Frankreich: Macrons Wette scheitert und beschert der extremen Rechten ein historisches Ergebnis

01.07.2024, Lesezeit 3 Min.
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Quelle: Tennessee Witney / Shutterstock.com

Am Sonntag setzte sich die extrem rechte RN in der ersten Runde der Parlamentswahlen als stärkste Partei durch. Auch wenn der Ausgang der Wahlen ungewiss bleibt, könnten sich die Elemente der Krise vertiefen. Die Notwendigkeit einer unabhängigen Politik der Arbeiter:innen wächst.

Am Sonntag hat die extreme Rechte bei den Parlamentswahlen mit 33 Prozent der Stimmen ein historisches Ergebnis erzielt und fast 12 Millionen Wähler:innen hinter sich versammelt. Die Wahl war von einer sehr hohen Wahlbeteiligung von voraussichtlich über 67 Prozent, die höchste Beteiligung seit 2002. Die Kräfteverhältnisse der Europawahlen haben sich dabei im Grunde wiederholt: Mit 28 Prozent der Stimmen belegte die institutionelle Linke den zweiten Platz, während die Krise von Macrons Lager bestehen bleibt, das 21 Prozent der Stimmen erhielt.

Mit diesem Ergebnis ist die „Wette“ Macrons gescheitert, der mit der Auflösung der Nationalversammlung am 9. Juni gehofft hatte, vom Schock zu profitieren. Stattdessen verstärkte er letztlich die Polarisierung und beschleunigte die Erosion seines Blocks der „Mitte“. Wie erwartet geht die extreme Rechte trotz des Zusammenschlusses der Kräfte der institutionellen Linken gestärkt wie nie zuvor aus dieser Dynamik hervor.

Das Endergebnis der Wahlen ist noch ungewiss [da am 7. Juli in den allermeisten Wahlkreisen noch Stichwahlen stattfinden, A.d.Ü.], aber zwei Szenarien scheinen sich immer mehr durchzusetzen: entweder eine absolute Mehrheit oder eine relative Mehrheit für die extrem rechte Rassemblement National (RN). Der Ausgang wird insbesondere vom Ergebnis in den Wahlkreisen abhängen, in denen drei Kandidat:innen in die Stichwahl gekommen sind. Das Innenministerium verzeichnet in Erwartung der endgültigen Ergebnisse derzeit 264 solcher sogenannter „Dreieckswahlen“.

Alle Anführer:innen der Neuen Volksfront (NFP) haben dazu aufgerufen, bei den Stichwahlen RN an der Urne zu blockieren. Zu diesem Zweck haben sie angekündigt, sich in den Wahlkreisen, in denen NFP-Kandidat:innen an dritter Stelle stehen, aus der Stichwahl zurückzuziehen. Das Macron-Lager hat seinerseits angekündigt, dasselbe zu tun – außer im Falle einer Konfrontation mit Kandidat:innen von La France Insoumise (LFI), die nicht „mit den republikanischen Werten bezüglich Parlamentarismus, Universalismus und Antisemitismus vereinbar“ seien. Damit stellt das Macron-Lager einen Teil der LFI erneut auf dieselbe Stufe mit der extremen Rechten.

Unabhängig vom Ausgang der Stichwahlen wird der Kampf gegen die extreme Rechte und gegen eine autoritäre und rassistische Politik in der kommenden Zeit eine zentrale Herausforderung sein, da RN überall im Land auf dem Vormarsch ist. So hat die extreme Rechte auch im 2. Wahlkreis von Seine-Saint-Denis, in dem Révolution Permanente die Kandidatur von Anasse Kazib aufstellte, ihr Ergebnis mehr als verdoppelt.

Der RP-Sprecher Kazib und seine Stellvertreterin Elsa Marcel erhielten mehr als 1.100 Stimmen, das historisch beste Ergebnis einer linksradikalen Liste in diesem Wahlkreis, in dem sich die KPF bereits im ersten Wahlgang mit mehr als 70 Prozent der Stimmen durchsetzte. Im Mittelpunkt des Wahlkampfes stand der Aufbau einer Gegenwehr gegen die extreme Rechte und die Politik, die ihr den Weg ebnet. Diese Arbeit gilt es in den kommenden Wochen und Monaten fortzusetzen.

Dieser Artikel erschien zuerst am 30. Juni 2024 auf Französisch bei Révolution Permanente.

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