Frankreich: Die Krise der Fünften Republik und die Aufgaben für Revolutionär:innen

14.10.2024, Lesezeit 25 Min.
Übersetzung:
1
Grafik: Révolution Permanente

Die fünfte Republik zeigt nach den vorgezogenen Parlamentswahlen und der Ernennung Michel Barniers ernsthafte Erschöpfungserscheinungen. Welche Perspektiven ergeben sich für die revolutionäre Linke?

Michel Barnier wird die politische Krise nicht lösen

Die Ernennung von Michel Barnier zum Premierminister bildete den vorläufigen Abschluss einer Periode, die von intensiven Erschütterungen der politischen Krise im Land geprägt war. Die vorgezogenen Parlamentswahlen verschärften die Spannungen zwischen den drei „Blöcken“, die nun das politische Leben strukturieren. Auf der linken Seite verdeckt das Aufkommen der Nouveau Front Populaire (NFP) nur schlecht den „Hegemonialstreit“ zwischen einer wiedererstarkten Parti Socialiste (PS) und der La France Insoumise (LFI), die sich ihrerseits mit offener Opposition aus ihrem eigenen Lager konfrontiert sieht, wie etwa François Ruffin. 

Auf der extremen Rechten stieß Le Pens Partei erneut an eine gläserne Decke und, obwohl sie ihre Wählerbasis vergrößern konnte, gleichzeitig auf Zweifel des bürgerlichen Lagers an ihrer Regierungsfähigkeit. 

In der vorübergehend geeinten „Mitte“ und auf der Rechten stellen die Abspaltung von Eric Ciotti und die zunehmenden Spaltungen in der ehemaligen „Mehrheit“ des Präsidenten weitere Brüche dar. Diese werden durch individuelle Rivalitäten um die Nachfolge Macrons genährt und könnten sich weiter öffnen und vertiefen.

Die Wahl eines Technokraten von der traditionellen Rechten, der mehrfach Minister und EU-Kommissar war und in der Nationalversammlung von einem (sehr) fragilen Bündnis aus Ensemble pour la Rèpublique (EPR), Les Republicains (LR) und Rassemblement National (RN) unterstützt wurde, wird keines dieser politischen Probleme lösen. Die bonapartistischen Institutionen der Fünften Republik haben es Macron ermöglicht, den Parteien eine Lösung „von oben“ aufzuzwingen und das Ergebnis der Wahlen zu ignorieren. Dennoch wird die kommende Regierung zweifellos die fragilste in der Geschichte der Fünften Republik sein. In dieser Hinsicht haben die lächerlichen Debatten über die Bezeichnung der entstehenden Konstellation – „Koalition“, „Kohabitation“, „anspruchsvolle Koexistenz“ – zumindest den Vorteil, daran zu erinnern, dass wir es mit einer völlig neuen Situation zu tun haben. Sie ist Lichtjahre von den Kohabitationen der Jahre 1986, 1993 und 1997 entfernt, bei denen die Regierungen die Grundlage absoluter Mehrheiten in der Nationalversammlung hatten.

Barnier machte in den letzten Tagen sehr deutlich, dass er „keine Wunder“ vollbringen wird. Stattdessen wird er versuchen, einen austeritären Haushalt durchzusetzen, mit Brüssel über die brennende Frage des französischen Defizits zu verhandeln und in einer instabilen Situation zu navigieren, mit der Aussicht auf einen brutale Sparkurs und eine verdoppelte Offensive der Fremdenfeindlichkeit. Eine Politik „unter Aufsicht“ des RN, der sich in den letzten Jahre dafür entschied, die Situation zu nutzen, um seine Glaubwürdigkeit gegenüber dem Regime zu stärken, seiner politischen Isolation entgegenzuwirken und das Gespenst künftiger „republikanischer Fronten“ zu begraben. Diese Entscheidung, deren Umrisse Marine Le Pen am Wochenende präzisierte, ermöglicht es gleichzeitig, die Politik zu beeinflussen, indem sie von Anfang an „jede Steuererhöhung“ ablehnt und Reformen gegen Migrant:innen sowie die Einführung eines Verhältniswahlrechts für die Parlamentswahlen fordert.

Während Le Pen betonte, dass „in einem Jahr neue Parlamentswahlen stattfinden werden“, wird das Überleben der Regierung von diesem Datum und im weiteren Sinne von den Ambitionen jeder politischen Kraft abhängen, die sich entschieden hat, sie taktisch zu unterstützen. In dieser Hinsicht unterstreicht die Ankündigung von Édouard Philippe, der auf dem Höhepunkt der politischen Krise um die Suche nach einem Premierminister verkündete, sich am 3. September der Wahl zum Präsidenten zu stellen, nicht nur die Schwächung des Staatschefs. Sie zeigt  auch das Ausmaß der politischen Krise, in der ein Anwärter auf den Élysée-Palast aus den Reihen der Mehrheit des Präsidenten nicht zögert, auf den Rücktritt Macrons zu wetten. 

Während die bevorstehende Nachfolge Macrons die Rivalitäten in seinem Lager verschärft, könnten die Kämpfe nunmehr akute Formen annehmen, was wiederum die Instabilität verschärft. Da all diese Probleme in einem Rahmen auftreten, der durch die Tripolarisierung der Nationalversammlung gekennzeichnet ist, die die Bildung einer soliden und dauerhaften Mehrheit nahezu unmöglich macht, ist die derzeitige tiefe Krise nicht nur konjunkturell bedingt.

