Für’s Wählen ab 16!
Während bürgerliche Politiker*innen über die „unpolitische Jugend“ schimpfen, verbietet das deutsche Wahlrecht ihnen die Beteiligung an Wahlen. Solche undemokratischen Einschränkungen sollten abgeschafft werden und das Wählen schon ab 16 Jahren erlaubt sein.
Die U-18-Wahlen haben in der vergangenen Woche einen kleinen Einblick darauf gegeben, wie das Parlament zusammengesetzt wäre, wenn Kinder und Jugendliche das Sagen hätten. Alle drei rechten bürgerlichen Parteien, die im kommenden Bundestag vertreten sein werden, erzielen wesentlich schlechtere Ergebnisse, als es die Umfragen für die echten Wahlen am 24. September prognostizieren. Die CDU erreicht nur 30 Prozent, die AfD sieben und die FDP nur rund fünf Prozent der mehr als 200.000 Kinder und Jugendlichen, die an dem Projekt teilgenommen haben.
Im Gegensatz dazu erhalten Kleinstparteien überdurchschnittlich hohe Werte, von der Tierschutzpartei über die PARTEI bis hin zu linken Gruppen wie der DKP oder der SGP. Und auch die Grünen erreichen mit fast 17 Prozent Höhen, von denen sie sonst nur träumen können – wahrscheinlich ein verzerrter Ausdruck der Tatsache, dass viele Kinder schon heute den Klimawandel als eine der größten Bedrohungen der kommenden Generationen ansehen.
Ablehnung des Establishments, gegen rechts und mit Umweltbewusstsein – das sind einige der Ausrichtungen, die man aus den U-18-Wahlen für die Jugend in Deutschland ziehen kann. Und doch schenken die sich im Wahlkampf befindenden Politiker*innen diesem Ergebnis wenig Bedeutung. Denn das Wahlrecht sieht vor, dass nur Volljährige an den Bundestagswahlen teilnehmen können.
Zwar gibt es vier Bundesländer (Brandenburg, Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein), in denen Jugendliche ab 16 Jahren bei der Landtagswahl mitmachen können und in sechs weiteren ist dies auf Kommunalebene möglich. Doch wie oft hören wir Landes- und Kommunalpolitiker*innen, die in Kompetenzstreitigkeiten auf die Bundesebene verweisen? Und gerade an dieser entscheidendsten Stimmabgabe dürfen die Jugendlichen nicht teilhaben.
Dabei ist die Jugend weit davon entfernt, unpolitisch zu sein. Die wichtigsten demokratischen Bewegungen der letzten Jahre in Deutschland wurden von der Jugend angeführt. Unter dem Motto „Jugend gegen Rassismus“ fanden zahlreiche Schulstreiks mit tausenden Teilnehmer*innen für die Rechte der Geflüchteten statt. Genauso sieht es auch bei den zahlreichen Protesten gegen rechts aus, sei es gegen faschistische Gruppen wie die Identitären oder faschistoide Parteien wie die AfD.
Aus eben diesem Grund wollen die etablierten Parteien die 1,5 Millionen Jugendliche zwischen 16 und 18 Jahren nicht wählen lassen. Natürlich würde das System nicht zusammenbrechen, sobald auch Jugendliche ab 16 Jahren das Wahlrecht haben. Doch wenn den Schüler*innen schon von klein auf die angeblichen Vorteile der bürgerlichen Demokratie eingetrichtert werden, sollten sie zumindest die Möglichkeit haben, diese ab 16 nicht nur in der Theorie, sondern auch praktisch auszuleben.
So könnten die Jugendlichen eine Erfahrung mit dieser Demokratie für Reiche machen. Werden ihre Forderungen nach guter und kostenloser Bildung, Zugang zu Kultur und Freizeit, einer lebenswerten Zukunft mit würdigem Lohn und bezahlbaren Wohnraum durch das Wählen bürgerlicher Repräsentant*innen alle vier Jahre erfüllt oder nicht? Und bleibt das Wählen für alle unter 18 weiterhin verboten, sagt das schon viel aus über die politische Elite und das gesamte „demokratische“ System.