Für die Einheit von Studierenden und Beschäftigten gegen Genozid und Repression
Das Statement der Lehrenden an Berliner Hochschulen gegen die Repression gegen das Protestcamp an der FU ist ein wichtiges Zeichen. Ihm müssen nun weitere Schritte folgen, um die Verbindung von Studierenden und Beschäftigten auszubauen.
Am Dienstag, dem 7. Mai protestieren Hunderte von Studierenden an der Freien Universität in Berlin gegen den laufenden Genozid in Gaza und die pro-genozidale Ausrichtung der Universitätsleitung. Sie forderten unter anderem ein Ende der Kooperation mit israelischen Universitäten, die sich auf besetzten Gebiet befinden, eine Zivilklausel, die Forschung für militärische Zwecke unterbindet und die Verhinderung des Zwangsexmatrikulationsgesetzes und anderer anti-demokratischer Angriffe auf politisch aktive Studierende.
Wenige Minuten nachdem über 100 Studierende in einem Innenhof der FU ein Camp aufgebaut hatten, rief das FU-Präsidium die Polizei, um das Camp räumen zu lassen. Innerhalb kurzer Zeit versammelten sich an verschiedenen Orten an der Uni mindestens 400 Studierende, die versuchten, sich dem Camp anzuschließen, um ihre Solidarität mit Palästina auszudrücken.
Nach einigen Stunden gelang es der Polizei, das Camp brutal zu räumen, wobei sie 79 Studierende, welche von ihrer eigenen Universitätsleitung angezeigt wurden, festnahmen. Gegen die Studierenden, die sich im Gebäude versammelt hatten, setzte die Polizei Pfefferspray ein. Unmittelbar nach der Räumung bildete sich spontan eine Demonstration vor dem Unigebäude, welche von der Polizei gewaltsam aufgelöst wurde. Anschließend jagte sie die Demonstrierenden durch die umliegenden Straßen, wobei sie immer wieder auf die Menge einprügelte und willkürlich Menschen festnahm. Zahlreiche Studierende wurden von der Polizei verletzt und mussten von ehrenamtlichen Sanitäter:innen vor Ort oder im Krankenhaus behandelt werden.
Auch einige Dozent:innen beteiligten sich am Protest oder bedauerten im Nachhinein, nicht rechtzeitig von der Besetzung mitbekommen zu haben. Noch am selben Tag veröffentlichten Lehrende von Berliner Universitäten ein Statement, in dem sie die von der Unileitung eingeleitete Polizeigewalt scharf verurteilen und sich für das Recht auf studentischen Protest einsetzen. Sie “fordern die Berliner Universitätsleitungen auf, von Polizeieinsätzen gegen ihre eigenen Studierenden ebenso wie von weiterer strafrechtlicher Verfolgung abzusehen“.
Das Statement wurde bereits von über 300 Lehrenden an Berliner Universitäten und etwa 700 weiteren akademisch Beschäftigten deutscher und internationaler Unis unterzeichnet.
Dieses Statement ist ein wichtiger Schritt und ein wichtiges Zeichen in die Richtung eines gemeinsamen Kampfes von Studierenden und Beschäftigten.
Warum müssen Studierende und Beschäftigte gemeinsam kämpfen?
Auch bei den Protesten an den Universitäten in den USA haben wir Beispiele gesehen, wo sich die Beschäftigten am Kampf der Studierenden beteiligt haben. Beschäftigte der CUNY Universität haben eine schützende Kette vor den Studierenden gebildet, um sie gegen die Repression seitens der Polizei zu verteidigen. Sie riefen: “if you want to get our students, you have to get through us”. An der NYU hakten sich die Beschäftigten mit den Studierenden gemeinsam unter, um der Repression zu trotzen.
Klar ist: Es ist eine Hürde für die Unileitung, Polizeigewalt gegen Beschäftigte der Uni einzusetzen. Was wäre gewesen, wenn die Beschäftigten eine Kette vor den protestierenden Studis der FU gebildet hätten?
