Frauen müssen weiterhin für Abtreibung kämpfen
Die Ärztin Kristina Hänel wurde letztes Jahr wegen Verstoßes gegen Paragraph 219a StGB zu einer Geldstrafe von etwa 6000 Euro verurteilt. Dieses Urteil hat bundesweit für Aufruhr gesorgt. Das Gesetz, das 1933 vom NS-Regime eingeführt wurde, stellt "Werbung" für Schwangerschaftsabbrüche unter Strafe. Dafür reicht allein die sachliche Information über diese Möglichkeit, eine absurde Regelung. Von Nadia und Jannik, marxistische jugend münchen.
Dass Abtreibungen grundsätzlich verboten und nur unter bestimmten Voraussetzungen straffrei sind, ist ohnehin schon skandalös. Das Selbstbestimmungsrecht von Frauen über ihren eigenen Körper wird immer noch hintangestellt. Auch führen Tabuisierung und Verbote verstärkt zu illegalisierten und somit riskanten Eingriffen, die das Leben der Frauen gefährden.
Selbst das Bundesverfassungsgericht hat bereits 2006 entschieden, dass Paragraph 219a des Strafgesetzbuches unsinnig ist:
Wenn die Rechtsordnung Wege zur Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen durch Ärzte eröffnet, muss es dem Arzt auch ohne negative Folgen für ihn möglich sein, darauf hinzuweisen, dass Patientinnen seine Dienste in Anspruch nehmen können.
Durch den Fall Hänel kam es zu einer öffentlichen Debatte über das Gesetz und die Fraktionen von SPD, Grünen, Linkspartei und FDP kündigten an, Anträge gegen 219a StGB in den Bundestag und Bundesrat einzubringen. Dem steht nun die Neuauflage der GroKo im Weg: Die Union sieht „derzeit keinen Handlungsbedarf“ und könnte die SPD davon abhalten, sich hier gegen die Koalitionspartnerin zu stellen. Schon vor der Regierungsbildung zeigt sich also der verheerende Einfluss der CDU/CSU auf die SPD, die in vorauseilendem Gehorsam den Willen ihrer Wähler*innen ignoriert. Ohne die Beteiligung der SPD an dieser Initiative fehlen die nötigen Stimmen für die Abschaffung des Paragraphen. Die einzige Möglichkeit wäre eine Öffnung der Abstimmung wie bei der Entscheidung zur „Ehe für alle“, am besten noch vor der Regierungsbildung. Von der Politik kann man also nicht viel erwarten.
Zudem gab es in den letzten Jahren eine verstärkte Zusammenarbeit reaktionärer Gruppen wie christlicher Fundamentalist*innen und rechter Politiker*innen und Aktivist*innen als sogenannte Lebensschützer*innen. Nicht nur belästigen sie Frauen vor Praxen und Kliniken, in denen Schwangerschaftsabbrüche vorgenommen werden, sie gehen auch gezielt juristisch gegen Ärzt*innen vor, die diese wichtige Leistung anbieten.
Dabei ist es ihnen egal, dass Frauen sich meist in Notsituationen befinden und ohnehin schon mit der Entscheidung gegen die Austragung ihres Kindes hadern. Abgesehen von Schwangerschaften, die aus Missbrauchs- oder Vergewaltigungsfällen resultieren oder die Gesundheit der Frau gefährden, spielen finanzielle Gründe die Hauptrolle in der Abwägung. Prekär beschäftigte Frauen können es sich oft nicht leisten, Kinder zu bekommen. Daher müssen sich die Arbeitsbedingungen drastisch ändern. Löhne müssen erhöht, flexible Arbeitszeiten ermöglicht und Kinderbetreuung als gesellschaftliche Aufgabe begriffen werden. Lasst uns gemeinsam dafür kämpfen!