Frankreich: Für eine Revolutionäre Neue Antikapitalistische Partei der Arbeiter*innen­klasse

19.01.2018, Lesezeit 9 Min.
Übersetzung:
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Saint-Denis, 2° congrès du NPA, les 1, 2 et 3 février 2013.

Wir veröffentlichen hier die Zusammenfassung des Programms der Plattform Z, die von der Revolutionär Kommunistischen Strömung (CCR) und weiteren Aktivist*innen für den kommenden Kongress der Neuen Antikapitalistischen Partei (NPA) am ersten Februarwochenende aufgestellt wurde.

Der Vierte Kongress der Neuen Antikapitalistischen Partei (NPA) aus Frankreich, bei dem sich die verschiedenen Plattformen (Z, Y, X, W, V, U, etc.) vorstellen, findet im Februar statt.

Die Plattform Z ist das Ergebnis einer Vereinigung von Aktivist*innen der CCR, Träger*innen der Website Révolution Permanente, und anderen Mitgliedern der NPA. Die Plattform hat das Ziel, die Mitglieder der Partei um ein offen revolutionäres und klassenkämpferisches Projekt zu organisieren und die Stärke der Kampagne um den Ford-Arbeiter Philippe Poutou aus den letztjährigen Präsidentschaftswahlen fortzuführen und weiterzuentwickeln.

Die Themen des Kongresses

Nach der Erfahrung der Tsipras-Regierung in Griechenland muss die künftige NPA ihr Verständnis der neo-reformistischen Phänomene der letzten Jahre klären, zu denen die NPA bisher ein unklares Verhältnis hat. Angesichts des Aufstiegs der linksreformistischen Bewegung „Unbeugsames Frankreich“ um Jean-Luc Mélenchon ist diese Klärung besonders wesentlich für die Orientierung der Partei. Von der Front de Gauche (Linksfront) über Syriza und Podemos war die NPA von Beginn an zwischen zwei großen Projekten gespalten: Einerseits zwischen dem Projekt einer unabhängigen, antikapitalistischen und revolutionären Partei und andererseits dem einer Neuzusammensetzung mit Teilen der reformistischen Linken. Diese Spannung hat 2012 zu einer Abspaltung eines wesentlichen Teils der NPA-Führung hin zu „Ensemble“ geführt.

Auch wenn das letztere Projekt die Formel einer „neuen Repräsentation aller Ausbeuteten und Unterdrückten“ ausgibt, so folgt der organisatorische Rahmen der Idee und dem Schema einer „breiten Partei“, nach dem die NPA seit ihrer Gründung ausgerichtet ist. Alle derartigen Erfahrungen haben zu Niederlagen oder zu Anpassungen an die kapitalistischen Institutionen in diversen Ländern geführt. Dennoch scheint ein Teil der NPA-Führung weiterhin bestrebt zu sein, die Unklarheiten darüber, was das Herz des Parteiprojekts sein soll – also, welches soziale Programm die Partei vertreten soll und wie es durchzusetzen ist –, aufrechtzuerhalten.

Das ist alles umso ernster, als das die Partei nach der Nationalen Konferenz 2016 der unabhängigen Kandidatur Philippe Poutous für die NPA zugestimmt hatte. Die Auswirkungen dieser Kampagne, mit sehr radikalen Positionen und einem starken Klassencharakter, haben gezeigt, dass die NPA sehr viel Zuspruch erlangen kann. Die Kampagne hat außerdem gezeigt, dass es möglich ist, die Spaltungen innerhalb der Partei zu überwinden und trotz aller verschiedenen Ansichten eine gemeinsame Praxis zu etablieren. Dadurch bestand die Möglichkeit, den relativen Erfolg dieser Kampagne in die Wiederbelebung eines revolutionären und klassenkämpferischen Profils und Projekts zu übersetzen.

Die Mehrheit als Selbstzweck

Nichtsdestotrotz steuern wir auf einen komplett, anderen Kongress zu. Die Plattform U gruppiert sich um einen doppeldeutigen Text eines kleines Teils der Führung, die sich selbst mit der Mehrheit des Vereinigten Sekretariats identifiziert, trotz aller Meinungsverschiedenheiten über die Strategie und die Orientierung, die ihre Mitglieder haben.

