel zu bekräftigen, rechtfertigte sie in ihrer Rede die ständigen Angriffe auf Zivilist:innen: „Selbstverteidigung bedeutet, dass man Terroristen nicht nur angreift, sondern zerstört. Deswegen habe ich klar und deutlich gemacht: Wenn Hamas-Terroristen sich hinter Menschen, hinter Schulen verschanzen, dann kommen wir in ganz schwierige Themenbereiche rein. Aber wir ducken uns davor nicht weg. Deswegen habe ich vor den Vereinten Nationen deutlich gemacht: Dann können auch zivile Orte ihren Schutzstatus verlieren, weil Terroristen das missbrauchen. Dazu steht Deutschland und das bedeutet für uns Sicherheit Israels.“

Nein zu euren Kriegen!

Der Genozid in Gaza und die Aggression gegen den Libanon, Syrien und andere umliegende Länder müssen sofort beendet werden. Das wäre möglich, wenn die USA und Deutschland ihre diplomatische Rückendeckung und ihre Waffenlieferungen in Milliardenhöhe beenden würden. Doch das werden die Regierungen nicht tun, wenn wir sie freundlich darum bitten. Die Unterstützung kann aber beendet, wenn wir die Infrastruktur lahmlegen, die diesen Genozid finanziert und unterstützt.

Deutsche Waffenlieferungen müssen an allen Häfen blockiert werden, die Produktion von Waffen sofort eingestellt und in Produktion umgewandelt werden, die eine Gesellschaft am Leben hält – nicht tötet. Mo, ein palästinensischer Hafenarbeiter am Hamburger Hafen, sagte in einem Interview einen sehr wichtigen Satz:

„Wenn wir wüssten, was in den Lieferungen ist, die wir abpacken und umschlagen, dann bin ich mir sicher, dass keine:r meine:r Kolleg:innen freiwillig eine Lieferung mit Waffen verarbeiten würde. Keine:r würde sie auf die Schiffe packen, weil keine:r von uns möchte, dass es anderen Menschen wegen uns schlecht geht.“

In diesem Sinne braucht es eine organisierte Antwort von Arbeiter:innen auf die Beteiligung Deutschlands an der mörderischen Politik Israels. Mit kollektiven Aktionen und Streiks kann die Lieferung von Rüstungsmaterial verhindert werden und nur so werden der Genozid und der Krieg beendet.

Bei der kommenden Bundestagswahl treten drei unabhängige sozialistische Kandidatinnen gemeinsam an für eine Welt ohne Grenzen, Krieg und Ausbeutung. Leonie Lieb (Revolutionäre Internationalistische Organisation/ Klasse Gegen Klasse) in München, Franziska Thomas (Revolutionär Sozialistische Organisation) und Inés Heider (Revolutionäre Internationalistische Organisation / Klasse Gegen Klasse) in Berlin. Leonie ist Hebamme und hat sich gemeinsam mit ihren Kolleginnen gegen die Schließung ihres Kreißsaals in Neuperlach organisiert. Franziska ist Sozialarbeiterin und hat sich unter anderem gegen die Schließung der Frieda-Mädchenzentren eingesetzt, zudem ist sie Teil der Initiative Social Workers 4 Palestine. Inés ist ebenfalls Sozialarbeiterin und wurde letztes Jahr von ihrem Träger fristlos und außerordentlich gekündigt, nachdem sie ihre Kolleg:innen auf Proteste gegen Kürzungen hingewiesen hatte und auf die Möglichkeit, einer Gewerkschaft beizutreten. Gemeinsam mit einem Solidaritätskomitee wehrte sie sich erfolgreich dagegen. Unsere Kandidatinnen wissen, dass es wichtig ist, Unrecht nicht hinzunehmen, sondern sich zu wehren. Sie möchten auch im Bundestag ihre Stimme erheben für die Perspektive derjenigen, die sich gegen den Genozid und die Vernichtungspolitik. Für all diejenigen, die eine lebenswerte Zukunft statt Aufrüstung und Krieg wollen. Eine sozialistische Perspektive der Arbeiter:innen – feministisch und antirassistisch. 

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