„FU Students for a Free Palestine“ protestieren gegen die gewaltsame Räumung der palästinasolidarischen Besetzung an der FU Berlin

15.12.2023, Lesezeit 6 Min.
Gastbeitrag

Wir spiegeln die Pressemitteilung von „FU Students for a Free Palestine“ über die Besetzung des Hörsaals 1a an der Freien Universität am 14. Dezember 2023.

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Foto: Baki / Klasse Gegen Klasse

Wir sind eine Gruppe von Studierenden unterschiedlicher ethnischer und religiöser Herkunft, die sich gegen Unterdrückung, Diskriminierung, Imperialismus und vor allem gegen den Massenmord an unschuldigen Menschen aussprechen.

Nach den jüngsten Ereignissen hat die Freie Universität Berlin (FU Berlin) trotz der eskalierenden Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen ihre unerschütterliche Unterstützung für den Staat Israel zum Ausdruck gebracht. Als Mitglieder der FU Berlin haben wir aktiv gegen die Komplizenschaft der Universität mit Israels Völkermord am palästinensischen Volk protestiert. Wir haben Kundgebungen, Sit-Ins und Die-Ins auf dem Campus organisiert und unsere Forderungen über verschiedene Kanäle an die Universität herangetragen.

Wir forderten die Universität dazu auf:

i) Für einen dauerhaften Waffenstillstand einzutreten;

ii) einen menschenrechts- und faktenbasierten Diskurs über Palästina/Israel zu fördern;

iii) die IHRA-Defnition von Antisemitismus abzulehnen und eine neue, von der Universität erarbeitete Defnition zu übernehmen;

iv) Entwicklung einer neuen Erklärung in den sozialen Medien, in der die Gewalt und die Gräueltaten Israels in Gaza und ganz Palästina verurteilt werden.

Bedauerlicherweise wurde auf diese Forderungen kaum reagiert. Obwohl die Universität in einem Schreiben vom 5. Dezember Besserung versprach, wurden keine konkreten Maßnahmen umgesetzt. Die Sorgen der palästinensischen, arabischen und andersdenkenden Studenten, die mit Gewalt, Schikanen und Diskriminierung konfrontiert sind, wurden scheinbar nicht beachtet. Die Universität zeigte wenig Interesse daran, einen sicheren und kritischen Raum für den Diskurs über Palästina/Israel zu schaffen.

Als Reaktion darauf haben wir am 14. Dezember den größten Hörsaal der FU Berlin besetzt, um einen Raum für einen faktenbasierten und kritischen Diskurs über Palästina/Israel zu schaffen. Dieser Raum, der für einen sinnvollen Dialog unerlässlich ist, wurde uns in Deutschland und an der FU verwehrt.

Das Ziel unserer Besetzung war es, ein sicheres Umfeld zum Lernen, zum Austausch und zur Vereinigung gegen den anhaltenden Völkermord zu schaffen. Leider wurde dies durch Personen gestört, die sich uns gegenüber aggressiv verhielten. Den ganzen Tag über schubsten und drängten diese Gegendemonstranten unsere Organisatoren und Teilnehmer, rissen unsere Plakate herunter und griffen uns körperlich an. Wir wissen nicht, ob diese Gegendemonstranten Teil einer größeren organisierten Gruppe sind, aber wir kannten einige von ihnen bereits von anderen Demonstrationen, bei denen sie uns ebenfalls belästigt hatten.

Die abgerissenen Plakate zeigten Bilder von getöteten palästinensischen Kindern, zitierten Reden israelischer Politiker über die Militäroperation in Gaza und enthielten Zitate historischer Persönlichkeiten wie Nelson Mandela und Malcolm X.

Inmitten dieser Vorfälle waren unsere Sicherheits- und Sensibilisierungsteams weiterhin bestrebt, die Sicherheit aller zu gewährleisten. Wir verweigerten Personen, die sich gewalttätig verhielten, den Zutritt oder forderten sie zum Verlassen des Gebäudes auf, wobei das Wohl aller Anwesenden im Vordergrund stand. Wir haben aggressiven Personen den Zutritt verweigert, um unseren sicheren Raum zu schützen, aber niemandem wurde der Zutritt aufgrund seiner Identität verwehrt. Trotz unserer Sicherheitsbedenken riet uns die Universität, alle einzulassen, was uns veranlasste, den Raum auch für diejenigen zu öffnen, die sich gewalttätig verhalten hatten.

