Frauenfänger, Schläge und Rituale auf Borkum

04.12.2024, Lesezeit 3 Min.
1
Foto: Horst A. Kandutsch/ Wikimedia Commons. Symbolbild von einem Krampuslauf in den Alpen, aus einem abgesperrten Bereich.

Patriarchale Gewaltrituale, maskierte Männer und Frauen, die für Gewalt an Frauen demonstrieren? Was zur Hölle ist gerade auf Borkum los?

Seit Generationen wird auf der Nordseeinsel Borkum der Nikolausbrauch „Klaasohm“ gefeiert. Im Rahmen dieses Festes ziehen junge Männer maskiert und in ungeheuerähnlichen Kostümen über die Insel. Ähnliche Traditionen werden in ganz Europa begangen, wie die tanzenden Kukeri Bulgariens oder die Perchten und Krampusse der Alpen und des Alpenumlands.

Über das Klaasohm-Fest wurde immer wieder berichtet, teils eher positiv, wie 2009 in der Welt, meist aber kritisch. Denn Teil des Klaasohm-Brauchs ist es, dass junge Frauen auf der Straße von „Fängern“ festgehalten werden und vom sogenannten Klaasohm mit einem Kuhhorn aufs Gesäß geschlagen werden. 

Der Ursprung der Tradition ist nicht geklärt, doch die These, er ginge auf die Zeit der Walfänger zurück, bei der die Männer am Ende des Jahres von ihrer Reise zurückkamen und dann mit diesem Brauch zeigen wollten, dass nun sie wieder die Führung auf der Insel übernehmen würden, schwingt mit.

Nun diskutiert ganz Deutschland über Borkum, es werden Verbote gefordert, sich über Insulaner:innen lustig gemacht und empört. Besonders erschreckend ist dabei die Reaktion des Landes Niedersachsen und des Bürgermeisters von Borkum, die sich zunächst nicht dazu äußern wollten. Später spielten sie die jahrzehntelange Gewalt herunter. Nun hagelt es Kritik und viele fordern den Rücktritt Akkermanns.

Kein Inseleinzelfall

Auch wenn Borkum gerade durch alle Schlagzeilen geht: die Klaasohms von Borkum sind kein Einzelfall. Immer wieder wird im Rahmen von Brauchtum oder Tradition Gewalt an Frauen ausgeübt, teilweise auch sexualisierte Gewalt, oder der Raum dafür geschaffen. Die horrenden Zahlen auf Oktoberfest und Karneval sprechen Bände.

Und Gewalt an Frauen beschränkt sich weder auf Inseln oder ländliche Regionen, noch auf einzelne Feiertage. Meistens findet sie nicht ritualisiert statt, sondern im Alltag. Darüber schreiben sich die bunten Reportagen mit den wilden Kostümen jedoch nicht so leicht.

Mehr Polizei und Verbot?

Eine der Reaktionen auf den Bericht kam von Polizei und Innenministerium. Man werde mehr Beamte auf Borkum positionieren, um die Frauen zu schützen. Aber ist das Polizei wirklich der beste Weg, um für die Sicherheit in Fällen von Gewalt gegen Frauen zu gewährleisten? Ist sie in der Lage, Frauen vor Gewalt und Missbrauch zu schützen? Die Realität zeigt, dass dies nicht der Fall ist. Dies zeigt sich an der jahrelangen Ignoranz gegenüber des Brauches, an den unzähligen Frauen, die sich an die Polizei wenden und ignoriert werden, nicht ernst genommen werden oder selbst Anzeigen bekommen.

Auf Gewalt an Frauen mit mehr Polizei und Repression zu reagieren ist nicht neu. Mehr Polizei wird jedoch weder die Frauen von Borkum sicherer machen, noch sonst irgendwen. Wir sagen: Die Polizei, die seit Jahren von Nazis durchsetzt ist und es auf Linke und Migrant:innen abgesehen hat, schützt uns nicht. Um dieser Gewalt etwas entgegenzuwirken, braucht es selbstorganisierte, unabhängige Untersuchungsausschüsse, die sich mit diesen Fällen beschäftigen. 

Zum Weiterlesen: 

Mehr zum Thema