Frankreich: Erneut Millionen gegen Macrons Rentenreform auf den Straßen

08.02.2023, Lesezeit 4 Min.
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Bild: Philippe Alcoy

Millionen Menschen haben am Dienstag in Paris und anderen französischen Großstädten den Kampf gegen die Rentenreform von Präsident Emmanuel Macron fortgesetzt. Es war der dritte Aktionstag.

Gestern fand in Frankreich der dritte Tag der Mobilisierungen gegen die Rentenreform von Präsident Emmanuel Macron statt. Nach Angaben der Gewerkschaften gingen in ganz Frankreich etwa zwei Millionen Menschen auf die Straße. Die Beteiligung war damit allerdings geringer als bei den letzten Protesten am 31. Januar, als sie auf 2,8 Millionen geschätzt wurden.

In Paris nahmen nach Schätzungen der Organisator:innen etwa 400.000 Menschen an der Demonstration teil, ähnlich wie am ersten Tag der Proteste am 19. Januar. Die Demonstrant:innen in der französischen Hauptstadt, darunter viele junge Menschen, trugen Transparente mit der Aufschrift „Rettet eure Rente“ und „Besteuert die Milliardäre, nicht die Großmütter“. Auch in anderen Großstädte wie Toulouse, Bordeaux und Nantes waren es jeweils über 50.000 Teilnehmer:innen.


Streiks in der Bildung, im öffentlichen Dienst und in den Raffinerien gehen weiter

Parallel zu den Demonstrationen wurden die Streiks in mehreren Sektoren fortgesetzt, wobei die Zahl der Streiks in den Verkehrs- und Energieunternehmen leicht zurückging. Die Gewerkschaften bestätigen diesbezüglich, dass die Streikbeteiligung im Bereich der Energieerzeugung weiterhin hoch ist. Die Stromerzeugung sei zwischen Montag und Dienstag um fast 4.500 Megawatt gekürzt worden, was der Leistung von mehr als vier Kernreaktoren entspricht.

Im Raffineriesektor war der Streik weiterhin stark. Hinzu kamen neuerdings zahlreiche Zuliefererbetriebe, die sich der Bewegung anschlossen und an der massiven Blockade von Industriegebieten und des Hafens von Le Havre beteiligten, wie Révolution Permanente, die Schwesterseite von Klasse Gegen Klasse, berichtete.

Ein weiterer Höhepunkt des Tages war die Fortsetzung der Mobilisierung von Jugendlichen mit Besetzungen und Blockaden in mehreren weiterführenden Schulen, aber auch in zahlreichen Universitäten wie Tolbiac, Le Mirail, Rennes 2, Lille 2 – ein Novum im Vergleich zu den letzten Protesttage.


Die Proteste waren also massiv. Die Unzufriedenheit mit der Regierung kommt weiterhin auf der Straße zum Ausdruck, während die Vorbereitungen für den neuen Protesttag am 11. Februar bereits laufen.

Macron sucht angesichts der sozialen Unzufriedenheit nach Verbündeten im Parlament

Am Montag begann das französische Parlament mit der Debatte über den rückschrittlichen Gesetzesentwurf zur Rentenreform. Dieser soll das Rentenalter bis 2030 von 62 auf 64 Jahre anheben und würde die Anzahl der Beitragsjahre auf 43 Jahre erhöhen, um eine volle Rente zu erhalten. In Umfragen zeigte sich, dass die Mehrheit der Bevölkerung dieses Vorhaben ablehnt, was sich zum Teil auf den Straßen ausdrückt.

Die Reform war ein zentrales Wahlversprechen Macrons und wird somit auch von ihm kompromisslos verteidigt. Allerdings ist seine Wiederwahl im Jahr 2022 vor allem auf ein taktisches Wahlverhalten zurückzuführen, das den Sieg der rechtsextremen Marine Le Pen verhindern sollte.

Wenige Wochen nach den Wahlen verlor die Regierungspartei ihre absolute Mehrheit in der Nationalversammlung. Sie bemüht sich nun um die Stimmen der rechtsgerichteten oppositionellen Republikaner (LR), um die Reform gegen die Ablehnung von Le Pen und den reformistischen Abgeordneten zu verabschieden.

Während die Regierung nach parlamentarischen Verbündeten sucht, wächst die Ablehnung der Reform weiter. Nach Angaben des Meinungsforschungsinstituts iPsos bleibt die Ablehnung nicht nur auf hohem Niveau, sondern nimmt tendenziell zu: 64 Prozent der Französ:innen lehnen die Rentenreform ab, das sind drei Prozentpunkte mehr als vor einer Woche.

Angesichts dieser Situation bleibt die Frage offen, wie die Proteste in den kommenden Wochen weitergehen sollen: Die Strategie der Gewerkschaftsführungen besteht derzeit darin, mit den Demonstrationen nur Druck machen zu wollen. Sie verhindert damit, ein Kräfteverhältnis zu schaffen, das zum Sieg führen kann. Stattdessen gilt es, die Streiks auszuweiten. Es muss jetzt vorbereitet werden, die Schlüsselsektoren der Wirtschaft lahmzulegen, denn das ist die einzige Möglichkeit, um die Regierung zurückzudrängen.

Dieser Artikel erschien erstmals auf Spanisch bei La Izquierda Diario. Er wurde leicht gekürzt.

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