Fünf Lesetipps zur deutschen Revolution

01.01.2018, Lesezeit 4 Min.
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Heute beginnt das Jubiläumsjahr der Novemberrevolution von 1918. Auch wenn diese Revolution niedergeschlagen wurde, können wir eine Menge daraus lernen. Wladek Flakin empfiehlt fünf Bücher zum Thema.

Vorweg: Die Literatur zur deutschen Novemberrevolution ist lange nicht so umfangreich oder so gut wie die Literatur zur Oktoberrevolution in Russland. Kein Wunder: In der Oktoberrevolution haben die Arbeiter*innen, Soldat*innen und Massen erfolgreich den Himmel gestürmt. Die Novemberrevolution dagegen wurde blutig niedergeschlagen. Aber gerade deswegen sollten wir diese „vergessene Revolution“ studieren.

Richard Müller:
Geschichte der deutschen Revolution (drei Bände)

Der Vergleich zu Leo Trotzkis Geschichte der russischen Revolution drängt sich auf: Eine führende Figur der Revolution schreibt ihre Geschichte in drei Bändern nieder. Müller war Chef der „Revolutionären Obleute“ und hat den Aufstand vom 9. November 1918 maßgeblich organisiert. Er war allerdings kein literarisches Genie, sondern ein in der SPD geschulter Metallarbeiter – entsprechend fokussiert sein Bericht auf Organisatorisches. Trotzdem die beste Darstellung der Revolution, die es bisher gibt.

Edition: Müller hat die Bücher 1923, 1924 und 1925 im Selbstverlag veröffentlicht | 1973, 1976 und 1979 erschien ein erster Nachdruck in Westberlin | Nun ist auch ein neuer Nachdruck in einem Band erschienen.

Sebastian Haffner:
Der Verrat

Die einzige literarisch wertvolle Abhandlung der deutschen Revolution stammt vom bürgerlich-liberalen Essayisten Sebastian Haffner. Als nicht-marxistischer Historiker fokussiert er in erster Linie auf die Führungspersönlichkeiten und nicht auf die Aktionen der Massen. Mit scharfsinnigen, fast poetischen Formulierungen zeigt Haffner auf, wie die SPD-Führung ein Bündnis mit dem kaiserlichen Militär schmiedete, gegen ihre eigene Basis, und so auch den Nationalsozialismus vorbereitetet.

Edition: Ursprünglich 1968 zum 50. Jahrestag der Revolution als Serie in der Zeitschrift „Stern“ erscheinen | Inzwischen zahlreiche Auflagen mit verschiedenen Titeln

Eberhard Kolb:
Die Arbeiterräte in der deutschen Innenpolitik. 1918–1919.

UND

Peter von Oertzen:
Betriebsräte in der Novemberrevolution. Eine politikwissenschaftliche Untersuchung über Ideengehalt und Struktur der betrieblichen und wirtschaftlichen Arbeiterräte in der deutschen Revolution 1918/19.

Diese zwei Bänder grenzen aufgrund ihres akademischen Duktus‘ an Unlesbarkeit. Vor fast 60 Jahren haben die beiden Historiker Kolb und Oertzen die Arbeiter*innenräte in der deutschen Geschichtsschreibung rehabilitiert – sie argumentieren jeweils, die SPD-Führung hätte sich nicht mit dem Militär verbünden müssen, vielmehr hätten die Räte in eine bürgerliche Republik eingebunden werden müssen. Die Idee, die Macht der Bourgeoisie (Parlament) und die Macht des Proletariats (Räte), ließen sich über längere Zeit versöhnen, ist eine gefährliche zentristische These, die die Arbeiter*innenbewegung nur in eine Sackgasse führen kann. Und dennoch liefern diese Bände viele empirische Daten über die Rätebewegung in Deutschland.

Edition Kolb: 1962 als Dissertation erschienen.

Edition Oertzen: 1963 als Habilitation erschienen.

KPD:
Illustrierte Geschichte der Novemberrevolution

Ende der 1920er Jahre wurde Ernst Meyer, einst enger Mitarbeiter von Rosa Luxemburg und später Vorsitzender der KPD, durch die Stalinisierung nach und nach aus der Partei gedrängt. Auch sein Gesundheitszustand verschlechtere sich. Vor diesem Kontext widmete er sich der historischen Arbeit. Zum 10. Jahrestag der Novemberrevolution erschien dieses liebevoll gestaltete Band mit zahlreichen Abbildungen. Auf über 500 Seiten wird die Revolution faktenreich und tiefgehend analysiert.

Edition: Ursprünglich 1929 erschienen | 1968 als Nachdruck in Westberlin.

Pierre Broué:
The German Revolution

Was sagt es über den Zustand der deutschen Arbeiter*innenbewegung aus, dass das einzige wirkliche Meisterwerk zur Novemberrevolution bisher nicht auf deutscher Sprache erschienen ist? Der trotzkistische Historiker Pierre Broué aus Frankreich bietet auf fast 1.000 Seiten eine lebendige Beschreibung und auch beeindruckende Analyse der Ereignisse. 1971 erschienen, setzte sich Broué kurz nach den Mai-Ereignissen in Frankreich mit „Spartakismus, Bolschewismus und Linksradikalismus“ (so der ursprüngliche Titel) auseinander. Wenn man nur ein Buch dazu lesen kann, dann dieses.

Edition: 1971 auf Französisch erschienen. | 2005 erschien eine englische Übersetzung | ACHTUNG: Eine „deutsche Ausgabe“, die 1973 in Berlin erschien, und vor zehn Jahren bei „Der Funke“ nachgedruckt wurde, ist leider um gut 80 Prozent gekürzt und schlecht übersetzt. 

In einem zweiten Teil werden wir Biografien und Autobiografien empfehlen, die sich mit der deutschen Revolution auseinandersetzen. Fehlt noch ein Lesetipp? Bitte schick uns deine Lieblingsbücher in den Kommentaren.

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