Daraufhin eskalierte die Aggression dieser Gegendemonstranten im Hörsaal, wo sie begannen, Gastredner anzuschreien und Studenten als Nazis zu bezeichnen. Die Moderatoren der Veranstaltung mahnten wiederholt zu respektvollem und ruhigem Verhalten, doch die Gegendemonstranten provozierten und bedrohten weiter und rissen unsere Plakate im Hörsaal herunter.Die Anschuldigungen der deutschen Medien, wir hätten die jüdische Identität einer Person anhand ihres Aussehens festgestellt, sind unbegründet und antisemitisch. Unsere Grundsätze lehnen es ab, aufgrund des Aussehens Annahmen über die Identität einer Person zu treffen oder irgendeine Identität zu diskriminieren. Im Gegensatz zu den Medienberichten enthielt unsere Veranstaltung aufschlussreiche Reden von jüdischen Studenten, die ihre Erfahrungen als Angehörige von Holocaust-Opfern schilderten. Jeder war eingeladen, sich an respektvollen Diskussionen zu beteiligen, und niemand wurde aufgrund seiner Identität vom Einlass ausgeschlossen. Dies bestätigte die FU Berlin in ihrer Presseerklärung vom 15.12.: „Berichte, denen zufolge Personen wegen ihres Glaubens oder ihrer Nationalität nicht in den Hörsaal gelassen wurden, treffen nicht zu.“

Obwohl unsere Teams mit Aggressionen konfrontiert waren, setzten sie sich weiterhin für die Sicherheit aller ein. Nachdem die Universität die Polizei gerufen hatte, haben über 100 Beamte die Studenten gewaltsam entfernt, und die Universität hat es versäumt, uns vor Verleumdungen durch Journalisten zu schützen. Wir verurteilen das Vorgehen der Universität und betonen unser Recht als Studierende, Räume für einen konstruktiven Dialog innerhalb des akademischen Umfelds zu schaffen.

Angesichts des Versagens der Universität wollten wir mit der Besetzung die Aufmerksamkeit auf die Notwendigkeit eines offenen Diskurses, der Vielfalt des Denkens und der Erkundung verschiedener Perspektiven im akademischen Umfeld lenken. Die Reaktion der Universität verwehrte uns die Möglichkeit, diese grundlegenden akademischen Prinzipien aufrechtzuerhalten. Die Einschaltung der Polizei führte zur gewaltsamen Entfernung von Studierenden und widerspricht den Grundsätzen des friedlichen Protests.

Darüber hinaus ist das Versäumnis der Universität, die Studenten während der gewaltsamen Räumung zu schützen, störende Aktionen von Einzelpersonen zuzulassen und diffamierende Aktionen von Journalisten zu ermöglichen, äußerst besorgniserregend.

Wir fordern einen verantwortungsvollen Journalismus und fordern die Medien auf, grundlegende Standards zu befolgen, ordnungsgemäße Nachforschungen anzustellen und alle Perspektiven zu berücksichtigen, bevor sie Artikel auf der Grundlage von Einzelberichten veröffentlichen. Obwohl die von uns benannten Pressesprecher interviewt wurden, wurden ihre Aussagen in den Artikeln nicht zitiert, was zu einer einseitigen und unehrlichen Berichterstattung führte, in der nur die Gegendemonstranten aufgrund ihrer fälschlicherweise angenommenen Opferrolle zu Wort kamen.

Wir verurteilen alle Formen von Diskriminierung, Gewalt und diffamierenden Inhalten in sozialen Medien. Wir erwarten von der Universität, dass sie die Gewalt gegen unseren Protest verurteilt und die Verantwortung für die Polizeigewalt übernimmt, da die Verwaltung die Polizei gegen ihre eigenen Studenten eingesetzt hat. Friedlicher Protest darf niemals mit Gewalt beantwortet werden.

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