Die Rechtfertigung für den Aufbau dieses Blocks ist ziemlich einfach: Die NPA sei durch die internen Spaltungen gelähmt und nur eine neue Mehrheit kann die Partei neu aufbauen. Die Konstituierung dieser neuen Mehrheit verkommt somit zum Selbstzweck, unabhängig von irgendeiner Orientierung oder Parteibildungsprojekt. Die Plattform versteckt die tatsächlichen Meinungsverschiedenheiten, die es gibt, hinter formelhaften Phrasen. Beispiele dafür sind die Idee des Aufbaus einer „revolutionären Massenpartei“, die von einigen aufgegriffen wird, oder der Vorschlag der Schaffung eines „neuen politischen Raums für die 99 Prozent der Bevölkerung“, der von anderen unterstützt wird.

Die Mitglieder der Plattform U waren und sind in fast jeder wichtigen politischen Frage gespalten, die in der NPA in der letzten Periode aufgekommen ist: die Positionierung der Partei zu Syriza und Podemos, die Kandidatur Poutous, die Frage, ob die NPA selbst bei den Parlamentswahlen antreten soll oder zur Wahl von Lutte Ouvrière (LO) aufrufen soll und viele weitere mehr.

Es ist offenkundig, dass solch ein Block die NPA nicht wiederbeleben und sich nicht selbst behaupten kann, sobald auch nur der Anschein eines Prozess einer linken Umgruppierung für die Europawahlen 2019 das Tageslicht erblickt. Alles in allem wird die NPA dadurch nicht in der Lage sein, die Herausforderungen, die sich aus der politischen Situation ergeben, zu bestehen.

Die Aufgaben der NPA nach der Arbeitsmarktreform

Auch wenn die Wahl von Macron und die Niederlage des Kampfes gegen die Arbeitsmarktreform eine reaktionären Situation eröffnet, ist die Spannung zwischen dem Präsidenten der Reichen und der Arbeiter*innenbewegung, die Macron immer gehasst hat, lange nicht vorüber. Das wird besonders deutlich durch eine Reihe harter, lokaler Konflikte, die zurzeit stattfinden und sich teilweise gegen die Einführung neuer Haustarifverträge richten (die nach der Arbeitsmarktreform für die Unternehmer*innen vorteilhafter sind als Branchentarifverträge).

Unter all diesen Konflikten ist der siegreiche Streik der Reiniger*innen der Bahnhöfe von Île-de-France (die Region Paris) gegen den riesigen Subunternehmer Onet und das französische Bahnunternehmen SNCF beispielhaft für die Widersprüche in der politischen Situation und für die Möglichkeiten der Intervention für die NPA.

Der Kampf zeigt ein neues Selbstbewusstsein, das in den prekärsten Teilen unser Klasse wächst, und das sollte uns interessieren. Aber es ist auch ein Ergebnis einer entschlossenen Intervention von Genoss*innen der NPA, die im Kleinen den Weg offenbart zu der Partei, die wir aufbauen wollen: eine revolutionäre Partei, die jede Auseinandersetzung als „Schule“ des Klassenkampfs begreift und anstrebt, ein Instrument zu werden, das Arbeiter*innen zum Sieg führt.

45 Streiktage mit ganztägigen Streikposten und täglichen Streikversammlungen in einem Sektor überausgebeuteter, migrantischer Beschäftigter brachten den Streikenden nicht nur die Zurückschlagung der Angriffe, sondern auch neue Errungenschaften. Die große Bekanntheit, die dieser lokale Streik erlangt hat, und das breite Unterstützer*innennetzwerk sorgten für die notwendige moralische Unterstützung der Kolleg*innen, genauso wie unzählige Solidaritätsaktionen und das Sammeln von 100.000 Euro für die Streikkasse. All das sind gleich wichtige Elemente für den Ausgang des Kampfes.