Die Fünfte Republik an einem historischen Wendepunkt und die Illusion einer „Parlamentarisierung“ des Regimes

Die aktuelle Krise markiert eine neue Etappe im Niedergang des Macronismus, der 2017 eine vorübergehende Lösung für den Zusammenbruch des Zweiparteiensystems LR-PS bot. Während der Führer der „neuen Welt“ eine Reihe zentraler Angriffe in der Form von “Reformen” durchsetzte, musste er mit ansehen, wie seine soziale Basis, die von Anfang an eine Minderheit war, durch eine Bewährungsprobe der Macht und des Klassenkampfes mit einem intensiven Zyklus von Mobilisierungen, der 2016 begann, zerbröckelte. Dieser Niedergang ging Hand in Hand mit dem Erstarken der Rassemblement National auf der rechten Seite und der France Insoumise auf der linken Seite. Die Entstehung von drei Blöcken bei den Parlamentswahlen 2022, die dem Macronismus die absolute Mehrheit nahmen, war Ausdruck dieser Dynamik, die sich 2024 in beispielloser Weise vertiefte und zu einer Nationalversammlung ohne jegliche Mehrheit führte. Die Krise ist nicht nur politisch, sondern markiert auch einen historischen Wendepunkt für die Fünfte Republik.

Das von De Gaulle 1958 nach einem Militärputsch errichtete Regime der Fünften Republik sollte den französischen Kapitalismus modernisieren, das „Algerienproblem“ lösen und im weiteren Sinne das Ende des Kolonialreichs unter Wahrung der Interessen des französischen Imperialismus aushandeln. Nach der politischen Instabilität, die die Vierte Republik geprägt hatte, zeichnete sich die Fünfte Republik durch ihre Fähigkeit aus, starke Mehrheiten zu schmieden, was ihren ultrapräsidentiellen Charakter noch verstärkte. Das, was die Verfassungsrechtler als “Mehrheitsprinzip“ bezeichneten, das dem Präsidenten fast systematisch eine starke, kohärente und der Exekutive völlig untergeordnete Mehrheit in der Nationalversammlung verschaffte, ging mit der allmählichen Strukturierung eines Zweiparteiensystems einher. Dieses sicherte einen für die herrschenden Klassen wichtigen Wechsel. Während die regierende Sozialistische Partei sich dem Rahmen der Fünften Republik schnell anpasste und zu einem Hauptakteur der neoliberalen Transformation des französischen Kapitalismus wurde, ermöglichte es die Abfolge von linken und rechten Regierungen, politische und soziale Spannungen auf dem Wahlfeld zu lösen, indem sie abwechselnd die eine oder andere Partei der Bourgeoisie an die Regierung brachte. Ab 2002 begann die Mechanik der Mehrheitsbildung jedoch Ermüdungserscheinungen zu zeigen. Das Regime hatte zwei Jahre zuvor die fünfjährige Amtszeit eingeführt und den Wahlkalender umgekehrt, um die Cohabitation1 zu beenden, die es ermöglichte, den Präsidenten der Republik während seiner Amtszeit zu sanktionieren.

Der Sieg des „Nein“ im Referendum über den TCE (Vertrag einer Verfassung für Europa), die Aufstände in den Arbeiter:innenvierteln 2005 und der große Kampf gegen die Arbeitsmarktreform 2006, der zur Rücknahme dieser Reform führte, führten zu einer Krise der Regierbarkeit. Diese Krise äußerte sich im Zentrum der Macht in der Opposition von Sarkozy gegen de Villepin und Chirac, der sich 2007 mangels einer linken Alternative mit einer neo-bonapartistischen Lösung durchsetzen konnte. Weit entfernt von dem angekündigten „Bruch“, stieß seine Amtszeit auf die internationale Finanzkrise und intensiven Protest gegen seine Politik, was sich im Generalstreik in Guadeloupe 2009 und im Kampf um die Renten 2010 kristallisierte. Diese zunehmenden Tendenzen, das Regime und sein politisches Personal in Frage zu stellen2, setzten sich unter Hollande fort und eröffneten eine historische Krise für den linken Pfeiler des Regimes, die 2016 zum großen Kampf gegen das Arbeitsgesetz und der Parole „Nie wieder PS“ führte. Nach dem Zusammenbruch des Zweiparteiensystems im Jahr 2017 haben die Wahlen ab 2022 ihre Rolle als Sicherheitsventil verloren und begannen, sich als Kristallisationspunkt und sogar Beschleuniger der politischen Krise zu erweisen. 

Die derzeitige politische Landschaft ist zersplittert, mit drei Blöcken, die selbst von Brüchen durchzogen sind, und der (mit elf Fraktionen) am stärksten fragmentierten Nationalversammlung der Geschichte der Fünften Republik.

Während sich also die politische und soziale Polarisierung im Land verschärft, eröffnet sich eine neue Situation, in der es allen politischen Kräften unmöglich ist, die Zustimmung einer Mehrheit der Bevölkerung zu erhalten.

