Für einen klassenkämpferischen Feminismus!
Als Marxist*innen sind wir der Meinung, dass die kapitalistische Ausbeutung und die Unterdrückung von Frauen* untrennbar miteinander verbunden sind. Denn auch wenn die Unterdrückung von Frauen* älter ist als der Kapitalismus, hat der Kapitalismus sie vollständig in seine Produktionsweise integriert, und zwar aus mehreren Gründen. Es ist einerseits zweifellos profitabler für die Kapitalist*innen, wenn die Frauen* Erziehung und Hausarbeit individuell und vor allem unbezahlt erledigen, anstatt diese Aufgabe zu kollektivieren. Und andererseits bewirkt die doppelte Unterdrückung von Frauen* im Kapitalismus, die durch die unbezahlte Arbeit nach der Lohnarbeit zustande kommt, eine massive Spaltung der lohnabhängigen Bevölkerung.
In linken feministischen Kreisen werden diese Tatsachen durchaus anerkannt, jedoch unter dem Vorzeichen, dass die kapitalistische Ausbeutung der Lohnarbeit und die Unterdrückung von Frauen* (und andere Unterdrückungsformen wie Rassismus, Homo- und Trans*phobie etc.) nur jeweils eine von mehreren (beliebigen) Unterdrückungsformen darstellen, die nebeneinander existieren.
Als Marxist*innen denken wir hingegen, dass die Mechanismen der kapitalistischen Produktionsweise verschiedene Elemente vorkapitalistischer Unterdrückungsformen wie die Frauenunterdrückung integriert und neue geschaffen hat, jedoch in der Art, dass sie funktional für den Produktionsprozess wurden. Daraus folgt für uns keineswegs, dass der Kampf für die Befreiung der Frau* weniger wert oder ein „Nebenwiderspruch“ wäre, mit dem man sich befassen könne, sobald der Kapitalismus überwunden sei. Aber wir sind der Meinung, dass dieser Kampf ohne eine Perspektive der revolutionären Überwindung der kapitalistischen Produktionsweise nicht erfolgreich sein kann.
Denn die Wurzel der Frauenunterdrückung liegt letztendlich in der Teilung des Arbeitsprozesses (genau wie der Beginn der Klassengesellschaften) zwischen Männern* und Frauen* — auf dessen Basis sich dann eine Reihe von spaltenden, sexistischen Ideologien und Geschlechterrollen entwickelt haben. Wir wollen natürlich nicht zu einer Welt vor jeglicher Arbeitsteilung zurück, aber die Schlussfolgerung, die wir aus dieser Analyse ziehen, ist, dass der Kampf für die Frauen*befreiung ein Kampf um die kollektive demokratische Kontrolle des Produktionsprozesses sein muss — also ein Kampf für den Sozialismus.
Mit der sozialistischen Produktionsweise allein wird Frauen*unterdrückung und Sexismus natürlich nicht aussterben. Dazu ist ein täglicher politischer Kampf gegen Chauvinismus und Sexismus auch innerhalb der Linken und der Arbeiter*innenklasse nötig. Dazu müssen Frauen* auch das Recht haben, eigene Strukturen innerhalb einer revolutionären Bewegung zu gründen. Aber nur in Verbindung mit der Arbeiter*innenklasse, welche die Wurzel der Frauenunterdrückung beseitigt, kann die Befreiung der Frau* erkämpft werden, nicht ohne sie. Deshalb treten wir für einen klassenkämpferischen Feminismus ein, der sich dem Aufbau dieser Allianz verschreibt. Denn wie schon Clara Zetkin sagte: „Kein Sozialismus ohne Frauenbefreiung – keine Frauenbefreiung ohne Sozialismus!“
Um dem rein gesellschaftlichen Charakter der Zwei-Geschlechtlichkeit Rechnung zu tragen, markieren wir bestimmte Begriffe mit einem *.
Dieser Text erschien in dem Flugblatt „Brot und Rosen“, dass zum 8.März 2013 von unabhängigen Frauen* und RIO erstellt wurde.