Frankreich: 150 Personen gründen Netzwerk für den Generalstreik
Letzten Donnerstag fand das zweite Treffen des Netzwerks für den Generalstreik statt. Die Teilnehmer:innen streben eine Blockade des ganzen Landes an und wollen verschiedene Initiativen zur Vorbereitung eines unbefristeten Streiks verbinden.
Am Donnerstag traf sich das Netzwerk Generalstreik in Frankreich mit 150 Personen. Im Vorfeld hatten am 28. Januar im Journal du Dimanche 300 Gewerkschafter:innen, Aktivist:innen und Persönlichkeiten einen offenen Brief unterzeichnet, in dem dazu aufgerufen wurde, überall, wo es möglich ist, verlängerbare Streiks vorzubereiten, also Streiks, die kontinuierlich von den Streikversammlungen verlängert werden können.
Das Ziel dieses Netzwerks: möglichst viele Gewerkschafter und Aktivisten für den Generalstreik zusammenzubringen, die Bemühungen der Streikenden zu unterstützen, sowie eine Politik zu verfolgen, welche die verlängerbaren Streiks, die nächste Woche beginnen werden, auf möglichst viele Sektoren ausweitet. „Wir müssen über alles informiert sein, was passiert, im öffentlichen Dienst, in der Privatwirtschaft, in allen Sektoren, von der SNCF bis zur Automobilindustrie“, sagte Franck Théry, Sekretär der CGT (Confédération générale du travail, Allgemeiner Gewerkschaftsbund).
Es waren viele verschiedene Branchen vertreten: Der Transportsektor (RATP, SNCF, Transdev, Flughafen Roissy und Orly, EasyJet, Geodis), die Metallindustrie (Sidel Le Havre, Stellantis Mulhouse und Hordain, Airbus, CIM Aéro, Subunternehmen der Luftfahrtindustrie), die Chemie und Petrochemie (Total Normandie, Carling, Grandpuits, Argedis und Chemie-Zulieferer), aber auch Beschäftigte aus dem Energiesektor, aus Kernkraftwerken, der Lebensmittelindustrie, dem Sozialwesen oder dem Öffentlichen Dienst (Lehrer:innen, Beschäftigte von Ministerien, Krankenhauspersonal und andere).
Schließlich waren auch Anwält:innen, antirassistische Kollektive, Künstler:innen und Intellektuelle anwesend. Insgesamt trafen sich rund 150 Gewerkschafter:innen, Studierende und Akteur:innen der laufenden Mobilisierung vor Ort in Paris und zugeschaltet aus ganz Frankreich.
Viele wollen das Land über den 7. März hinaus blockieren
Es gab ein starkes Bestreben in zahlreichen Betrieben das Land zu blockieren. Frédéric Bichot, Ko-Sekretär der UL (lokale Gewerkschaftssektion) von Harfleur (Seine-Maritime) und Gewerkschafter beim Subunternehmen SPIE HNO, erklärte zu Beginn des Treffens: „Das Ziel für den 7. März ist klar: das Land mit einem verlängerbaren Streik blockieren. Wir haben die ganze Woche über Redebeiträge in den Subunternehmen gehalten. Es ist nicht immer einfach, die Arbeiter:innen der Subunternehmen zu mobilisieren, aber es beginnt zu funktionieren, und ich habe die Outgesourcten schon lange nicht mehr so geeint gesehen. Wir haben keine Wahl, da wir auf harte Auseinandersetzungen zusteuern. Wenn wir am 7. März rausgehen, dann für etwas Ernsthaftes, und wenn wir Tag und Nacht auf Blockaden aufrechterhalten müssen, dann werden wir das tun!“
In vielen ähnlichen Redebeiträgen wurden die Vorbereitungen für den 7. März in verschiedenen Sektoren detailliert beschrieben, was den Willen zeigte, nicht nur Aktionen für die bereits mobilisierten Streikenden vorzuschlagen, sondern die gesamte Wirtschaft zu blockieren.