In einem gefährlichen internationalen Kontext, der durch den Verfall der neoliberalen Globalisierung, die Rückkehr von Kriegstendenzen, die Schwäche der europäischen Kapitalisten angesichts der Polarisierung zwischen den USA und China und die tiefe Krise des französischen Imperialismus gekennzeichnet ist, könnte das vorübergehende Verschwinden der „Mehrheitsentscheidung“ zu einer starken Unregierbarkeit führen. Das könnte die Abnutzung des Regimes, das der französischen Bourgeoisie trotz der Dynamik des Klassenkampfes im Land bislang eine starke Stabilität garantiert hatte, schnell beschleunigen. Viele Medienanalysten betonen zwar die Langlebigkeit und die historische Anpassungsfähigkeit des Regimes sowie den rein „politischen“ Charakter der Krise, trennen aber etwas zu schnell und irreführend die institutionellen Mechanismen von der politischen und sozialen Dynamik, die doch eng miteinander verbunden sind. In dieser Hinsicht ist die Legitimität der Institutionen, die immer undemokratischer, unsozialer und reaktionärer werden, in eine tiefe Krise geraten, vom Arbeitsgesetz bis zur Rentenreform 2023 und der aktuellen mehrheitlichen Feststellung, dass Macron sich über das Wahlergebnis hinweggesetzt hat.

Politisch stehen die herrschenden Klassen auf nationaler Ebene vor der Unmöglichkeit, die „Mitte“ durch eine Koalition aus EPR, LR und PS wiederherzustellen. Diese Hoffnung bleibt heute ihre Hauptoption und wurde von Macron mit dem Vorschlag, Bernard Cazeneuve unter drastischen Bedingungen zum Premierminister zu ernennen, erzwungen. Im Gegensatz dazu ist die Barnier-Lösung eher eine Bastelei als ein neues organisches Bündnis zwischen Macronie, Rechten und Rechtsextremen. Da sich die Spannungen zwischen diesen politischen Kräften bereits vor der Ernennung der Regierung verschärft haben und sich im Bereich des Haushalts als besonders turbulent erweisen werden, dürften die Grenzen dieses Gespanns schnell zum Vorschein kommen. Angesichts der Angst vor einer Rückkehr zu der für die Vierte Republik charakteristischen Instabilität formulieren bürgerliche Analysten bestenfalls die Hoffnung auf eine „Parlamentarisierung“ des Regimes, die die Konsolidierung dauerhafter Bündnisse zwischen den bürgerlichen politischen Parteien ermöglichen würde.

In einem langen Artikel in Form eines frommen Wunsches unterstreicht Le Monde die Herausforderung, eine neue „politische Kultur“ zu entwickeln, die es ermöglicht, die „Verhandlungen“ zwischen den Parteien in den Mittelpunkt zu stellen und mehrheitsfähige „Koalitionen“ aufzubauen… Ein solches Versprechen eines friedlichen Übergangs zu einem „parlamentarischeren“ Regime beruht auf dem Mythos einer im Wesentlichen parlamentarischen Fünften Republik, die von De Gaulle und seinen Nachfolgern in den letzten 62 Jahren fehlgeleitet wurde, aber einfach geändert werden könnte, zum Beispiel durch die Einführung des Verhältniswahlrechts3. Im Gegensatz zu dieser Erzählung hat die Fünfte Republik die historischen Merkmale der französischen Gesellschaftsformation auf die Spitze getrieben, in der „staatliche Institutionen den Raum der sozialen Beziehungen sättigen“4 und die Armee und die Polizei eine zentrale Rolle spielen. Das von De Gaulle gegründete Regime zur Aufrechterhaltung des internationalen Einflusses Frankreichs ist untrennbar mit der Förderung eines „starken Staates“ verbunden, der eine allmächtige Exekutive der „parlamentarischen Form [entgegenstellt], die bedeuten würde, die geopolitische Marginalität zu akzeptieren, sich in der Politik zu verstricken, was ‚der Nationalstolz‘ nicht akzeptieren kann.“ Dies führt zu einer maximalen Reduzierung der Vorrechte der Nationalversammlung, wie Nicolas Roussellier in La force de gouverner betont: „In der exekutiven Demokratie, wie sie von de Gaulle definiert wird, ist die Exekutive von ihrer Berufung entbunden, sich in den Dienst des vom Volk ausgedrückten Willens zu stellen. Eine höhere Vernunft leitet sein Handeln, nämlich die Wahrung der obersten Interessen des Staates. (…) Die Logik der Exekutivdemokratie besteht also darin, dass die Exekutive ihre Politik mit eiserner Hand führt und der Arbeit und den Initiativen der Parlamentarier nur noch einen engen Spielraum lässt“.5

In einer Zeit, in der die höchsten Interessen des französischen Staates durch die nationale und internationale Polarisierung bedroht sind, zeugt die Vorstellung, dass ein parlamentarisches System im Schatten einer allmächtigen Exekutive entstehen könnte oder dass die herrschenden Klassen bereit wären, diese „Führung eines starken Staates“6 aufzugeben, eher von der Desorientierung und der falschen Naivität, die in den aktuellen politischen Debatten herrscht, als von einer realistischen Perspektive auf das, was uns in den kommenden Jahren erwartet.

