Für demokratische studentische Vollversammlungen, um ein Programm gegen die Krise zu diskutieren

29.06.2020, Lesezeit 4 Min.
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Mindestens 40 Prozent aller arbeitenden Studierenden in Deutschland haben seit März ihre Jobs verloren. Wir schlagen deswegen eine berlinweite Studierendenversammlung vor, um gemeinsam zu diskutieren, was wir tun können und müssen, um Druck auf Karliczek und die Bundesregierung aufzubauen. Aufruf an die ASten und Hochschulgruppen der Berliner Universitäten und Hochschulen und an alle Studierenden.

Bild: FU Brennt 2009, Flickr

Mindestens 40 Prozent aller arbeitenden Studierenden in Deutschland haben seit März ihre Jobs verloren. Die Reaktionen von der Bundesregierung auf diese akute Notlage zeigen den Stellenwert, den sie uns beimisst. Sei es die Verschuldungshilfe mittels zinsfreier KfW-Kredite, oder Bildungsministerin Karliczeks neues, lächerliches „Nothilfeprogramm“ , welches mit seinem viel zu kleinen Volumen und horrenden bürokratischen Hürden so gut wie niemandem hilft – die Pläne der Regierung zeigen deutlich, dass sie unsere Lebenssituation nicht interessiert. Für sie ist die Rettung der Banken und Konzerne wichtiger.

Denn obwohl schon vor der Pandemie viele von uns von der Prekarität bedroht waren, werden wir jetzt mit den Auswirkungen der Krise allein gelassen. Während Unternehmen wie die Lufthansa mit Milliarden vom Staat unterstützt werden, machen unsere 100 Millionen Euro „Hilfen“ gerade einmal 0,03% des gesamten Hilfspaket aus. Diese Staatshilfen zusammen mit den zahlreichen Unterstützungen der verschiedenen Konjunkturprogramme der Regierung für die Großkonzerne machen klar, dass die Bundesregierung für die Unternehmen regiert. Sie wollen, dass wir Studierenden und Arbeiter*innen für die Krise zahlen.

Wir sind mehr wert als 0,03 Prozent!

Zusätzlich zu der finanziellen Notlage, in der sich viele von uns wiederfinden, bedeutet dieses Semester einen enormen psychischen Druck. Wenn technische Geräte fehlen oder nicht funktionieren, wenn das eigene Zuhause aus verschiedenen Gründen kein passendes Lernumfeld ist, oder wenn einfach keine Sicherheit über die eigene Zukunft besteht, dann wird es unmöglich, einfach vor sich hin zu studieren. Gleichzeitig fällt es schwer, diese Sorgen in einem kollektiven Rahmen zu besprechen, wenn durch die Schließungen die meisten Räume wegfallen, in denen das sonst geschieht.

Wir sind wütend darüber, dass wir nicht gehört und beachtet werden, während Großkonzerne mit Hilfen und Paketen überschüttet werden! Mit dem Wintersemester am Horizont, welches wahrscheinlich ebenfalls zum Großteil digital stattfinden wird, bleibt uns nur eine Wahl:

Wir müssen uns organisieren, wenn wir verhindern wollen, dass es bei diesem Status Quo bleibt.

Bereits am 20. Juni gab es eine bundesweite Demonstration für ein Solidarsemester, das von einem breiten Bündnis aus Studierendenvertretungen, ASten, Fachschaften und Hochschulgruppen sowie Gewerkschafts- und Parteijugenden getragen wurde. Auch hier wurde deutlich mehr Unterstützung für Studierende gefordert, damit alle ihr Studium unter guten und gerechten Bedingungen weiterführen können.

Das ist ein erster Schritt, den es nun auszubauen gilt. Wir schlagen deswegen eine berlinweite Studierendenversammlung (mit verantwortungsvollen Hygiene- und Abstandsauflagen oder online) vor, die den Ängsten und der Wut, die viele Studierende momentan erleben, den Raum gibt, den sie verdienen. Wir wollen gemeinsam diskutieren, was wir tun können und müssen, um Druck auf Karliczek und die Bundesregierung aufzubauen. Nur in demokratischen Versammlungen können wir die Mehrheit der Studierenden erreichen, die unter der aktuellen Situation leidet und eine Form der Mitsprache sucht, um ihre Forderungen zu artikulieren.

Dabei sind wir in unserem Kampf nicht allein: Beschäftigte in vielen Sektoren innerhalb und außerhalb der Uni leiden ebenso unter den Auswirkungen der Pandemie. Schon jetzt drohen ihnen in vielen Betrieben Kurzarbeit und Entlassungen. Sie sind unsere natürlichen Verbündeten im Kampf für einen gerechten Ausweg aus der Krise, der nicht von den Arbeiter*innen und der Jugend bezahlt wird.

Das Handeln der Regierung und das generelle Stillschweigen aller Universitätsleitungen über die Lage der Studierenden zeigt: Es bringt uns nichts, auf weitere Hilfe von außen zu warten. Es liegt an uns, uns zu vernetzen und gemeinsam zu handeln!

Angesichts der Dringlichkeit schlagen wir vor, die Vorbereitung für eine solche Versammlung noch vor dem Ende des Semesters zu beginnen, um die weiteren Schritte auch in der vorlesungsfreien Zeit zu besprechen.

Wir rufen alle ASten, Hochschulgruppen und interessierte Einzelpersonen dazu auf, sich an der Vorbereitung für eine solche Versammlung zu beteiligen und gemeinsam mit uns und in den Online-Kursen und Seminaren darüber zu diskutieren, wie wir eine Studierendenbewegung aufbauen können, die unsere Forderungen gegen die Bundesregierung durchsetzt. Wenn ihr diesen Aufruf unterstützt, schreibt uns an organize.strike@gmail.com, um namentlich aufgeführt zu werden!

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