FU Berlin: 100 Studierende versammeln sich gegen Rechtsruck und Repression

21.06.2024, Lesezeit 6 Min.
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Foto: Privat

Am Donnerstag kamen etwa 100 Studierende der FU Berlin zusammen, um sich gegen die Repression gegen Palästinasolidarität, gegen den Aufstieg der AfD und gegen die Kürzungspolitik der Regierung zu organisieren. Im Anschluss startete vor dem Henry-Ford-Bau der FU ein Protestcamp für Palästina.

Vom 28. bis 30. Juni soll in Essen der AfD-Parteitag stattfinden, Anfang Juli das Ordnungsrecht an Berliner Hochschulen wieder eingeführt und damit politische Exmatrikulation ermöglicht werden. Universitätsbeschäftigten wird mit Kürzung von Fördergeldern gedroht, weil sie sich gegen Polizeigewalt stellen.Währenddessen geht der Völkermord in Gaza weiter, Deutschland liefert weiter Waffen und rüstet auf, vergessen werden die Arbeiter:innen, Soziales und Bildung. Die Arbeiter:innen am Hafen gehen in den Streik, die Lehrkräfte in Berlin streiken weiter, geantwortet wird ihnen mit mehr Kürzungen. Auch Hochschulen sind von diesen Kürzungen betroffen, Forschungs- und vor allem Gelder für Beschäftigte und Lehre werden gekürzt, das einzige, was mehr wird, sind Repressionen. 

Um darüber zu diskutieren, wie Universitätsangehörige gegen diese Situation kämpfen können, versammelten sich am 20. Juni ab 16 Uhr etwa 100 Studierende zu einer studentischen Versammlung im Elisabeth-Schiemann-Hörsaal der Freien Universität Berlin, um zu diskutieren, wie man gegen Rechtsruck und Repressionen vorgehen kann. 

Zuvor hatten sich um 14 Uhr ebenfalls knapp 100 Studierende unter dem Banner “Hands Off Students’ Rights” zu einer Kundgebung vor der Mensa der FU versammelt, um gegen die Wiedereinführung des Ordnungsrechts an den Berliner Hochschulen zu protestieren.

Die Diskussionen auf der Versammlung richtete sich vor allem auf die Frage, was man gegen den Rechtsruck unternehmen kann, wie die anwesenden Studierenden und Beschäftigten weiter vorgehen werden und was die nächsten notwendigen Schritte im gemeinsamen Kampf sind. 

Die Diskussion wurde durch Grußworte von Dozierenden und Gewerkschaftsmitgliedern der FU eingeleitet. Der renommierte Politikwissenschaftler Hajo Funke sprach sich gegen die Repression gegen Studierende aus. Auch die ver.di-Betriebsgruppe der FU war anwesend, die gerade unter massivem Druck des Präsidiums steht, weil sie sich zu politisch über den Kampf gegen den Rechtsruck geäußert haben. 

Eine kleine Gruppe von zionistischen Störern versuchte die Versammlung mit Zwischenrufen zu stören. Ein besonders lauter Störer bezeichnete nach der Versammlung das Palästina Camp als „drecks Flüchtlingscamp“, selbiger war bereits vor einigen Monaten an der FU aufgefallen, als er über das Niederbrennen palästinensischer Dörfer grölte.

Mit ihrem Sabotageversuch kamen sie allerdings nicht durch und nach einer lebendigen Diskussion mit Beiträgen von Mitgliedern der marxistischen Hochschulgruppe Waffen der Kritik, der RKP, Young Struggle, Studierendenkollektiv und unorganisierten Studierenden beschloss die studentische Versammlung eine Reihe von Forderungen und Vorgehensweisen: 

-Kampagne zum Fallenlassen aller Anzeigen, Nein zum Hochschulgesetz, Polizei runter vom Campus!

-Große, öffentliche, breite Mobilisierung nach Essen, um den AfD-Parteitag zu verhindern! Wir rufen alle Studierenden und Beschäftigten der FU und aller Berliner Hochschulen dazu auf, gemeinsam dorthin zu fahren. 

-Die nächste Vollversammlung muss kommen! Dafür, dass der AStA tatkräftig mobilisiert. Für eine Vollversammlung, die barrierefrei zugänglich ist und nicht durch Zwischenrufe gestört wird!