Das Regime, die extreme Rechte und die Gefahr eines bonapartistischen Sprungs

Das Streben nach einer Koalition der Mitte bleibt das Ziel der führenden Sektoren der Bourgeoisie, weil sie sich derzeit nicht damit abfinden können, der extremen Rechten die  Macht zu übergeben. Zweifellos hat die RN ihre neoliberale Erneuerung vertieft und ist nun die Partei mit der breitesten und dynamischsten Wählerbasis, was ihr eine politische Basis in Teilen der Arbeiter:innenklasse verschafft hat. In diesem Zusammenhang setzen sich radikalisierte Unternehmer wie Vincent Bolloré über seine Medien für ihre Machtübernahme im Rahmen einer Allianz mit der Rechten ein, wie Le Monde berichtet: „Vor seinen LR-Besuchern stellt er sich lautstark die beste Rollenverteilung zwischen den rechten Republikanern und dem Rassemblement National (RN) vor: ‚Sie werden sich darum kümmern, das Problem der Einwanderung zu lösen und ihr werdet die Wirtschaft halten‘“. Obwohl der politische Einfluss der RN stark zugenommen hat, scheint die Bourgeoisie noch nicht bereit zu sein, ihr zu vertrauen.

Das De-facto-Bündnis zwischen Macron und Le Pen in der Nationalversammlung ist zwar ein weiterer Schritt hin zur Herstellung der Glaubwürdigkeit der RN gegenüber der Wirtschaft, aber es ist Teil einer konjunkturellen Notwendigkeit für den Block der „Mitte“, einen vorläufigen politischen Ausweg aus der Krise zu finden. 

Auf Seiten der RN geht es darum, ihr ganzes Gewicht in die politische Krise einzubringen und zu versuchen, ihre Integration in das Regime zu stärken. Sie bietet Arbeitgeber:innen Regierbarkeit an, um einerseits zu versuchen, sich verantwortlich zu zeigen, und andererseits die Angst künftiger „republikanischer Fronten“ zu begraben. Diese Unterstützung wird gleichzeitig von ihren politischen Zielen in der aktuellen Situation abhängig gemacht, wobei sie in den letzten Tagen ihre Fähigkeit unter Beweis stellen wollte, die Regierung bei Themen wie Einwanderung oder Steuererhöhungen in die Knie zu zwingen.

Diese De-facto-Allianz droht jedoch den grundlegenden Widerspruch zwischen der Institutionalisierung der RN und ihrer sozialen Basis in der Arbeiter:innenklasse zu verschärfen. Diese ist zwar stark atomisiert, was es einfacher macht, sie zu manövrieren, könnte aber durch eine offenkundige Zusammenarbeit von RN mit Macron vor den Kopf gestoßen werden. Gleichzeitig ist die gläserne Decke, die sich in der politischen und medialen Front gegen die RN in der zweiten Runde der Parlamentswahlen oder im ultraminoritären Charakter der Abspaltung der Ciottisten ausdrückte, noch lange nicht verschwunden. Das hat natürlich nichts mit dem rassistischen und autoritären Programm der extremen Rechten zu tun, das in den kommenden Jahren tendenziell von Regierungen, die sich als „Mitte“ bezeichnen, umgesetzt werden könnte, wie es bereits bei der Verabschiedung des „Einwanderungsgesetzes“ der Fall war, dessen radikalste Aspekte jedoch letztendlich vom Verfassungsrat zurückgewiesen wurden7. Stattdessen ist das vor allem auf den wahrgenommenen Amateurismus der extremen Rechten zurückzuführen, auf ihr Verhältnis zu ihrer populären Basis, das trotz einer klaren neoliberalen Erneuerung (wie der Skandal um die Absicht der RN, die Rentenreform aufzuheben) immer noch als zu demagogisch angesehen wird, aber vor allem auf die explosiven Spannungen, die ihre Machtübernahme im Land hervorrufen könnte.

All diese Faktoren können sich jedoch schnell ändern. Während noch nicht klar ist, wie die Regierung Barnier aussehen wird und welche Methode sie anwenden wird, zwischen Versuchen, an den „sozialen Dialog“ anzuknüpfen und dem Durchgreifen, wird ihre Fragilität und das Ausmaß der Krise des französischen Kapitalismus zwangsläufig die Frage nach einem neuen bonapartistischen Sprung aufwerfen. Dieser könnte über die extreme Rechte oder über andere Optionen erfolgen, angefangen mit der Suche nach einem radikalisierten Kandidaten der „Mitte“, der ein ultra-offensives Programm gegen Arbeiter:innen, die Unterschicht und Migrant:innen vertritt und versucht, Schockmaßnahmen zu fördern, um die RN-Wählerschaft zu verführen8. In dieser Hinsicht findet ein regelrechter Wettlauf mit den herrschenden Klassen statt, um die Lösung der Krise zu bestimmen. Ohne eine Massenbewegung, die versucht, die Situation in den Griff zu bekommen, ihre Forderungen durchzusetzen und das Regime zu konfrontieren, liegt ein Übergang zu einem noch härteren gefährlicheren Regime vor uns.

LFI und die CGT angesichts der Krise: eine doppelte Sackgasse

In einer Zeit, in der das Regime mit starken Erschütterungen und einer beispiellosen Instabilität konfrontiert sein wird, könnten Proteste von unten und die Suche nach neuen bonapartistischen Sprüngen von oben Teil der politischen Landschaft werden. Da jedoch die Diskreditierung des Regimes seit 2017 in verschiedenen Teilen der Bevölkerung, die durch den Hass auf die hyperpräsidentielle Figur Macrons vereint werden, zunimmt, könnte die Wut auf die Fünfte Republik schnell wieder erwachen, wie es teilweise auf dem Höhepunkt der Bewegung gegen die Rentenreform, nach dem 49.3 oder zum Zeitpunkt der Gelbwesten-Bewegung der Fall war.

