FU Berlin: Das Palästina-Protestcamp konfrontiert Ziegler und politisiert die Uni

03.07.2024, Lesezeit 6 Min.
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Foto: privat

Seit knapp zwei Wochen steht vor dem Henry-Ford-Bau der FU das "Heba"-Protest-Camp. Der studentische Protest in Solidarität mit Palästina wurde verlängert. 

Das Camp wurde von Studierenden des Palästina-Komitees der Freien Universität Berlin (FU) in Solidarität mit Palästina, den Studierendenprotesten auf der ganzen Welt und im Kampf gegen den Genozid errichtet. Am vergangenen Donnerstag wurde das Camp um zwei weitere Wochen verlängert. Es soll ein Ort sein, um Diskussionen über den Kampf für ein freies Palästina an die Universität zu tragen. Maßgeblich dafür sind die Forderungen des Campes, die von den Teilnehmer:innen selbst gemeinsam am ersten Tag besprochen wurden. Sie fordern die FU unter anderem auf, alle Anzeigen wegen der Hörsaalbesetzung im Dezember und dem Protestcamp Anfang Mai fallenzulassen und künftig keine Polizei mehr auf den Campus zu rufen.  Außerdem wurde die Forderung nach einem Ende aller Waffenlieferungen und einem sofortigen Waffenstillstand aufgestellt. Die beschlossenen Forderungen stellen sich aber auch gegen die Repression der FU gegen kämpferische Beschäftigte und für ein Ende des Outsourcings an der FU, von dem zum Beispiel das Security- und Reinigungspersonal betroffen sind.

Die Veranstaltungen, Lesekreise, Diskussionen und Versammlungen haben seitdem mehr und mehr solidarische Menschen angezogen, die gemeinsam darüber diskutieren, wie wir gegen Genozid, Repression und Rechtsruck kämpfen können. So hielten wir als Waffen der Kritik beispielsweise einen Vortrag über die Verbindung zwischen dem Kampf gegen Genozid und gegen Rechts, bei dem wir auch zur Teilnahme an den Anti-AfD-Blockaden in Essen aufgerufen haben, und organisierten eine Diskussionsrunde per Zoom mit Hafenarbeitern aus Hamburg und Genua über die Blockade von Waffenlieferungen nach Israel.

Auch Dozierende, Beschäftigte und Professor:innen schließen sich dem Protest an. So zum Beispiel der Violinist Michael Barenboim, der am vergangenen Mittwoch einen zum Camp kam, und sich mit den Studierenden aber auch explizit mit ihren Inhalten zu solidarisieren. Außerdem spielte er für das Camp ein Geigenkonzert. Dozierende kommen mit ihren ganzen Kursen, auch Lesungen, aber auch nur solidarische Besuche lassen das Camp Tag für Tag stärker werden. 

Diese Woche begann mit Debatten in kleineren und größeren Runden über Strategie: Bei einer offenen Diskussionsrunde am Montag gab es rege Debatten über die Strategien des palästinensischen Widerstands, bei der wir von Waffen der Kritik die Rolle der Arbeiter:innenklasse im Kampf gegen den Imperialismus und die Notwendigkeit des Aufbaus einer Einheit von Studierenden und Arbeiter:innen in den Vordergrund gestellt haben. Am Dienstag abend fand über die Frage der Strategie für die Befreiung Palästinas ein Panel gemeinsam mit Palästina Spricht und anderen Organisationen statt.

Doch nicht nur politische Debatten prägen das Camp, sondern auch der Anspruch, mit dem Camp in den Universitätsalltag hineinzuwirken, um die Uni zu politisieren und zugleich die Unileitung in ihrer Komplizenschaft mit dem Genozid in Gaza zu konfrontieren. 

So fand am Donnerstagabend letzter Woche das „Sommerfest“ der FU Berlin statt. “Ein Fest mit Studierenden, Kolleg:innen und Freund:innen ist die schönste Art zu feiern“, damit lud das Präsidium auf den Vorplatz der Holzlaube (Fabeckstraße) ein. Das Protestcamp gegen den Genozid, gegen Repression und Rechtsruck vor dem Henry-Ford-Bau wollte das Präsidium dabei ignorieren. 

Während die Anzahl der Studierenden auf dem Camp vergangene Woche täglich wuchs, Dozierende und Professor:innen dazu kamen, ihre Solidarität bekunden, Vorträge und Seminare abhielten, mit ihren Kursen das Camp besuchten und sich ebenfalls hinter die Forderungen und gegen Repression stellten, hörte man von Ziegler nichts. 

Der Präsident, der für den brutalsten Polizeieinsatz in der Geschichte der FU verantwortlich ist, wofür er angeklagt und konfrontiert wurde, Dozierende, die sich in einem gesammelten Brief dagegen stellen, versuchte jetzt mit dem „silent treatment“ weiterer schlechter Aufmerksamkeit zu entkommen. ´Für das gesamte Sommerfest wurde vom Präsidium ein großes Rahmenprogramm mit vielen Überraschungen angekündigt. Aber damit das Präsidium nicht weiter Spaß-Programme aufstellen und die politischen Programme und Inhalte, die Konfrontationen mit ihrem repressiven Umgang ignorieren konnte, hatte auch das Camp eine Überraschung geplant. 

Während der Preisverleihung für die größten Teams und besten Kostüme vom jährlichen Campus-Run sollte Ziegler der Preis für die zweitmeisten Anzeigen gegen Studierende –knapp hinter HU Präsidentin von Blumenthal– verliehen werden. Doch bei der Konfrontation verschwand der Uni-Präsident plötzlich und die Studierenden wurden davon abgehalten, auf die Bühne zu kommen. Sicherheitspersonal versperrte den Durchgang und drohte damit, die Polizei zu rufen, die sowieso bereits vor Ort war und das Sicherheitspersonal kurz darauf unterstützte.

Doch nicht nur das Präsidium sollte konfrontiert werden, auch die übrigen Studierenden und Beschäftigten wurden mit einem Bannerdrop (Stop the Genocide) und einem Transpi vom Camp sowie Flyern offensiv eingeladen, das Camp zu unterstützen und mit aufrecht zu erhalten. 

Auch diese Woche fanden bereits Aktionen statt: So wurde am Dienstag gegen eine Pinkwashing-Aktion des Präsidiums protestiert, das am Henry-Ford-Bau eine Pride-Flagge hisste. Die Demonstrant:innen vom Camp machten in ihrem Protest auf das Schicksal queerer Palästinenser:innen aufmerksam und lasen unter anderem Zitate von Queering the Map aus Palästina vor.

Je mehr Studierende und Beschäftigte wir auf diesem Camp sind und über solche Aktionen auf uns und unsere Situation aufmerksam machen, je weniger können wir von Politik und Präsidium weiter ignoriert werden. Nur gemeinsam können wir Politik und Präsidium zwingen unsere Forderungen ernst zu nehmen und umzusetzen, wir sind es leid ignoriert und gekürzt zu werden. Unterstützt das Protestcamp, lasst uns das Camp größer und größer werden lassen.

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