Außerdem haben die Beschäftigten eine strategische Rolle beim Durchsetzen der Forderungen gegen die Unileitung:
Die Beschäftigten der Universitäten sorgen tagtäglich dafür, dass der Universitätsbetrieb funktioniert: Sie leiten nicht nur die Seminare und Vorlesungen, sie sorgen auch dafür, dass die Technik funktioniert, dass die Räume frisch gereinigt sind und dass es Essen gibt. Dadurch haben die Universitätsbeschäftigten aber auch die Macht, den Betrieb der Universität zum Stillstand zu bringen – also ein Bestreiken der Uni. Wenn die Studierenden und Beschäftigten sich verbinden und die Uni bestreiken und besetzen, gerät die Leitung der Uni in eine Bredouille.
Auch hier gibt es inspirierende Beispiele aus den USA:
An der University of Texas Austin haben die Lehrkräfte eine 24-stündige Arbeitsniederlegung als Teil des Kampfes gegen die Repression der Studierenden angekündigt und auch die Arbeiter:innen der University of California wollen vom 13. bis zum 15. Mai also 48 Stunden streiken, um die Repression anzuklagen.
Wie weiter
Das Statement der Hochschulbeschäftigten ist ein wichtiger Schritt. Darüber hinaus halten wir es für notwendig, dass die Beschäftigten auch ein aktiver Teil der Bewegung werden, an Aktionen teilnehmen und diese auch mit planen. Sie können das Thema in ihren Seminaren aufmachen und so die Studierenden ermutigen, sich am Protest zu beteiligen.
Auch halten wir es für notwendig, dass sie mit ihren Kolleg:innen über die aktuellen Entwicklungen diskutieren, um die Bewegung zu verbreitern.
Dafür sollte es Versammlungen der Beschäftigten geben. Wir fordern die ver.di und die GEW, die die Gewerkschaften des Hochschulpersonals sind, dazu auf, betriebliche Versammlungen einzuberufen. Das würde eine Diskussion mit einem breiten Teil der Belegschaft, also über Lehrende hinaus, über die Forderungen der Studierenden und über die Repression ermöglichen. Auf demokratischer Grundlage sollten dort Forderungen und Taktiken, wie beispielsweise Streiks, beschlossen werden.
Außerdem fordern wir ver.di und die GEW dazu auf, sich gegen die Repression an der Universität und gegen das Hochschulgesetz, für eine Zivilklausel und für einen Stopp der Waffenlieferungen an Israel einzutreten und Streiks und Mobilisierungen an den Universitäten zu organisieren gegen die Unterstützung des Genozids durch die deutsche Regierung.
Die Bildungsinternationale, die internationale Bildungsgewerkschaften, also auch die GEW vereint, hat sich bereits für einen Waffenstillstand positioniert.
Wir fordern die ASten der Universitäten dazu auf, Vollversammlungen von den Studierenden einzuberufen, um über den Krieg in Gaza und die Haltung der Universitätsleitung zu diskutieren, bei denen auch die Beschäftigten mit einbezogen werden sollten.
Diese Versammlungen sind allerdings nicht nur ein Selbstzweck, sondern öffnen auch die Türen dafür, wie eine andere Universität aussehen könnte: Sie können der Ort sein, wo die zentralen Entscheidungen der Uni getroffen werden. Demokratisch könnten dort Studierende und Beschäftigte gemeinsam diskutieren, was der Inhalt der Lehre sein sollte, was zentrale Forschungsprojekte der Universität sein sollen und wohin welche Gelder fließen sollen.
Die Bewegung, die gerade an den Universitäten entsteht, hat das Potential, sich auszuweiten, wenn sie es schafft, die Beschäftigten mit in den Kampf einzubinden. Die Streiks gegen die Repression, auf die wir verweisen, können sich auch auf andere Sektoren der Arbeiter:innenklasse ausweiten. So kann die Studierendenbewegung eine Strahlkraft über die Universitäten hinaus haben – gegen die Repression und für einen Stopp der Waffenlieferungen. So können auch die Beschäftigten, besonders an Orten wie dem Hafen, wo die Waffen, die Deutschland nach Israel liefert, verladen werden, oder den Rüstungsfirmen inspiriert werden.