Vor dem Hintergrund der internationalen Krisen- und Kriegstendenzen und der Schwierigkeiten der Europäischen Union angesichts der verschärften Konkurrenz durch die USA und China (siehe Draghi-Bericht) könnten die Prüfungen, denen sich die Macht im Innern und nach außen stellen muss, eine echte Regimekrise auslösen. Diese Aussichten hindern die Minderheitsregierung von Barnier nicht daran, sich auf schwere Angriffe vorzubereiten. In diesem Zusammenhang ist es dringend erforderlich, dass die Gewerkschaftsbewegung, die Arbeiter:innenklasse und die Jugend diese Schwächen zum Handeln nutzen, indem sie die objektive Allianz zwischen Le Pen und Macron ausnutzen, um die Vereinigung der Arbeiter:innenklasse und aller Unterdrückten in einem frontalen Kampf gegen das Regime voranzutreiben. Derzeit scheint es jedoch keine Kraft zu geben, die diesen Kampf ernsthaft führen will.

Seitens der La France Insoumise (LFI) und ihrer Satellitenorganisationen in der sozialen Bewegung und der Studentenbewegung wird die Antwort auf die Krise wenig überraschend auf institutionellem Gebiet gesucht und als „Bürger:innen“ und bei Wahlen gefunden. Die Demonstration am 7. September, die am 21. September fortgesetzt wurde, verkörperte diesen Ansatz mit einer Rede von Mélenchon, der Radikalität mimte und den Beginn eines langen Kräftemessens ankündigte, indem er behauptete, dass „das französische Volk in eine Revolution eingetreten ist“, während er gleichzeitig betonte, dass er sich innerhalb des engen Rahmens des Regimes bewegen wolle: „Wir müssen die Form respektieren, die der Demokratie gegeben ist, denn sie ist der Kanal, durch den der Volkswille fließt. Ohne diese Form wären wir eine rohe, blinde Kraft, die nicht in der Lage ist, sich selbst zu führen“. Eine Verpflichtung, die sich bereits in der Tatsache ausdrückte, dass die Sprecher der Insoumis weitgehend aufgehört haben, die Losung der Sechsten Republik zu tragen, ein ultra-limitiertes Projekt, das jedoch eine radikalere Kritik des Regimes beinhaltete als die aktuelle Forderung nach einer „Kohabitation“ mit Macron oder die Wette auf den Sieg bei zukünftigen Präsidentschaftswahlen…

Diese Weigerung, eine ernsthafte Konfrontation mit den Machthabern zu organisieren, geht einher mit einer völlig selbstproklamierenden Bilanz ihrer Aktionen seit 2022, die es jedoch erneut ermöglichte, die PS zu stärken und den Macronismus am Leben zu erhalten, während sie gleichzeitig dazu beitrug, eine starke Demoralisierung angesichts einer Feststellung zu schüren, die sich objektiv in der Abfolge aufdrängt: man kann das Regime nicht besiegen, indem man seine Regeln befolgt und sich auf dem Boden seiner Institutionen bewegt. Leider kann die Feststellung der Grenzen der Wahlstrategien zu einer gewissen Desillusionierung führen, oder sogar zu der Idee, dass „Demonstrieren und Streiken nicht mehr funktioniert“. Diese Enttäuschung, die von vielen Demonstranten, die am 7. September interviewt wurden, zum Ausdruck gebracht wurde, steht in engem Zusammenhang mit der Bilanz des Rentenkampfes der Gewerkschaftsverbände, für die die historische Mobilisierung gescheitert ist, weil Macron an der Macht war und die Arbeiter:innen nicht bereit waren, den Streik zu verallgemeinern9. Diese Idee ermöglicht es den Gewerkschaftsführungen, sich von ihrer Druckstrategie und ihrer Weigerung, einen verlängerbaren Streik gegen die Regierung aufzubauen, vollständig zu entfernen, da sie es vorzieht, die Einheit der Gewerkschaften hinter der CFDT (französischer Gewerkschaftsbund) zu bewahren, die durch einzelne, für die Macht akzeptable Tage erreicht werden konnte.

Die Haltung der Gewerkschaftsführungen in diesem Herbst kann das Gefühl der Unfähigkeit der Arbeiter:innenbewegung, die Situation zu überwinden, nur noch verstärken. Abgesehen von einigen Erklärungen versucht die CGT-Führung (französischer linker Gewerkschaftsbund) der politischen Krise auszuweichen, indem sie nach einem „politischen“ Ausrutscher, bei dem sie für die NFP bei den Parlamentswahlen kämpfte, zum routinemäßigen Gewerkschaftswesen zurückkehrt. Während Sophie Binet die Ernennung von Barnier verurteilte, verkörpert der 1. Oktober (Gewerkschaftsübergreifender Streik), dessen Forderungen sich auf Löhne, Renten oder öffentliche Dienstleistungen konzentrieren, eine begrenzte Orientierung, die von jeder Losung gegen den Autoritarismus von Macron und dem Regime losgelöst ist und dazu dient, sich für den sozialen Dialog verfügbar zu machen, anstatt ein Kräfteverhältnis aufzubauen10. Die Haltung der CGT, die anlässlich der Debatte mit dem MEDEF auf dem Fête de l’Huma bestätigt wurde, und ihre Bereitschaft, einen Dialog mit der Regierung Barnier zu führen, die einen austeritären Haushalt, Kürzungen im Gesundheitswesen und die Rückkehr zur Reform der Arbeitslosenversicherung vorbereitet, sind bezeichnend für den Willen, eine ernsthafte Konfrontation mit dem Regime zu vermeiden. Aussagen wie „wir sind jetzt in einer Situation der sozialen Eroberung“ dienen nur dazu, diese Politik hinter kämpferischen Phrasen zu verbergen11.

