Feuer ohne Pause: Es geht genauso weiter, wie es angefangen hat
Während der Feuerpause in Gaza wurden laut Middle East Eye mindestens fünf Menschen getötet. Teile der Westbank und das Geflüchtetenlager in Jenin wurden angegriffen. Noch in der Nacht zum Ende der Feuerpause setzte Israel seine Angriffe fort, sowohl im Norden, als auch im Süden.
Das Erwartete ist eingetroffen und die Bombardements Israels nach der Feuerpause haben sofort wieder begonnen. Im Norden und Süden Gazas wurden Zivilist:innen, Flüchtende und hunderte Ziele von Bodentruppen beschossen und aus der Luft bombardiert. Laut Al Jazeera sind es bereits über 700 weitere Tote seit Ende der Feuerpause.
Doch schon in der siebentägigen Feuerpause wurden Gaza, die Westbank und das Jenin Refugee Camp angegriffen – mit mehreren Toten. Ein Jugendlicher wurde vor dem Ofer-Gefängnis getötet. In der Nähe von Ramot wurden zwei Menschen getötet und mindestens acht weitere verletzt. Auch im Jenin Refugee Camp wurden Dutzende Geflüchtete bei Raids der IDF innerhalb der Feuerpause verletzt. Zwei weitere Jugendliche wurden dort nach einer kurzen Jagd von der IDF auf offener Straße erschossen – vor laufender Kamera. Menschen, die zurück in ihre Häuser oder zu ihren Angehörigen in den Norden Gazas wollten, wurden davon abgehalten und mit Schüssen in die Luft bedroht. Die Bergung eines Leichnam an einer Moschee in Rafah wurde von IDF-Soldaten mit Warnschüssen unterbrochen.
Bei den Angriffen nach der Feuerpause befanden sich sowohl der Norden als auch der Süden Gazas unter andauerndem Beschuss und Bombardements. Dabei sollten die Menschen in den Süden fliehen. Aber wie schon zuvor, sind sie auch dort nicht sicher. Die Grenze zu Ägypten ist weiterhin geschlossen, Jordanien darf keine Hilfsgüter über die Westbank liefern und im Geflüchtetenlager in Jenin herrscht enorme Wasserknappheit – Menschen trinken mittlerweile schon Abwasser. Gleichzeitig haben die Menschen dort auch noch mit bitterkalten Minusgraden zu kämpfen. Durch die vielen Angriffe in den letzten Tagen sind viele Zelte bereits beschädigt, lassen Wasser und Schnee durch und sind nicht mehr windfest. Die Anzahl der Kranken und Toten wird aller Voraussicht nach über die Wintermonate rasant steigen.
Feuerpause reicht nicht – der Genozid muss sofort enden
Diese Feuerpause hat einiges verdeutlicht und klargestellt. Erstens haben die israelische Regierung, ihr Militär und die bewaffneten Siedler:innen kein Interesse am Ende des Genozids, sondern wollen ihn ganz im Gegenteil so schnell wie möglich vorantreiben und zu Ende führen – zur kompletten Auslöschung und Vertreibung des palästinensischen Volkes. Zweitens bedeuten weder eine Feuerpause noch ein Waffenstillstand, dass sich die beteiligten Parteien auch wirklich daran halten werden. Israel zeigt es beispielhaft vor. Und drittens wurde uns allen deutlich gemacht, wo die Prioritäten Deutschlands und der USA liegen: Sie lehnen einen Waffenstillstand vehement ab. Laut Olaf Scholz tut Israel angeblich alles, um sich selbst zu schützen und nichts davon könne gegen das Völkerrecht verstoßen, weil … das wäre ja gegen das Völkerrecht und ein angeblich demokratisches Land wie Israel würde sowas ja niemals tun, oder? Die bedingungslose Solidarität wird uns wieder und wieder vor Augen geführt. Baerbocks „feministische Außenpolitik“ verliert kein Wort über die über 10.000 toten Frauen und Kinder, die allein seit dem 7. Oktober durch Israel ermordet wurden.
