Für einen internationalistischen Feminismus, angetrieben von der Arbeiter*innenklasse

15.02.2017, Lesezeit 10 Min.
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Nach dem riesigen Women's March in Washington, am 21. Januar, folgt nun der internationale Frauenkampftag, am 8. März. Wir sollten uns dem Kampf der Frauen anschließen, für einen internationalistischen Feminismus, der sich auf die Arbeiter*innenklasse stützt.

Die momentane politische Situation war noch vor einem Jahr kaum vorstellbar. Der Amtsantritt von Donald Trump fand unter dem nationalistischen Banner „America First“ statt. Doch er wurde von großen Protesten begleitet. Millionen von Frauen gingen auf die Straßen, um gegen Trump und seinen Sexismus zu demonstrieren. Der Women’s March in der US-Hauptstadt wurde von weiteren Demonstrationen begleitet. Insgesamt gingen in 600 Städten in den USA Menschen auf die Straße. Darunter waren einige der größten Demonstrationen in der Geschichte der USA seit den Friedensdemonstrationen gegen den Vietnamkrieg. Viele der Protestierenden nahmen zum ersten Mal an Demonstrationen teil. So demonstrierten am 21. Januar Menschen aller Altersstufen, unabhängig von Ethnie oder Geschlecht, gegen den Amtsantritt von Donald Trump. In den republikanisch geprägten US-Bundesstaaten gingen mehr Menschen auf die Straße als erwartet, um gegen den neuen US-Präsidenten zu demonstrieren.

Der Women’s March war eine von vielen großen Demonstrationen gegen die Unterdrückung von Frauen, die in den letzten Jahren weltweit stattfanden. Zuerst die Bewegung #NiUnaMenos (#Nicht eine weniger), die zwei Jahre hintereinander tausende Frauen in ganz Argentinien auf die Straße brachte und sich auf verschiedene Länder in Südamerika ausbreitete. Die Bewegung kämpft gegen die sich immer weiter ausbreitende Gewalt gegen Frauen, die auch die Ermordung von Frauen beinhaltet. Im Oktober gelang es in Polen, durch einen Streik der Frauen ein komplettes Abtreibungs-Verbot zu verhindern. Einige Wochen später streikten in ganz Island Frauen, um gegen die ungleiche Bezahlung von Frauen und Männern vorzugehen.

Diese Bewegungen für die Rechte von Frauen treten in Erscheinung, nachdem innerhalb der kapitalistischen Gesellschaft einige angebliche Erfolge verzeichnet werden konnten. So gelang es einigen Frauen in leitende Positionen vorzurücken. Dazu zählen Angela Merkel und Theresa May, Premierministerin von Großbritannien. Damit leiten Frauen zwei der Kernländer des Imperialismus. Teile des liberalen Feminismus feiern dies als Siege für die Rechte von Frauen. Dadurch beschwören sie die Idee, Frauen in führenden Positionen innerhalb der kapitalistischen Gesellschaft würden die Unterdrückung von Frauen beenden.

Das Scheitern dieser Strategie ist nun offenkundig. Frauen in leitenden Positionen haben keinen radikalen Wandel der Gesellschaft herbeigeführt. Viele Frauen sind auch weiterhin von Doppelbelastung betroffen. Nach der Lohnarbeit müssen Frauen mehrheitlich noch unbezahlte Hausarbeit verrichten. Auch sexualisierte Gewalt ist nicht verschwunden. Täglich werden drei Frauen in den USA von einem ehemaligen oder ihrem aktuellen Lebenspartner, umgebracht. Alle 20 Minuten wird in den USA eine Frau Opfer von Gewalt innerhalb einer Beziehung. Frauen sind auch weiterhin weitaus stärker vom Kapitalismus betroffen als Männer. Mehr als 1,5 Milliarden Menschen leben unter extremster Armut. Davon sind 70 Prozent Frauen und Mädchen. Noch stärker betroffen sind schwarze Frauen, Frauen mit körperlichen, geistigen oder psychologischen Einschränkungen, Menschen mit trans und nicht-binären Identitäten, und andere Menschen, die von mehreren Unterdrückungsverhältnissen gleichzeitig betroffen sind.

Die Präsidentschaft von Trump wird die Lage noch weiter zuspitzen. Angefangen mit seiner Drohung, Abtreibungen zu kriminalisieren, über das Verbot sich gewerkschaftlich zu organisieren, hin zu der Aufhebung grundlegender Rechte für undokumentierte Migrant*innen und Muslim*innen. Außenpolitisch wird Trump das Werk von Obama fortführen und die Drohnen-Angriffe fortsetzen. Damit geht die Bombardierung von Frauen und Kindern im Mittleren Osten weiter. Nur zwei Wochen nach dem Amtsantritt von Donald Trump wurde ein acht Jahre altes Mädchen während einer Razzia im Jemen getötet, wo US-Streitkräfte derzeit an einer militärischen Intervention beteiligt sind. Er wird in Obamas Fußstapfen treten bei der Verschlimmerung der Flüchtlingskrise. Denn auch er wird sich nicht damit zufrieden geben, andere Länder zu bombardieren, sondern es ebenso ablehnen, die menschlichen Konsequenzen des US-Imperialismus zu tragen und Geflüchtete aufzunehmen.