Diese doppelte Sackgasse bei den Wahlen und in der Gesellschaft bietet nicht nur keine Strategie, um die Gesamtheit der Probleme der Situation anzugehen, die nicht nur wirtschaftlicher, sondern auch politischer Natur sind, sondern überlässt die Lösung letztendlich den bürgerlichen Parteien in einem Moment der Blockade für das Regime und der Infragestellung der Politik der NFP. Die doppelte Sackgasse der politischen und gewerkschaftlichen Führungen der Linken muss breit diskutiert werden, da sie zukünftige Niederlagen vorbereitet, während die Fragilität des Regimes eine wichtige Gelegenheit darstellt, unsere Forderungen durchzusetzen. Trotz dieses großen Problems ist die Politisierung, die wir bei den Parlamentswahlen erlebt haben, noch lange nicht abgeklungen.

Eine andere Politik für die Arbeiter:innen, die Unterdrückten und die Jugend

Die Wut kam insbesondere am 7. September auf der Straße zum Ausdruck, als es zwar nicht zu einer Massendemonstration kam, die Beteiligung aber im Zusammenhang mit der Wut über die Ernennung von Barnier einen Anstieg verzeichnete. Während die Mobilisierung von der Frage geprägt war, wie man Macron entgegentreten kann, bietet die institutionelle Linke jedoch keine andere Antwort als ihre alten parlamentarischen Rezepte, die es schwer haben, über einen Kern des „linken Volkes“ hinaus zu vereinen. Trotz einer erweiterten Forderungsbasis12 ist der 21. September, der in enger Verbindung mit der LFI von Studentenorganisationen und Organisationen der sozialen Bewegung (Planning familial, ATTAC, Greenpeace, …) angeregt wurde, Teil dieser Kontinuität. In den letzten Tagen haben die Insoumis ihren Willen bekundet, daraus einen neuen Marsch zur Unterstützung des Amtsenthebungsverfahrens gegen Macron in der Nationalversammlung zu machen.

Während die Schwäche Barniers bereits deutlich in den Schwierigkeiten bei der Regierungsbildung zum Ausdruck kommt und die Krise zu beschleunigen droht, bleiben die vorgeschlagenen Perspektiven völlig hinter dem zurück, was auf dem Spiel steht. Um zu verhindern, dass die Krise des Regimes auf dem Rücken der Arbeiter:innen und der Bevölkerung ausgetragen wird, und um den bonapartistischen Schachzügen Einhalt zu gebieten, sollte auf die Mobilisierung der Arbeiter:innen, der Unterdrückten und der Jugend mit ihren eigenen Methoden gesetzt werden. Nur eine Massenbewegung kann die gegenwärtige Situation verändern, Forderungen durchsetzen und sich dem autoritären Kurs des Regimes widersetzen. Im Gegensatz zu dem, was die nationalen Gewerkschaftsführer in den letzten Wochen suggeriert haben, hat der Kampf um die Renten nicht gezeigt, dass ein Generalstreik unmöglich ist, sondern vielmehr, dass der Aufbau einer solchen Strategie eine ernsthafte Arbeit voraussetzt, bei der versucht wird, die Arbeiter:innen für ein offensives Programm zu mobilisieren und die Selbstorganisation zu entwickeln.

In einer Situation, in der die Krise des Regimes eine zentrale Rolle spielen wird, muss eine solche Mobilisierung eine Alternative zur Krise der Fünften Republik und der zunehmend autoritären Rolle des Präsidenten bieten, der allein entscheiden kann, eine völlig minoritäre Rechtsregierung zu ernennen. In der Kontinuität seines antidemokratischen Coups nach den Parlamentswahlen könnte die Forderung nach seinem Rücktritt eine enorme Vitalität erlangen. Im Gegensatz zu dem, was die LFI glauben machen will, indem sie ein zum Scheitern verurteiltes parlamentarisches Amtsenthebungsverfahren in den Mittelpunkt ihrer Strategie stellt, wird es möglich sein, dies mit den Methoden des Klassenkampfes zu erreichen. In diesem Sinne muss die Vorbereitung eines Plans, der in einem Generalstreik gipfelt, um Macron zu entmachten und unsere dringendsten Forderungen durchzusetzen, die Priorität der Massenbewegung sein.

Es wäre jedoch eine Sackgasse, Macron zum Rücktritt zu zwingen, nur um Platz für einen anderen Monarchen zu schaffen, der sich in den autoritären Präsidentialismus der Fünften Republik einfügen würde. Wodurch soll er also ersetzt werden? Seit 2017 haben wir gesehen, wie eng alle bonapartistischen Institutionen des Regimes, vom Verfassungsrat bis zum Senat, zusammenarbeiten, um die Forderungen der Arbeiter:innen und der unteren Klassen zu blockieren. Das Ziel sollte daher sein, das autoritäre Regime als Ganzes zu überwinden. Aus diesem Grund kann man sich nicht damit begnügen, eine „Sechste Republik“ zu fordern, wie es die LFI bei einigen Gelegenheiten getan hat. Ein solches Programm verspricht bestenfalls eine Rückkehr zu einem parlamentarischen Regime nach dem Vorbild der Dritten oder Vierten Republik. In einer Krisensituation wie der gegenwärtigen, in der angesichts von Kriegen, internationalen Spannungen und der ökologischen Krise die Entscheidungen der politischen Macht lebenswichtig sind, kann man sich nicht mit einer einfachen Wiederherstellung des Gleichgewichts der Institutionen begnügen, indem man den Senat oder die Präsidentenfigur bestehen lässt. Angesichts dieses zaghaften Programms sagen wir den Anhängern der „Bürgerrevolution“, dass sie, wenn sie wirklich wollen, dass die Volkssouveränität zum Ausdruck kommt, sich von der Verfassung von 1793 inspirieren lassen müssen, die in der Hitze der Radikalisierung der französischen Revolution entstand und die sie so gerne zitieren.