Der Erfolg dieses Kampfes war auch ein Resultat der Verknüpfung verschiedener Kämpfe – von den Feministinnen der #MeToo Bewegung über die Streikenden von Holiday Inn, die sich zwei Monate lang im Streik befanden, bis hin zu den Mitgliedern des Komitees für Gerechtigkeit für Adama. Assa Traoré, Adamas Schwester und Tochter von einem der Arbeiter, die den Streik begonnen haben, kam auch den Streikposten und betonte, wie eng dieser Sektor der Arbeiter*innen verknüpft ist mit der Jugend im Viertel.

Bei all den Grenzen und so klein dieser Kampf auch war, denken wir, dass er ein Beispiel dafür ist, wie die Politik der NPA in der kommenden Periode aussehen muss. Sie muss anstreben, mit den widerständigsten Sektoren unser Klasse zu verschmelzen, um kleine Erfahrung zu machen, die zum Aufbau eines neuen Bewusstseins beitragen und den Nutzen unserer Partei unter Beweis stellen.

In der Zwischenzeit muss die Verschmelzung mit und die Intervention in die Arbeiter*innenklasse die vorrangige Aufgabe sein – nicht von einem ökonomistischen oder workeristischen Standpunkt aus, sondern im Gegenteil ausgehend davon, dass die Zentralität der Arbeiter*innenklasse, von einem revolutionären Standpunkt heraus, nur durch die Verknüpfung mit allen Kämpfen der Ausgebeuteten und Unterdrückten verwirklicht werden kann.

In diesem Sinne sind unsere vorrangigen Aufgaben des Aufbaus und der Interventionen untrennbar verbunden mit dem Projekt zur Überwindung des kapitalistischen Staates durch die Macht der Mobilisierung der Arbeiter*innenklasse, mit der Perspektive einer Gesellschaft ohne Klassen und Staaten, dem Kommunismus. Aber es ist auch der beste Weg, um uns darauf vorzubereiten, eine Rolle in den wahrscheinlich kommenden großen Klassenauseinandersetzungen zu spielen – nicht so wie bei den Bewegung gegen die Rentenreform 2010 und die Arbeitsrechtsreform 2016, in denen die Partei nur eine begrenzte Rolle spielte.

Die Linke umgruppieren

Ein sehr großer Sektor von Aktivist*innen in der NPA teilt die Perspektive einer offener revolutionären Partei mit Interventionen in den Klassenkampf als Schwerpunkt. Unglücklicherweise drücken sich die verschiedenen politischen Meinungen innerhalb der früheren Plattform A, die die Mehrheit der Linken in der NPA zusammengebracht hat, heute durch sechs verschiedene Plattformen aus und bieten deshalb keine reale Alternative zu Plattform U.

Diese Situation bedauern wir. Als Mitglieder der Plattform Z haben wir versucht, das zu vermeiden, indem wir die breitest mögliche Neugruppierung der revolutionären Linken in der Partei vorgeschlagen haben. Denn obwohl es natürlich Meinungsverschiedenheiten in der Orientierung gibt, zum Beispiel in programmatischen Fragen zu Katalonien, rechtfertigen sie nicht die Existenz von sechs getrennten Plattformen. Wir sind überzeugt, dass es nicht zu spät ist und dass im Verlauf des Kongress Annäherungen stattfinden können, insbesondere die Verabschiedung einer gemeinsamen Erklärung.

Das Zusammenbringen aller Mitglieder der Partei, die sich einem Neustart auf der Grundlage rein formell zusammengesetzter Mehrheiten verweigern und sich einen Schritt vorwärts für die NPA wünschen, auf der Basis eigener Erfahrungen und in der Klärung des Projekts und dessen Prioritäten: Das ist das Ziel, für das Plattform Z gegründet wurde.

Dieser Artikel erschien zuerst auf Französisch bei Révolution Permanente. Eine spanische Übersetzung gibt es bei La Izquierda Diario, eine englische Übersetzung bei Left Voice.

Die gesamte Plattform Z kann hier auf Französisch gelesen werden.

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