FU Berlin: Präsidium verbarrikadiert sich

26.01.2013, Lesezeit 4 Min.
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„Peter-André Alt braucht Polizeigewalt!“ skandierten die Studierenden, die am Mittwoch Abend im Schnee vor dem Henry-Ford-Bau an der Freien Universität Berlin demonstrierten. Im nach dem Antisemiten Henry Ford benannten Hauptgebäude der Uni versuchte in diesem Moment der Akademische Senat, eine neue Rahmenstudien- und Prüfungsordnung (RSPO) zu beschließen. Der Entwurf stößt bei den Studierenden auf heftige Kritik, denn er enthält viele Verschlechterungen. Wegen der angespannten Situation hatte Universitätspräsident Peter-André Alt persönlich die Polizei auf den Campus geholt, wie ihr Einsatzleiter bestätigte. FU-Kanzler Peter Lange verweigerte jeden Kommentar dazu.

So begleiteten rund 50 bewaffnete PolizistInnen die rund 100 Studierenden, die an der – sonst immer öffentlich stattfindenden – Sitzung teilnehmen wollten. Gleichzeitig versuchten mehrere ZivilpolizistInnen, sich einzumischen, fielen aber sofort auf. Der private Wachschutz der Universität ging soweit, die Türen des Gebäudes mit Ketten zu verschließen – als Studierende im Jahr 2009 eine Tür an der politikwissenschaftlichen Fakultät zuketten wollten, wurde das aus Gründen des Brandschutzes untersagt.

Um 15 Uhr versammelten sich die Studierenden in einem abgeriegelten Foyer und verhandelten mit Professoren aus dem Akademischen Senat, die das undemokratische Vorgehen kritisch sahen. Diese Runde vereinbarte, dass ein Vermittlungsausschuss eingesetzt werden sollte. Sobald die Sitzung begann, beschloss die Mehrheit der 25 Senatsmitglieder jedoch, die Öffentlichkeit auszusperren und ohne weitere Diskussion über die RSPO abzustimmen. Aus diesem Grund kam es zu Protesten rund um das Gebäude, in deren Verlauf zwei Studierende festgenommen wurden.

„Das ist nur die Krönung eines Prozesses, der von Anfang an ohne die Beteiligung und gegen die Interessen der Studierenden läuft“, erklärte Michael Beron, Referent des AStA für Lehre und Studium. Nicht zum ersten Mal forderte das Präsidium unter dem 2010 gewählten Alt die Polizei gegen Studierende an: „Hier setzt das Präsidium seine repressive Politik fort, wie es im November 2011 das Seminarzentrum durch die Polizei räumen ließ“, sagte ein Student, der anonym bleiben wollte. „Damit zeigen sie ihr wahres Gesicht.“

Seit Sommer des vergangenen Jahres versucht das FU-Präsidium, die RSPO zu beschließen, die unter anderem eine Verschärfung der Anwesenheitspflicht und eine Begrenzung der Prüfungswiederholungen vorsieht. Da die Unileitung nicht zu Verhandlungen mit der Studierendenschaft und erst recht nicht zu Zugeständnissen bereit war, wurden Sitzungen des Akademischen Senats mehrmals durch studentische Proteste gesprengt, um einen Beschluss zu verhindern.

Durch ein Veto aller studentischen VertreterInnen im Akademischen Senat wurde die Entscheidung auf die nächste Sitzung verschoben. Diese soll am 6. Februar stattfinden und aller Voraussicht nach die RSPO endgültig beschließen. „Unfassbar finde ich, dass die Sitzung unter Polizeischutz stattfand. Eine ernsthafte inhaltliche Debatte ist offensichtlich nicht gewollt“, erklärte Mathias Bartelt, der die Studierenden im Senat vertritt. Bei den vor einer Woche stattfindenden Wahlen zum Senat traten zwei studentische Listen an, die bei vielen den Eindruck erweckte, als seien sie auf Initiative von Alt zustande gekommen. Sie bekamen allerdings keinen Sitz, weshalb das Präsidium nun starke Hand zeigt.

Für den 6. Februar gibt es bereits einen Aufruf zu einer Vollversammlung und zu weiteren Protesten. Die Fachschaftsinitiative Wirtschaftswissenschaften schrieb an Unipräsident Alt: „Treten Sie von sich aus zurück! Präsident der Studierenden sind Sie spätestens seit dieser AS-Sitzung nicht mehr.“

Um die RSPO noch zu verhindern, müssen wieder mehr Studierenden durch Vollversammlungen eingebunden werden. Die aktuelle Mobilisierung muss mit einer breiten Kampagne gegen die Repression verbunden werden. Schließlich muss auch klar sein, dass das Präsidium in einem kapitalistischen Bildungssystem nicht die gleichen Interessen hat wie die Studierenden.

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