Dies bedeutet, dass die Macht in die Hände einer einzigen Versammlung gelegt werden muss, die Gesetze verabschiedet und regiert, ohne die Kontrolle durch einen Senat, einen Verfassungsrat oder den Präsidenten der Republik. Um die Privilegien der Politiker und die Unmöglichkeit ihrer Kontrolle zu beenden, sollten ihre Abgeordneten für zwei Jahre gewählt, mit einem Durchschnittsllohn bezahlt und jederzeit abwählbar sein. Als revolutionäre Kommunist:innen wissen wir, dass selbst die demokratischste bürgerliche Republik die zentralen Probleme der Bevölkerung nicht lösen wird, solange die Produktions- und Kommunikationsmittel in den Händen einer Minderheit von Großunternehmern liegen. Da die Mehrheit der Bevölkerung jedoch immer noch Erwartungen an das allgemeine Wahlrecht hat, wie der Sprung in der Wahlbeteiligung bei den als entscheidend angesehenen Parlamentswahlen gezeigt hat, würde eine einzige Versammlung die politische Bildung der Arbeiter und der Volksschichten beschleunigen und den Kampf für eine Arbeiterregierung erleichtern.

Auf der extremen Linken begnügen sich diejenigen, die unsere strategische Perspektive teilen, meist damit, die richtige, aber völlig abstrakte Notwendigkeit zu verteidigen, „sich auf unsere Kämpfe zu verlassen“, oder mit propagandistischen Beschwörungen, dass „die Arbeiter:innen die Gesellschaft regieren“, die ebenfalls richtig, aber machtlos sind. Sie bieten also keine Strategie oder Programm, um die konkrete Situation zu bewältigen, keine Brücke für die gegenwärtigen und zukünftigen Kämpfe. Leider werden revolutionäre Mobilisierungen der Massen und, mehr noch, die Sowjets (Räte) als Organ der Doppelherrschaft nicht vom Himmel fallen… Jede Politik der Enthaltung, die nicht versucht, der Situation entsprechende Perspektiven zu bieten und einen Dialog mit der Politisierung zu führen, macht das Feld frei für die Reformisten und ihr begrenztes Programm, das die Wut in einem Rahmen halten will, der für die herrschenden Klassen akzeptabel ist.

In einem Moment der Legitimitätskrise des Präsidenten der Republik, des Parlaments und der gesamten politischen Kaste müssen Revolutionäre stattdessen kühn an der kommenden Dynamik teilnehmen, indem sie versuchen, die sozialen Forderungen mit offensiven radikaldemokratischen Forderungen zu verbinden. Wir sind davon überzeugt, dass die Massen durch die Verteidigung eines solchen Programms mit den Methoden des Klassenkampfes der Schlussfolgerung näher kommen werden, dass eine Regierung derer, die noch nie regiert haben, eine Regierung der Arbeiter:innen, der Volksklassen und aller Unterdrückten, notwendig ist.

Dieser Artikel erschien zunächst am 29.08.2024 in unserer Schwesterzeitung Révolution Permanente. 