Um diese Angriffe abzuwehren, brauchen wir eine internationalistische Frauenbewegung, die die Probleme, mit denen Frauen in den USA konfrontiert sind, nicht getrennt von den Problemen betrachtet, denen Frauen in Mexiko und in Syrien ausgesetzt sind. Deshalb unterstützen wir den Aufruf von Beyond Lean-In Für einen Feminismus der 99% und einen kämpferischen internationalen Streik am 8. März“, an dem sich bereits jetzt Arbeiter*innen in 30 Ländern beteiligen und gemeinsam einen weltweiten Streik am internationalen Frauenkampftag organisieren.

Um Trump zu besiegen, dürfen wir nicht getrennt voneinander kämpfen. Wir sind viel stärker, wenn wir uns gemeinsam organisieren, nicht bloß auf der Straße, sondern auch in den Betrieben, den Universitäten und den Schulen. Wir fordern die Gewerkschaften dazu auf, für den 8. März zum Streik aufzurufen. Wir fordern die Gewerkschaftsführer*innen, die beim Woman’s March auf der Bühne standen, wie Randi Weingarten, von der US-Gewerkschaft der Lehrer*innen und George Gresham von der US-Gewerkschaft für Arbeiter*innen in der Pflege, dazu auf, sich mit dem Streik zu solidarisieren und in den lokale Gewerkschafts-Gremien Abstimmungen zu organisieren.

Die feministische Bewegung, die wir brauchen

Wir hoffen, dass der Streik am 8. März ein Sprungbrett sein kann für eine neue feministische Bewegung, für einen Feminismus angetrieben von der Arbeiter*innenklasse. Der Frauenkampftag bietet uns die Möglichkeit, damit zu beginnen, indem wir statt einer Demonstration einen Streik organisieren. Ein Streik unterbricht die kapitalistische Wertschöpfung und ist damit die stärkste Waffe in einer Gesellschaft, die auf dem Profit basiert. Unser Streik beinhaltet die Verweigerung von bezahlter und unbezahlter Arbeit, also der Hausarbeit und der Arbeit, die wir in den Betrieben erledigen. Der Streik ist der Inbegriff eines Feminismus der Arbeiter*innenklasse, der einzigen Klasse, die den Kapitalismus überwinden kann.

Dieser proletarische Feminismus muss eine gemeinsame Front mit allen Unterdrückten anstreben. Wir spiegeln einen Ausschnitt aus dem Text von Beyond Lean-In, in dem es um die feministische Bewegung #NiUnaMenos geht:

Ihre Perspektive prägt unsere Entschlossenheit, den institutionellen, politischen, kulturellen und ökonomischen Angriffen auf Musliminnen und Migrantinnen, auf Frauen of Color und arbeitenden und arbeitslose Frauen, auf Lesben und Trans-Frauen und auf alle Menschen, die gender nonconforming sind, entgegenzutreten.

Ein Angriff auf eine von uns muss als Angriff auf alle von uns gewertet werden. Ein Hassverbrechen gegen eine Trans*frau ist ein Hassverbrechen gegen uns alle. Polizeigewalt gegen eine nicht-weiße Frau ist ein Angriff gegen uns alle. Trumps Einreiseverbot für Muslim*innen ist ein Angriff gegen uns alle. Einschränkungen in der Gesundheitsversorgung, von der vor allem Menschen mit Einschränkungen betroffen sind, ist ein Angriff gegen uns alle. Dadurch sollen die unterschiedlichen Erfahrungen, die wir machen müssen, nicht verschwiegen werden. Stattdessen wollen wir verdeutlichen, dass wir die Angriffe mit einem gemeinsamen Streik zurückschlagen müssen, besonders die Angriffe gegen die unterdrücktesten Sektoren der Arbeiter*innenklasse.

Eine Bewegung des proletarischen Feminismus muss für die Rechte von nicht-binären Menschen kämpfen, sowie für die Rechts von Trans*- und Cis-Frauen. Aber sie muss verstehen dass wir durch die Klassen gespalten sind. Wenn wir gegen ein Abtreibungsverbot kämpfen, dann müssen wir verstehen, dass proletarische Frauen am stärksten von diesem Verbot betroffen sind. Wir müssen erkennen, dass Frauen weniger Geld verdienen, als Männer und dass dies besonders für Frauen von Nachteil ist, die eh schon im Niedriglohn-Sektor arbeiten müssen.

