Freispruch für Mouhameds Mörder
Gestern endete der Prozess gegen die fünf Polizist:innen, die 2022 an dem Mord an Mouhamed Dramé beteiligt waren. Alle wurden vollständig freigesprochen.
Am 22. August 2022 wurde der 16-Jährige Mouhamed Lamine Dramé von der Polizei getötet, während er sich in einer psychischen Ausnahmesituation befand. Gestern endete in Dortmund der Prozess gegen die fünf Polizist:innen, die an seinem Tod beteiligt waren. Der vorsitzende Richter Thomas Kelm rechtfertigte das skandalöse Urteil damit, dass sich die Angeklagten in einer angeblichen „Notwehrlage“ befunden hätten, da sie Mouhamed als gefährlich wahrgenommen hätten.
Der Vorfall ereignete sich am 22. August im Hof einer Dortmunder Jugendhilfeeinrichtung. Die Betreuer:innen der Einrichtung alarmierten die Polizei, da sie Mouhamed in einem Zustand vorfanden, der auf eine suizidale Absicht hinzudeuten schien.
Die Polizei rückte mit elf Einsatzkräften an und drängte Mouhamed, welcher sich ein Messer gegen den eigenen Bauch hielt, in eine Ecke des Hofes. Kurz darauf richteten die Polizist:innen ihre Waffen auf Mouhamed und griffen ihn mit Pfefferspray und Tasern an. Als Mouhamed aufsprang, um aus der Situation zu flüchten, wurde er mit fünf Schüssen aus einer Maschinenpistole getötet.
Seit Ende letzten Jahres wird gegen fünf der beteiligten Polizist:innen ein Gerichtsprozess geführt, darunter der Einsatzleiter, der Schütze und drei weitere involvierte Polizist:innen, welche Mouhamed mit Tasern und Pfefferspray angriffen. Die Staatsanwaltschaft befand den Einsatzleiter für die Verleitung von Untergebenen im Amt zu gefährlicher Körperverletzung und fahrlässiger Tötung für schuldig. Sie forderte in ihrem Schlussplädoyer eine zehnmonatige Freiheitsstrafe, welche mit zwei Jahren Bewährung und einer Geldstrafe ausgesetzt werden kann.
Für die drei involvierten Polizist:innen und den Schützen beantragt die Staatsanwaltschaft Freispruch. Der Grund: Erlaubnistatbestandsirrtum. Demnach sollen sich der Schütze und die drei Polizist:innen in einer fälschlich wahrgenommenen Notwehrsituation befunden haben.
Das Gericht ging nun sogar einen Schritt weiter als die Staatsanwaltschaft und sprach auch den Einsatzleiter frei. Diese Entscheidung ist skandalös und ein Schlag ins Gesicht für die Angehörigen und Betroffene rassistischer Polizeigewalt, aber keineswegs verwunderlich. Sie zeigen, dass wir vom Staat und seinen Institutionen keine Gerechtigkeit erwarten können.
Polizeimorde sind keine Einzelfälle und nicht auf das moralische Versagen einzelner Beamter zurückzuführen, sondern ein fester Bestandteil des Systems. Sie bilden die grausame Spitze der tagtäglichen polizeilichen Praxis von Repression und Schikane, insbesondere gegen rassistisch unterdrückte und psychisch kranke Menschen.
Während Bundeswehr und Polizei aufgerüstet werden, wird im sozialen Bereich massiv gekürzt. Daher fordern wir auch in unserem Wahlprogramm für unsere Direktkandidaturen in Berlin und München, die Entwaffnung der Polizei sowie Milliarden Investitionen in Soziales und Gesundheit, um Menschen in psychischen Notsituationen wirklich helfen zu können.
Es braucht zudem unabhängige Komitees aus Betroffenen, Hinterbliebenen, Solidaritätskomitees und Gewerkschaften, die sich um die Aufarbeitung kümmern.