Fußnoten

  1. 1. Wie der Verfassungsrechtler Pierre Avril betont, drückten die Kohabitationen zwischen 1986 und 2002 „die Erschöpfung der Präsidentschaftswahlen aus, die nun nicht mehr in der Lage waren, eine dauerhafte Regierungsmehrheit zu bilden“ und gleichzeitig eine Tendenz zur „Neugewichtung der Macht zugunsten des Parlaments“.
  2. 2. Die Wahlen von 2007 und 2012 waren zwar von einer Tendenz zur Re-Bipolarisierung der Parteien des Regimes gekennzeichnet, die 2002 erschüttert worden war, aber diese Tendenz hat nur ihre tiefe Abnutzung verdeckt.
  3. 3. Die Idee der Einführung des Verhältniswahlrechts bei den Parlamentswahlen, die von Teilen der Macronie, der Rechten, aber auch von der RN, die republikanische Fronten gegen sich vermeiden will, unterstützt wird, ist Teil dieser Märchen. Die vorgeschlagene Minimalversion des Verhältniswahlrechts auf Departements- oder Regionalebene wäre jedoch keine demokratische Revolution in einem System, in dem das Parlament ohnehin unter der engen Kontrolle der Exekutive, des Senats und auch des Verfassungsrats bleibt. Während Jean-Éric Schoettl, ehemaliger Generalsekretär des Verfassungsrates, der Ansicht ist, dass eine solche Maßnahme „der letzte Nagel auf dem Sarg der Fünften Republik“ wäre, die auf starken Mehrheiten basiert und der Exekutive unterworfen ist, drückt das Interesse an dieser Maßnahme den Willen aus, „aus der Not eine Tugend zu machen“, indem die Unfähigkeit, eine echte Mehrheit zu bilden, akzeptiert wird und eine leichte Korrektur der Zersplitterung vorgeschlagen wird, in der Hoffnung, dass am Ende Koalitionen oder sogar eine neue „politische Kultur“ des Kompromisses entstehen werden.
  4. 4. Um Claude Serfati in L’Etat radicalisé zu zitieren. La France à l’ère de la mondialisation armée (Frankreich im Zeitalter der bewaffneten Globalisierung), La Fabrique, 2022.
  5. 5. Die Kraft zu regieren. Le pouvoir exécutif en France, XIXᵉ-XXIᵉ siècle, Gallimard, 2015.
  6. 6. Um De Gaulle zu zitieren, als er 1946 einen anderen großen Diener der französischen Bourgeoisie und ihres Staates, Georges Clémenceau, würdigte: „In dem Moment, in dem wir, ganz zerschunden und doch siegreich, unseren Weg inmitten einer zerrissenen Welt wieder aufnehmen, sehen wir besser als je zuvor, dass es für uns morgen nicht mehr Sicherheit, Freiheit und Effizienz geben kann als gestern, ohne die großen Disziplinen, die unter der Führung eines starken Staates, in der Glut eines versammelten Volkes akzeptiert wurden.“
  7. 7. Weniger aus Ablehnung von Fremdenfeindlichkeit als vielmehr in dem Versuch, die Integrität des Systems zu verteidigen und die Normalisierung der parlamentarischen Verfahren abzulehnen, die der Regierung die umfangreiche Überarbeitung von Gesetzestexten auferlegt. Siehe hierzu den Artikel von Joshua Cohn: „Einwanderungsgesetz. Der Verfassungsrat erklärt die Regierung zum Sieger und bestätigt einen rassistischen Text.
  8. 8. Dies ist die Logik, die Edouard Philippe mit seiner Kandidatur anstrebt, indem er erklärt, dass er „eine Form des Bruchs“ um ein Programm herum verkörpern will, das „massiv sein wird“. In der Vergangenheit verteidigte der ehemalige Premierminister die Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre oder sprach von der Notwendigkeit eines Ausnahmerechts für Muslime.
  9. 9. Eine irreführende Bilanz, die in diesem Herbst in Mediapart von der nationalen Leitung der CGT wiederholt wurde – „Am 7. März 2023 wurde in der entscheidenden Frage der Renten, zu der die Arbeitnehmer sehr mobilisiert waren und die sie direkt betrifft, dazu aufgerufen, den Generalstreik zu verallgemeinern, Frankreich zum Stillstand zu bringen. Es hat nicht funktioniert.“. – und Solidaires: „Der magische Knopf für einen Generalstreik existiert nicht. Wir haben versucht, ihn während der Rentenreform aufzubauen, aber wir haben es nicht geschafft. Wir müssen eine Mehrheit davon überzeugen, dass Streiks und Blockaden die Dinge voranbringen können.
  10. 10. In der Tat eröffnet das Vorgehen der Regierung gegen die NFP einen Raum für die Gewerkschaftsorganisationen, die als Ventil für die Diskussion der sozialen Fragen dienen könnten, die durch den Sieg der Linken bei den Parlamentswahlen aufgeworfen wurden. Raymond Soubie fasste es in Les Echos wie folgt zusammen: „Mit dem Sieg der NFP bei den Parlamentswahlen wurden die sozialen Fragen ganz oben auf den Stapel gelegt, angefangen mit dem Mindestlohn und den Renten, den gewerkschaftlichen Themen schlechthin. (…) Wer auch immer die zukünftige Regierung sein wird, wird „den Appell an die Sozialpartner nutzen, eine oder sogar mehrere Sozialkonferenzen organisieren und sie auffordern, mit ihnen einen Weg zu gehen“. Auch wenn die Wahl einer rechten Regierung bedeutet, dass diese Aussage ein wenig nuanciert werden muss, bleibt sie im Grunde genommen in ihrer Logik gültig.
  11. 11. Diese Logik ist in keiner Weise eine Alternative zur Politik der CFDT, die jedoch eine noch rechtslastigere Version dieser Logik annimmt, indem sie es regelrecht ablehnt, am 1. Oktober zu demonstrieren, und erklärt, dass „die demokratische Krise, die wir durchlaufen, trotz dieser Ernennung zu einer mehr oder weniger schweren Form der politischen Blockade führen wird“ und „in diesem Zusammenhang die Sozialpartner die Verantwortung haben werden, Kompromisse aufzubauen, die sozialen Fortschritt, ökologischen Wandel und wirtschaftliche Solidität miteinander verbinden“. Solidaires ihrerseits spielt weiterhin ihre Rolle als linker Bürge für eine ähnliche Strategie wie die CGT, indem sie in der Presse die Bilanz der gewerkschaftsübergreifenden Reform der Renten verteidigt und sogar dazu aufruft, sich davon inspirieren zu lassen, um die Politik der „Volksfront“ in diesem Herbst zu verlängern.
  12. 12. „Der Kampf um Löhne und Renten, Lebens- und Studienbedingungen, eine ‚würdige Aufnahme‘ der Immigration, ein ‚echter Plan zur Bekämpfung‘ von sexistischer und sexalisierter Gewalt oder auch die Rechte von Frauen und LGBT+-Personen.“

Mehr zum Thema