Ein Waffenstillstand ist eine nachvollziehbare Forderung der Bevölkerung und der pro-palästinensischen Menschen weltweit. Jede Bestrebung, von der israelischen Armee zu fordern, sich vollständig aus dem Gazastreifen zurückzuziehen und das Bombardement zu stoppen ist vollständig zu unterstützen. Jedoch ist es auch notwendig, das Ende des Genozids und der Nakba als Ziel zu setzen. Die Siedlungspolitik, die Vertreibung, die Inhaftierung und die Ermordung von Palästinenser:innen haben auch schon vor dem 7. Oktober stattgefunden und werden auch mit einer Waffenruhe weitergeführt. Im allerbesten Fall wird sie die jetzigen Annektions- und Siedlungspläne Israels auf eine diplomatische Ebene verlagern, wo zwar nicht gemordet, aber dennoch weiter systematische Vertrieben wird, um israelische Siedlungen zu schaffen. Selbst die Hamas oder die PLO streben keine tatsächliche Befreiung Palästinas mehr an, sondern arbeiten auf eine Zwei-Staaten-Lösung hin. Eine solche Lösung wird jedoch niemals die tatsächliche Befreiung des palästinensischen Volkes herbeiführen, denn die Existenz Israels basiert auf der Unterdrückung palästinensischen Lebens. Sie basiert auf wirtschaftlichen und militärischen Bündnissen mit den USA und Deutschland. Und um diese Bündnisse für alle Seiten profitabel halten zu können, werden sie niemals aufhören, Krieg gegen Palästina zu führen – solange, bis es kein Palästina mehr gibt. Selbst danach ist eine Ausweitung der imperialistischen Pläne der USA und Deutschlands zu erwarten, mit bereits laufenden kriegsprovizierenden Angriffen gegen den Libanon und Syrien.
Unsere Rolle in Deutschland
Der Krieg geht nun weiter und die Ereignisse werden sich von Tag zu Tag überschlagen. Unsere Aufgabe in Deutschland muss sein, den deutschen Imperialismus zu bekämpfen und in seinen Grundfesten zu zerschmettern. Wir Arbeiter:innen müssen die Rüstungsfabriken besetzen, die Waffenlieferungen an den Häfen, Flughäfen und Bahnhöfen blockieren, wie es antizionistische Arbeiter:innen in Genua vormachen. Um den Imperialismus herauszufordern, müssen wir unsere Gewerkschaften für die Sache Palästinas gewinnen, da sie die Kernindustrien, auf denen die Macht des Imperialismus beruht, angreifen können. In den USA gibt es dabei gute Fortschritte, denn die UAW (United Auto Workers) hat letzten Freitag ein Statement veröffentlicht, das sich vom hegemonialen, imperialistischen Diskurs der pro-zionistischen US-Regierung abgrenzt. Dabei gibt die Führung der Gewerkschaft mit ihrer zentralen Forderung nach einem Waffenstillstand denjenigen etlichen Mitgliedern nach, die in den letzten Wochen unermüdlich gegen den Genozid in Gaza mobilisierten und Druck auf die Bürokratie ausübten. Das Beispiel zeigt, dass es möglich ist, die Gewerkschaften von ihrer pro-israelischen Position abzubringen, was uns als Arbeiter:innen in einem nächsten Schritt noch mehr Handlungsspielraum geben kann. Auch wenn die UAW-Führung noch nicht weitergehende Forderungen wie den Stopp von Waffenlieferungen nach Israel übernimmt, sind migrantische und unter ihnen vor allem palästinensische Arbeiter:innen im Sektor der UAW durch die Kursanpassung besser vor Entlassungen geschützt, wenn sie sich zur palästinensischen Frage äußern. Dieses antibürokratische Vorgehen müssen wir auch in den deutschen Gewerkschaften kultivieren, denn ohne eine Opposition der Gewerkschaften zum Kurs der Ampelregierung wird der Imperialismus nicht ins Wanken geraten.
Als Studierende müssen wir auch die kriegswissenschaftlichen Strukturen an unseren Universitäten blockieren, wie es antizionistische Student:innen in Neapel getan haben. Wir haben die Kraft, dem deutschen Imperialismus einen massiven Schlag zu versetzen, von dem er sich nicht mehr erholen kann.
Wir müssen weiter die Straßen einnehmen, unsere Stimmen müssen weiter durch das ganze Land hallen. Wir müssen alle Zionist:innen in Deutschland mit unserer Stimme und mit unserer Politik übertönen. Wir müssen das gemeinsam tun – denn nur gemeinsam schaffen wir es, uns gegen den deutschen Imperialismus zu stellen. Wir brauchen Bündnisse und Komitees, um organisiert zu handeln und zu planen. Um uns bestmöglich vor Repression zu schützen, uns gegenseitig den Rücken zu stärken und um gemeinsam die Straßen zum Beben zu bringen. Lasst uns den Menschen in Palästina helfen, indem wir dafür sorgen, dass Israel die Waffen und Mittel fehlen, diesen Krieg noch weiterzuführen. Für eine tatsächliche Befreiung des palästinensischen Volkes, für ein freies und sozialistisches Palästina!
„Du interessierst Dich vielleicht nicht für den Krieg, aber der Krieg interessiert sich für Dich.“ – Leo Trotzki