Proletarische Feminist*innen wissen, dass bürgerliche Parteien sie in eine Sackgasse führen. Hillary Clinton, eine Vertreterin des bürgerlichen Feminismus, zeigt eindrücklich in welche Sackgasse uns ein Feminismus führt, der versucht, Frauen in mächtige Positionen zu bringen. Clinton repräsentiert Imperialismus und Rassismus, den Drohnenkrieg im Nahen Osten und die Masseninhaftierung von nicht-weißen Menschen in den USA. Während Bernie Sanders manchen als Alternative erschien, arbeitete er mit derselben bürgerlichen Partei zusammen, der auch Hillary Clinton angehört. Bei 95% aller Abstimmungen stimmte Bernie Sanders genauso ab, wie die Abgeordneten der Demokratischen Partei. Dennoch bezeichnete er sich selbst als unabhängigen Abgeordneten. Heute ist Bernie Sanders für die Öffentlichkeitsarbeit der Demokratischen Partei verantwortlich. Diesen Posten möchte er dazu benutzen, um „die Bemühungen der Partei um Graswurzel-Bewegungen auszuweiten.“

Die Probleme mit Bernie Sanders gehen jedoch viel tiefer, als seine Verbindung mit der Demokratischen Partei. Es ist unmöglich eine internationalistisch-feministische Bewegungen mit Sanders aufzubauen, einem Politiker der Trumps „America First“ übernimmt und für „Unternehmens-Patriotismus“ wirbt. Das bedeutet, dass Unternehmen patriotischer sein sollen, also keine Arbeitsplätze mehr ins Ausland auslagern. Wir können keine internationale Frauenbewegung aufbauen mit einem Politiker, der hundertprozentig hinter Israel steht und für die Finanzierung des Irak-Kriegs stimmte. Sanders Positionen sind nicht vereinbar mit einer internationalistischen Bewegung der Frauen, die mit der Arbeiter*innenklasse verbunden ist.

Wir brauchen einen Feminismus, der alle Frauen gegen Angriffe verteidigt. Deshalb muss er mit der Arbeiter*innenklasse verbunden sein. Der neoliberale Feminismus von Hillary Clinton und der Nationalismus von Bernie Sanders werden uns nicht dabei helfen. Nur ein Feminismus, der kompromisslos für all unsere Rechte kämpft, kann zu unserer Befreiung führen. Um die Rechte für die 99% zu erkämpfen, brauchen wir einen Feminismus, der mit der Arbeiter*innenklasse verbunden ist, denn sie ist die einzige Klasse, die den Demokrat*innen und den Republikaner*innen, die uns angreifen und verkaufen, die Stirn bieten kann. Sie ist auch die einzige Klasse, die das kapitalistische System bekämpfen kann, das von unserer bezahlten und unbezahlten Arbeit profitiert. Nur die Arbeiter*innenklasse ist in der Lage dieses System zu bezwingen.

Unser Feminismus muss unabhängig von der Demokratischen Partei sein. Er muss aber auch die bürokratische Führung der Gewerkschaften bekämpfen. Diese handeln immer wieder Verträge aus, bei denen die Arbeiter*innen den Kürzeren ziehen. Wir müssen also selbst dafür sorgen dass die Gewerkschaften am Frauenkampftag zum Streik aufrufen. Ohne diesen Aufruf wird es keinen großen Streik am 8. März geben. Dazu müssen wir Druck auf die bürokratischen Führungen der Gewerkschaften aufbauen. Sie sind mit der Demokratischen Partei und dem politischen Establishment verbunden. Deshalb werden sie nicht von sich aus zum landesweiten Streik aufrufen. Ein Streik zum internationalen Frauenkampftag hätte nämlich erhebliche Auswirkungen.

Der Hauptgrund, weswegen wir einen Feminismus anstreben, der sich auf die Arbeiter*innenklasse stützt, ist, dass wir nicht bloß Trump bekämpfen wollen, sondern das ganze kapitalistische System, welches die Ursache für all das Leid ist, das wir zu ertragen haben. Wir wollen ein System bekämpfen, in dem 1% der Weltbevölkerung über die Hälfte des weltweiten Vermögens verfügt. Wir wollen ein System bekämpfen, in dem mexikanische Frauen 10 Stunden am Tag arbeiten und unterschiedliche Formen von Gewalt erfahren, um Dinge zu produzieren, die die Grenze zwischen Mexiko und den USA problemlos überqueren. Wir wollen ein System bekämpfen, in dem nicht-weiße Menschen unverhältnismäßig oft in Gefängnissen sitzen, wo Frauen gezwungen sind für minimale Löhne zu arbeiten und nach der Freilassung mehrere Jobs im Niedriglohn-Sektor annehmen müssen, um über die Runden zu kommen. Die Arbeiter*innen stellen die Produkte her und erarbeiten den Profit. Dieser ist die Grundlage für das System. Nur die Arbeiter*innenklasse kann dieses System bezwingen. Wenn wir die Unterdrückung bezwingen wollen, die wir als Frauen im Kapitalismus erleiden, dann müssen wir das ausbeuterische System bezwingen, welches von unserer Unterdrückung profitiert.

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