Freie Universität stellt Villen für Geflüchtete zur Verfügung (oder doch ein Streich der Yes Men?)

28.12.2015, Lesezeit 3 Min.
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Überraschend kündigt die Freie Universität Berlin an, dass sie leerstehende Villen zu Geflüchtetenunterkünfte machen wird. Genau dies hatten Studierende seit Monaten gefordert. Hatte der FU-Präsident, wie der alte Mr. Scrooge, Besuch von Geistern bekommen?

Seit Monaten fordern Studierende der Freien Universität Berlin, dass die Hochschule für Refugees geöffnet wird. Dazu würde es gehören, leerstehende Villen im Besitz der Uni zu Geflüchtetenunterkünften zu machen und ihnen bedingungslosen Zugang zur Lehre zu gewähren. Doch seit Monaten lehnt das Präsidium diese berechtigten Forderungen stur ab.

Angeblich sind die leerstehenden Villen nicht in einem angemessenen Zustand, um Menschen dort unterzubringen – als wären die Hangars des ehemaligen Flughafen Tempelhof, wo zur Zeit tausende Menschen auf engstem Raum ohne Toiletten und Duschen leben müssen, viel besser geeignet.

Doch kurz vor Weihnachten kam es zu einer plötzlichen Kehrtwende. Bekam FU-Präsident Peter-André Alt, wie der alte Mr. Scrooge, Besuch von Geistern, die ihn im Sinne der Feiertage zu mehr Menschlichkeit erheischten? Auf jeden Fall kündigte die Universität überraschend per Pressemitteilung an:

Die Freie Universität Berlin setzt ein deutliches Zeichen für eine Willkommenskultur und kündigt ein umfassendes akademisches und soziales Maßnahmenpaket für Flüchtlinge an. Im Rahmen eines Pilotprojektes sollen leerstehende Liegenschaften der Universität geflüchteten Menschen zur Verfügung gestellt werden.

Ein riesiger Erfolg der Studierendenbewegung – kämpfen lohnt sich!

Wir, die Redaktion von KLASSE GEGEN KLASSE, haben gefeiert.

Doch Moment. Warum steht die Pressemitteilung auf einer eigenen Seite, statt auf der Seite der FU? Und warum hat die Pressesprecherin eine Mobilfunknummer?

Es ist ein Fake!

Ja, das bestätigte die FU am gleichen Tag – die Universität wird ihre Pforten nicht für Refugees öffnen. Die Verwaltung sei schon mit den Planungen für ein paar Dutzend geflüchtete Gasthörer*innen überfordert. Dennoch gibt es komischerweise genügend bürokratische Kapazitäten, um den Satiriker*innen mit rechtlichen Schritten zu drohen.

Die Detailverliebtheit des Fakes ist beeindruckend: Nicht nur das Design ist perfekt. Die Sprache der akademischen Bürokrat*innen und PR-Menschen ist penibel kopiert. Auch die Domain ist unter der Adresse der FU registriert.

Die Yes Men haben sich seit vielen Jahren mit Hilfe gefakter Websites als Vertreter*innen großer Konzerne ausgegeben, um sie bloßzustellen. So konnten sie sich bei einem Nachrichtensender im Namen von Dow Chemicals für die Katastrophe von Bhopal entschuldigen und Entschädigung anbieten. Der Börsenwert des Unternehmens stürzte um mehrere Milliarden Dollar ein, bis der Streich enttarnt werden könnte.

Doch mit dem Erfolg dieser Taktik stieg auch die Wachsamkeit der Journalist*innen. Deswegen können die Yes Men, wie in ihrem neuen Film zu sehen ist, ihre Streichs nur bei kleineren Veranstaltungen mit dümmeren Veranstalter*innen durchziehen.

Deswegen ist so eine Website ziemlich unterhaltend. Aber nur besonders altmodische Nachrichtenkonzerne werden heutzutage auf so etwas reinfallen. Wir denken, dass ganz „klassische“ Protestformen wie Besetzungen, Demonstrationen und Streiks weiterhin am effektivsten sind.

Wir gratulieren den Macher*innen zur gelungenen Satire – die, im Gegensatz zu den Behauptungen des Präsidiums, offensichtlich von der Freiheit der Kunst gedeckt ist. Wir weisen dieses juristische Gebärden (das mit den Verwaltungsgebühren von Studierenden finanziert wird), entschieden zurück. Die Proteste werden weitergehen.

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