So erklärte Thierry Defresnes von der CGT Total: „Normalerweise gibt es in den Chemie- und Ölfirmen immer diejenigen, die zum Streik bereit sind, und diejenigen, die sich eher zurückhalten, weil die gewerkschaftliche Präsenz zu schwach ist, sodass es schwer ist, gut zu mobilisieren. Heute verhält es sich ganz anders: Alle Unternehmen sind in Aktion und bereiten verlängerbare Streiks nach unterschiedlichen Modellen vor. Wir alle kennen unsere Arbeitsmittel und haben alle Strategien entwickelt, um die Produktion so weit wie möglich zu stören“.
Zahlreiche Aktionen wurden vorgeschlagen: eine Versammlung im Hafengebiet von Gennevilliers in der Nähe von Paris, eine Demonstration am Flughafen Roissy Charles de Gaulle am 7. März morgens, eine Blockade des Industriegebiets von Le Havre oder eine Blockade der Chemieplattform von Total/Arkéma in Saint-Avold.
„Löhne, Arbeitsbedingungen, Renten: Alles ist miteinander verbunden“
Diese Initiativen werden nicht nur von dem Ziel angetrieben, die entstehende Bewegung zu verstärken, sondern auch die Forderungen zu vereinen, indem zum Beispiel die Lohnfrage einbezogen wird. „Die Jungs haben verstanden, dass die Löhne, die Arbeitsbedingungen und die Renten alle miteinander verbunden sind! Wir müssen auch um die allgemeinen Lohnerhöhungen kämpfen“, sagte Franck Théry.
Nordine Kebbache, der bei Transdev am Flughafen Roissy arbeitet, wo die Mitarbeiter:innen bereits für einen 48-stündigen verlängerbaren Streik gestimmt hatten, schloss sich dieser Meinung an: „In meiner Firma haben wir für die Notwendigkeit einer Rente mit 60 Jahren und vor allem für eine Lohnerhöhung von 300 Euro für alle Mitarbeiter:innen gestimmt“. Bei Total wurde die Bindung der Löhne an die Inflation gefordert: „Unsere belgischen Kollegen, die von einer Bindung der Löhne an die Inflation profitieren, haben eine Lohnerhöhung von 12 Prozent erhalten, während wir nach einem riesigen Streik nur 5 Prozent bekommen haben. Wir müssen die Bindung der Löhne an die Inflation fordern“, erklärte ein Raffineriearbeiter.
Da viele Streiks aufgrund der Lohnfrage ausbrechen, gaben Teilnehmer:innen Beispiele dafür, wie die beiden Fragen in einigen Streiks miteinander verbunden sind, etwa bei den Fluglots:innen in Le Bourget, die seit drei Monaten streiken. Eine Bewegung, bei der die Streikenden „die Verbindung zwischen Löhnen, Arbeitsbedingungen und Renten in Stein gemeißelt haben. Man muss alle Fragen miteinander verbinden“, erklärte Anasse Kazib.
Neben der Lohnfrage ging es auch um die Notwendigkeit, die Forderungen auf alle Beschäftigten, einschließlich der migrantischen ohne gültige Ausweis- und Arbeitspapiere, auszuweiten: „Eingewanderte und passlose Migrant:innen leben, arbeiten und zahlen hier Beiträge. Alle schmutzigen Arbeiten, die in Frankreich gemacht werden, werden von Migrant:innen erledigt. Am 7. werden wir auch auf die Straße gehen, denn wenn du keine Papiere hast, bekommst du keine Rente. Wir brauchen Regelungen für alle Menschen ohne gültige Pässe“, sagte Mariama Sidibé vom Kollektiv Sans-Papiers 75. In einer Situation, in der die Regierung beschlossen hat, ein neues Asyl- und Einwanderungsgesetz umzusetzen, ist es notwendig, eine Front mit den prekärsten aller Beschäftigten zu bilden. Das Netzwerk rief in diesem Sinne zur Teilnahme an den Demonstrationen am 4. März und am 25. März gegen eben dieses Gesetz auf.
