Frankreich: Macron plant Angriff auf den öffentlichen Dienst
Inmitten der Sommerpause bestätigte der französische Verfassungsrat die Einführung von Projektverträgen für Angestellte des öffentlichen Dienstes. Dieser Frontalangriff auf den öffentlichen Sektor soll ab dem 1. Januar in Kraft treten. Das erklärte Ziel lautet, innerhalb von 3 Jahren 15.000 Arbeitsplätze abzubauen. Doch angesichts der schwelenden Wut der Massen über Macrons Regierung könnten diese Pläne für umso größere Proteste im Herbst sorgen.
Von Gemeindevertreter*innen über Lehrer*innen bis hin zu Krankenhausbeschäftigten sind alle Bereiche des öffentlichen Dienstes vom neuesten Einfall der französischen Regierung betroffen. Für die Zerstörung des öffentlichen Dienstes, die in jeder Legislaturperiode weiter voranschreitet, gibt es ein neues Werkzeug: den Projektvertrag.
Das Idee ist einfach: Es soll möglich sein, für den öffentlichen Dienst spezifische befristete Verträge mit einer Laufzeit von bis zu 6 Jahren abzuschließen, entsprechend dem Bedarf öffentlicher Projekte. Doch am Ende dieser Verträge gibt es keinen Anspruch auf eine unbefristete Übernahme. Es gibt noch nicht einmal die Unsicherheitsprämie, die normalerweise am Ende von befristeten Verträgen fällig wird. Eine extreme Flexibilisierung also, und die Schaffung einer Gruppe von „Wegwerf-Beamt*innen“, die der ultra-liberale Macron am liebsten auf alle Arbeiter*innen im öffentlichen wie im privaten Sektor ausdehnen würde.
Olivier Dussopt, Staatssekretär des Ministers für öffentliche Finanzen, zeterte: „Es ist unaufrichtig, zu behaupten, dass die Neueinstellungen mit Projektverträgen den Beamtenstatus infrage stellen würden!“ Doch die von der Regierung erklärten Ziele widersprechen ihm: Tatsächlich streben Macron und seine Minister*innen an, innerhalb von drei Jahren 15.000 öffentliche Stellen abzubauen. Die Regierung kann also nur schwer verhehlen, dass sie sehr wohl den Beamt*innenstatus untergraben will. Erst recht, wenn wir nur ein Jahr zurückschauen, als mit der Eisenbahnreform versucht wurde, den öffentlichen Schienenverkehr zu zerschlagen.
Renten und Beamt*innenstatus: ein explosiver Cocktail für den Herbst?
Obwohl die Sommerzeit traditionell eine Zeit der politischen Pause ist, erlebt Macron bereits den zweiten unruhigen Sommer in Folge. Vor einem Jahr gab es die Benalla-Affäre, ausgelöst durch Macrons Sicherheitschef, der sich bei der Mai-Demonstration als Polizist verkleidet und Demonstrant*innen verprügelt hatte. Dieses Jahr treffen verschiedene Phänomene aufeinander: Die Gelbwestenbewegung, die – wenn auch in deutlich kleinerem Ausmaß – weiterhin jeden Samstag Demonstrationen organisiert. Die Affäre De Rugy, die den Umweltminister durch Vorwürfe der Veruntreuung öffentlicher Gelder zum Rücktritt zwang. Und erst recht der Skandal infolge des Todes von Steve Caniço während der Fête de la Musique in Nantes.
Anders gesagt: Eine Sommerpause gibt es nicht – ganz in der Kontinuität eines Jahres, in dem Macron seinen vermeintlich unangreifbaren Status verloren hat und angesichts der Gelbwestenbewegung erstmal seit Beginn seiner Amtszeit Zugeständnisse machen musste.
Obwohl die vorrevolutionäre Situation vom Dezember inzwischen beendet ist, ist dennoch klar, dass wir noch weit von einer Periode der Stabilität entfernt sind. Zur anfänglichen Wut, die zur Entstehung der Gelbwesten führte, gesellen sich jetzt noch weitere explosive Elemente für die Regierung, einerseits auf demokratischer Ebene, aber vor allem in der Frage der Gewalt von Staat und Polizei.
Auf der Agenda für den Herbst steht die Reform des Rentensystems, die bereits an sich ein echtes Pulverfass darstellt. Die Ankündigung eines ebenso hinterhältigen wie mächtigen Angriffs auf die Arbeitsbedingungen von Beamt*innen fügt noch eine beträchtliche Menge Pulver hinzu.
Allerdings hat Emmanuel Macron keine andere Wahl. Er ist gezwungen, die Reformmaschine wieder anzuwerfen – wie ein Radfahrer im Stillstand, um ein Herunterfallen zu vermeiden. Eine Notwendigkeit, die durch die Instabilität der Weltwirtschaft verstärkt wird, also durch den Handelskrieg, der derzeit zwischen China und den Vereinigten Staaten wiederaufflammt und das Gespenst einer neuen Krise heraufbeschwört, die größer als 2008 sein könnte. Und ebenso durch die Wut, die sich im Klassenkampf äußert. Natürlich in Frankreich, aber auch in anderen Teilen der Welt, insbesondere in Algerien, zu dem Frankreich aufgrund seiner kolonialen Vergangenheit und Gegenwart eine „privilegierte“ Beziehung hat.
Letztlich liegt Macrons Hoffnung darin, keinen Funken zu nahe an die Pulverfässer zu lassen, die sich bedrohlich für die herrschende Klasse ansammeln. Dafür setzt er auf die Fähigkeit der Gewerkschaftsführungen, die traditionelle Arbeiter*innenbewegung ruhig zu halten. Eine riskante Strategie für Macron, wenn wir betrachten, dass die Gelbwestenbewegung außerhalb der Gewerkschaften entstanden ist und dass einige Sektoren von Arbeiter*innen, insbesondere im Gesundheitsbereich und in der Bildung weiterhin ihre Wut zum Ausdruck bringen und dabei teilweise den vorgegebenen Rahmen verlassen.
Heute ist es unmöglich zu wissen, ob dies auch andere Sektoren so weit anstecken wird, dass es Macron und die herrschende Klasse in die Seile befördert. Es ist jedoch klar, dass dies angesichts von neuen sozialen Angriffen und polizeilicher Repression notwendig ist, ebenso wie ein umfassender Plan für den gemeinsamen Kampf proletarischer Sektoren, um ein Kräfteverhältnis zu schaffen, mit dem wir Macron und seinen Leuten ebenbürtig entgegentreten können.
Dieser Artikel erschien zuerst bei Révolution Permanente.