Frankreich: Mehr als nur symbolischer Widerstand? [mit Videos]
Nach über einem Monat riefen die Gewerkschaften wieder zu einem landesweiten Aktionstag gegen die Arbeitsrechtsreform von Emmanuel Macron auf. Zum ersten Mal rief auch die drittgrößte Gewerkschaft, die Force Ouvrier (FO), mit zu den Demonstrationen auf.
Während die „Loi Travail XXL“ genannte Reform schon Anfang September von der Regierung verabschiedet wurde, riefen die Gewerkschaften erst zum vierten Mal zu nationalen Streiks auf. Erstmals seit dem 10. Oktober, als zum ersten Mal seit über zehn Jahren der Öffentliche Dienst bestreikt wurde, kam es damit zu großen Demonstrationen im ganzen Land. Die Aktionen richteten sich gegen die Reform des Arbeitsgesetzes, welches unter anderem Kündigungen speziell von Gewerkschafter*innen erleichtert. Nach großem Druck war erstmals auch offiziell die FO dabei, nachdem vorher die Streiks von der CGT und kleineren Gewerkschaften wie Solidaire getragen wurden. Kein schlechter Schritt, hatte die Basis der FO dies schon längst gefordert und sich teilweise gegen den Willen der Führung an den Streiks und Demonstrationen in der Vergangenheit beteiligt.
Der CGT zufolge kamen in Paris etwa 40.000 Menschen zusammen, um von der Place de la Republique zur Place de la Nation zu marschieren. Das sind weniger als im Oktober oder September, als die ersten Streiks gegen die Demonstrationen viel mehr Menschen auf die Straße brachten. Positiv hervorzuheben ist jedoch, dass es in ganz Frankreich 170 Demonstrationen gab und dass die Unzufriedenheit der Mehrheit im Lande mit der Politik Macrons nach wie vor hoch ist. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung begrüßte daher die Demonstrationen gegen die antidemokratischen Dekrete der Exekutive.
Auch Studierende, Schüler*innen und Angestellte der Universitäten riefen zu den Aktionen auf und waren mit eigenen Blöcken vertreten.
In Nantes wurde die Demonstration frontal von der Polizei angegriffen, die gnadenlos Tränengasgranaten in Richtung der Protestierenden abfeuerten:
Dennoch lässt sich feststellen, dass die bisherigen Formen des Widerstands nicht ausreichend sind, um die Reform zurückzuschlagen. Das liegt vor allem an der Schwerfälligkeit der Gewerkschaftsbürokratien, die vor weiteren Streiks zurückscheuen und zum Beispiel nicht zu unbegrenzten Streiks aufrufen, wie es die Transportarbeiter*innen Ende September bereits vormachten. Der Vorsitzende der CGT, Philippe Martinez, betonte zwar, „dass es wichtig ist, gemeinsam auf die Straßen zu gehen, weil es viele Kämpfe in den Unternehmen gibt”, schlägt aber auch keinen Plan zu einem gemeinsamen Kampf aller Sektoren vor.
Der Vorsitzende der Partei La France insoumise („Unbeugsames Frankreich“), Jean-Luc Mélenchon, sagte in Anspielung auf die Gewerkschaften in Marseille, wo 25.000 Menschen auf den Straßen waren: „Man darf nicht mehr getrennt sein. Die Spaltung der Gewerkschaften ist uns teuer zu stehen gekommen, ebenso die Spaltung der Politik und der Gewerkschaften”. Allerdings vergaß er hinzuzufügen, dass es seine Formation gewesen war, die zu separaten Mobilisierungen wie etwa am 23. September aufrief und seinerseits auch lange damit zögerte, die eigenen Mitglieder zu den Demonstrationen der Gewerkschaften zu mobilisieren.
Insgesamt keine gute Ausgangslage also, auch wenn Martinez am Ende versprach, dass es weitergehen werde mit den Demonstrationen: „Diese neuen Demonstrationen, nach denjenigen im Oktober und September, waren kein symbolischer Widerstand. Es wird weitergehen.” Und zwar schon zwei Tage später, wenn das Bündnis Front Social zu einer Demonstration über die Champs Elysée zum Palast des Präsidenten aufruft.