-Nein zur Militärforschung! Für eine umfassende Zivilklausel, die von Studierenden und Beschäftigten kontrolliert wird!

-100 Milliarden für Bildung, Soziales und Klima statt Aufrüstung! Stoppt die Waffenlieferungen!

-Schließt euch dem Palästina-Camp am Henry-Ford-Bau der FU Berlin an!

Im Anschluss an die Versammlung begann auf der Freifläche vor dem Henry-Ford-Bau der FU Berlin, einem der zentralen Hörsaalgebäude, ein neues Solidaritätscamp für Palästina, das mindestens bis zum 27. Juni stehen soll. Die versammelten Studierenden beschlossen eine tatkräftige Unterstützung des Camps, bei dem politische Forderungen gegen die Komplizenschaft der Universität am Genozid in Gaza aufgestellt, sowie politische und kulturelle Veranstaltungen organisiert werden. Jetzt gilt es, das Protestcamp für die weitere Organisierung studentischen Widerstands zu nutzen und die Forderungen der studentischen Versammlung in alle Seminare und Vorlesungen zu tragen.

Nach der erfolgreichen studentischen Versammlung, die von mehreren studentischen Gruppen, darunter Students 4 Palestine und Waffen der Kritik, organisiert wurde, bleibt dennoch ein Wermutstropfen: Denn eigentlich hatte das Studierendenparlament der FU Berlin beschlossen, eine Vollversammlung gegen Rechts und Repression einzuberufen.  Der AStA hatte daraufhin die Aufgabe, eine solche Versammlung zu organisieren. Zunächst sah es auch danach aus, ein Raum wurde gebucht, Mobilisierungen und Mails, aber dann sagte AStA plötzlich ohne breite und offene Diskussion, ohne Abstimmung und ohne sinnvolle Erklärung die Vollversammlung nur einen Tag vorher ab. Dafür sollte Asta sich öffentlich vor der gesamten Studierendenschaft, den Beschäftigten und in der nächsten Sitzung vor dem Studierendenparlament verantworten und noch vor Ende der Vorlesungszeit  eine tatsächliche Vollversammlung organisieren, um die gesamte Studierendenschaft in diesen Kampf einzubeziehen.  

Dass trotz der kurzfristigen Absage vom AStA und der fehlenden Mobilisierung, sowie anderen Hürden, die der studentischen Selbstorganisierung in den Weg gelegt wurden, so viele Studierende zusammen gekommen sind, zeigt, dass Studierende bereit sind zu kämpfen, es eine Notwendigkeit gibt, über den Rechtsruck und die Repression zu diskutieren und sich dagegen zu organisieren.

Dass weder akademischer Senat, noch Präsidium unsere Verbündeten sind hat sich schon in der Vergangenheit gezeigt, so auch in Arbeitskämpfen TV-Stud/TVL – aber mit der Repression, die von Präsidium eingefordert wurde, gegen die Studierenden der Universität zeigt noch viel deutlicher, dass das Präsidium nicht nur desinteressiert sondern aktiv gegen studentische Kämpfe und Selbstbestimmung ist. 

Das Präsidium muss abgesetzt werden – aber eine Ersetzung wird gerade unter den politischen Bedingungen in Berlin und Deutschland und der Welt – nicht viel helfen. Die einzige Lösung ist, die Uni unter unsere eigene Kontrolle zu stellen und als Studierende und Beschäftigte gemeinsam einen Ort schaffen, an dem wir arbeiten, lehren und lernen wollen.

Nur wenn Studierende und Beschäftigte der ganzen Universität sich in Vollversammlungen mit demokratischen Entscheidungen selbst organisieren, können wir eine gemeinsame und wirkungsvolle Bewegung gegen den Rechtsruck aufbauen. Lasst uns zusammen mit so vielen Studierenden und Beschäftigten wie möglich nach Essen fahren, um den AfD-Parteitag zu verhindern. Lasst uns die Arbeiter:innen des Hamburger Hafens in ihrem Streik unterstützen und so auch den Waffenlieferungen ein Ende setzen. Für die Einheit von Studierenden und Beschäftigten gegen Rechtsruck, Repression, Kriegs- und Kürzungspolitik. 

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