Frankreich: Sorbonne-Dozent klagt Morddrohungen der Polizei an
Am Donnerstag wurde der Pariser Universitätsdozent Guillaume Vadot von der Polizei brutal angegriffen. Sein Vergehen: Er filmte die Polizei. Nun meldet der Dozent und Aktivist sich auf einer Pressekonferenz zu Wort, die internationale Medienaufmerksamkeit bekommt.
Es kommt wohl nicht oft vor, dass das Mandatszimmer von Anwalt Slim Ben Achour in der Pariser Innenstadt voller Pressevertreter*innen ist. Etwa 40 von ihnen kamen zur Pressekonferenz von Guillaume Vadot, der sich wegen des Polizeiangriffs auf ihn zu Wort meldete und sich den Fragen etlicher landesweiter Medien wie Libération, France Inter, Le Monde, France Info, aber auch internationaler wie BuzzFeed und Europe 1 stellte. Die skandalöse Polizeirepression, von der der Universitätsdozent und Aktivist Guillaume berichten sollte, geschah dabei am Donnerstag im Pariser Vorort Saint-Denis und löste nach einem eindrucksvollen Text des Betroffenen nur einen Tag später Entsetzen und Wut aus über das Verhalten der Polizei. Wir berichteten.
Guillaume, der der Courant Communiste Révolutionnaire (der Schwesterorganisation von RIO) angehört, begann zunächst mit einer Schilderung der Geschehnisse. Dabei stellte er besonders heraus, dass das, was ihm widerfahren ist, in einem „nationalen Kontext“ geschah. Er thematisierte gleichzeitig die anhaltende Gewalt gegenüber Migrant*innen und hob dabei ebenfalls deren traurigen Höhepunkt hervor: den Mord an Adama Traore diesen Sommer.
Die Agenda des französischen Staates
Dabei war es also nicht das erste Mal, dass derartige Polizeigewalt gegen linke Aktivist*innen, Arbeiter*innen oder Jugendliche eingesetzt wurde. Seit dem Ausnahmezustand hat sich das Verhalten der Polizei in einem solchen Maße radikalisiert, dass sie auch vor derartigen Schikanierungen und Angriffen wie am Donnerstag keinen Halt kennen. Allerdings ist dies auch nicht verwunderlich, da der Ausnahmezustand der Polizei und Justiz weitergehende Befugnisse verleiht, um im „Krieg gegen den Islamischen Staat“ zu bestehen. Der Krieg nach außen in Syrien und anderen Halbkolonien wie Mali ist gleichzeitig ein Krieg nach innen in Form des neuen Arbeitsgesetzes und der grenzenlosen Repression gegen den Protest dagegen.
Der Angriff auf Guillaume reiht sich nahtlos in dieses terroristische Verhalten des französischen Staates unter Präsident François Hollande ein. Es passt daher in das Schema, dass die Polizei dem trotzkistischen Revolutionär Guillaume absurderweise vorwarf, den „IS zu unterstützen“. Es passt in das Schema des Krieges gegen die Jugend, wenn sie ihm und den „dreckigen Linken“ drohen, nach Sorbonne an die Universität zu kommen und sie zu „vernichten“.
In seiner Erklärung machte Guillaume dabei klar, dass er auch die homophoben Äußerungen der Polizisten verurteilte. Sein Anwalt Ben Achour klagte ebenfalls an, dass die Polizei etwaiges Beweismaterial gegen sie vernichtete und nannte das Verhalten schlichtweg „skandalös“. Des Weiteren wurden zwei kleine Videos gezeigt, die wiederum zeigten, dass die Polizei gewaltsam gegen die schwarze Frau vorging. Das zweite Video zeigte ferner, wie die Polizei anfing, gegen Guillaume vorzugehen und ihn aufforderte, das Filmen zu unterlassen – das Video endet abrupt, als der Polizist Guillaume angreift.
Viel Unterstützung und Solidarität
Doch die Reaktionen um die Repression gegen Guillaume zeigen auch, dass Widerstand gegen das verbrecherische Verhalten des Staatsapparates existiert. Neben Guillaume gab auch Johanna Simeon, Professorin der Universität Paris 1, eine kurze Erklärung ab, in dem sie auf die wachsende Polizeigewalt aufmerksam machte. Auch Alain Krivine, langjähriger und bekannter trotzkistischer Politiker der NPA, war erschienen, um Guillaume zu unterstützen.
Diese und weitere etliche Solidaritätsbotschaften im Vorfeld der Pressekonferenz zeigen, dass das Verhalten der Polizei nicht ungestraft bleiben darf. Die bisherigen Reaktionen zeigen auf, dass eine starke politische Antwort notwendig ist, die von einer juristischen Klage (u.a. wegen der Strafbarkeit der Todesdrohungen und des Amtsmissbrauches) flankiert sein wird. Dafür wird es umso notwendiger sein, eine Front für die Verteidigung demokratischer Rechte und gegen Polizeigewalt aufzubauen.