Ein Netzwerk um die verlängerbaren Streiks auszuweiten
Um von diesen Forderungen und dem verlängerbaren Streik zu überzeugen, versuchte das Netzwerk Generalstreik, wo immer es konnte, sogenannte „marschierende Streiks“ zu organisieren, das heißt die am stärksten mobilisierten Sektoren mit Bereichen zusammenzubringen, in denen der Streik schwieriger ist, um die Bewegung zu verallgemeinern.
So kamen beispielsweise am Flughafen Roissy Lehrer:innen aus dem Val d’Oise den Gewerkschafter:innen in der Gegend zu Hilfe, um in drei Tagen fast 12.000 Flugblätter an die Beschäftigten des Flughafens zu verteilen. „Wir haben eine Wette abgeschlossen, weil wir zu einem riesigen Lebensmittelkonzern gehören: Wir wollten alle Kolleg:innen in den anderen Betrieben des Konzerns treffen und versuchen, die Tradition des Kampfes, die wir bei uns haben, in diese Unternehmen zu tragen, in denen es weder Streiks noch Gewerkschaften gibt“, erklärte Christian Porta, Gewerkschaftsmitglied bei der Großbäckerei Neuhauser im Département Moselle.
In die gleiche Kerbe schlug Jocelyne Clément, Mitglied der branchenübergreifenden Kampf-AG GIGM im Departement 77, als sie erklärte, wie diese AG sich mit einer AG von 400 Beschäftigten von Safran sowie einer AG von Transdev-Beschäftigten getroffen hatte, um sie von einem verlängerbaren Streik zu überzeugen.
Das Netzwerk befindet sich derzeit noch im Aufbau, soll aber nach Ansicht der Teilnehmer:innen erweitert werden, um neue Sektoren und Regionen zu erreichen, durch eine lokale Vernetzung über die branchenübergreifenden AGs oder lokale AGs des Netzwerks, aber auch um ab dem 7. Juli die verschiedenen Sektoren zu koordinieren, die in den verlängerbaren Streik eintreten werden.
In diesem Sinne sagte Mathieu Relin, Eisenbahner und Mitglied der Gewerkschaft Sud Rail in Mulhouse: „Wenn wir eine große Arbeit leisten und uns in ganz Frankreich organisieren, können wir eine Rolle bei der Koordinierung all dieser Initiativen vor Ort spielen. Das kann uns ermöglichen, eine Stimme zu sein, die einen Plan B vorschlägt, wenn die Gewerkschaftsführungen uns sagen, dass wir nach Hause gehen sollen. Wir müssen sagen können: Wir machen weiter; es liegt an den Streikenden, über das Ende oder die Fortsetzung des Streiks abzustimmen“.
Diese Logik wurde auch in anderen Redebeiträgen geteilt: Während die Position der Gewerkschaftsverbünde für die Zeit nach dem 7. März noch ungewiss ist, betonten viele Gewerkschafter:innen die Notwendigkeit, dass die Gewerkschaftsführungen klar zu einem verlängerbaren Streik aufrufen, aber auch, dass sie in ihre Forderungen die Lohnfrage aufnehmen, die viel zu sehr ausgeklammert wird.
Schließlich beschloss das Netzwerk einen Fahrplan, um den verlängerbaren Streik bis zum 7. März weiter aufzubauen. Zunächst wurde beschlossen, eine Petition zu starten, um die Gewerkschaftsverbünde dazu aufzufordern, Lohnerhöhungen und ihre Anpassung an die Inflation, also die Lohnfrage insgesamt in die Forderungen aufzunehmen.
Außerdem wurde der Start einer vom Netzwerk initiierten Kampagne zur Verknüpfung von Renten und Löhnen mit Postern und Flugblättern beschlossen. Die Teilnehmer:innen des Treffens in der Region Ile-de-France beschlossen außerdem die Teilnahme am Marsch der Solidarität am Samstag, den 4. März, sowie den Aufruf zum feministischen Streik am 8. März im ganzen Land.