Femizide sind keine Einzelfälle
In Wien wurden am Freitag die Leichen von fünf Frauen gefunden, von denen drei mutmaßlich von einem 27-Jährigen erstochen wurden. Das ist kein Einzelfall, sondern ein abscheulicher Ausdruck struktureller Unterdrückung von Frauen. Auch in Deutschland wurde letzte Woche ein weiterer Femizid aufgedeckt.
Am vergangenen Freitag erstach ein junger Mann drei Sexarbeiterinnen in einem Wiener Bordell. Am gleichen Tag fand die Polizei die Leichen einer Mutter und ihrer Tochter in ihrer Wohnung, bisher ohne eine verdächtige Person zu präsentieren. Die fünf toten Frauen markieren einen schrecklichen Höhepunkt geschlechtsspezifischer Gewalt für die österreichische Hauptstadt.
Eine Woche zuvor wurde in Gillrath die Leiche der vor sieben Jahren verschwundenen Dorota G. von der Polizei im neuen Haus ihres Ehemanns entdeckt. Die damals 41-jährige Frau wurde 2016 von ihm selbst als vermisst gemeldet und er zwar verdächtigt, jedoch konnten keine ausreichenden Beweise gefunden werden. Kurz nach dem Verschwinden Dorotas hatte die Polizei bei der Durchsuchung des gemeinsamen Hauses Materialien und Werkzeuge für die Zerteilung und den Transport eines Körpers gefunden und die eingesetzten Leichenspürhunde schlugen mehrfach an, allerdings reichten die Indizien nicht aus, um den Ehemann zu verurteilen.
Nun fiel den Ermittler:innen auf, dass der Verdächtigte trotz Geldproblemen zwei Häuser angemietet hatte und bei der folgenden Durchsuchung wurde der grausame Fund gemacht.
Kurz vor ihrem Verschwinden hatte die Ermordete sich von ihrem Ehemann trennen wollen und noch mit ihrem neuen Freund gechattet. Dann brach der Kontakt ab.
Die Grausamkeit hat System
Allein dieses Jahr gab es bereits 17 Femizide in Deutschland. Die Zahl der Femizide ist international seit Jahren kontinuierlich hoch. Die grausame Tat in Wien am Freitag ist eine weitere Spitze des Eisbergs.
Während Anteilnahme und Bestürzung den öffentlichen Diskurs dominieren, wird darüber geschwiegen, dass Verbrechen gegen Frauen keine mysteriösen Einzeltaten sind, sondern einen strukturellen Zusammenhang haben. Wir leben immer noch in einer patriarchalen Gesellschaft, in der viele Frauen weniger Geld für die gleiche Arbeit bekommen, jeden Tag mit der Angst vor Übergriffen leben müssen und dazu erzogen und gezwungen werden, unbezahlte Reproduktions-, Haus-, Sorge- und Erziehungsarbeit zu leisten. Sie sind damit finanziell meist von ihrem Partner abhängig und können sich nur unter großen Anstrengungen und Gefahren aus den Zwängen dieser Umstände befreien. Diese strukturelle Unterdrückung fördert die Vorstellung, dass ihr Leben und Körper weniger wert sein. Weltweit können wir beobachten, wie sich die “Einzelfälle” von “eifersüchtigen und gekränkten” Männern aneinanderreihen. Mord ist das letzte Mittel, anderen den wirtschaftlichen Vorteil vorzuenthalten, den die unbezahlte Arbeit der (Ehe)Frau einem Mann bietet.
Parlamentarismus ist keine Lösung
Bisher konnte die EU sich nicht auf eine gemeinsame Verpflichtung gegen sexualisierte und häusliche Gewalt an Frauen einigen. Nun war das Parlament doch endlich so fortschrittlich, in einer Richtlinie beispielsweise bei weiblichen Genitalverstümmelungen eine Mindeststrafe festzulegen. Zuvor hatte unter anderem der deutsche FDP-Justizminister Marco Buschmann sogar dies lange mit dem Argument fehlender rechtlicher Grundlage blockiert.
Gleichzeitig versucht die deutsche Bundesregierung ihren militärischen Interventionen im Ausland mit dem Kampf für die Rechte der Frauen in aller Welt einen feministischen Anstrich zu verleihen. Dass dies nur vorgeschoben ist, zeigt sich am Beispiel der Zusammenarbeit mit der türkischen Regierung, die die kurdischen Gebiete mit einer fortschrittlichen feministischen Bewegung seit Jahren unbehelligt angreifen darf, während sie selbst 2021 aus der Istanbul-Konvention zum Schutz von Frauen vor Gewalt ausgetreten sind und die Zahl der Femizide in der Türkei steigt.
Wir brauchen eine feministische, sozialistische Antwort
Der kapitalistische Staat ist nicht daran interessiert, diese Ungerechtigkeit zu unterbinden. Er verteidigt die bestehenden Besitzverhältnisse und setzt die Interessen der Besitzenden durch. Deshalb können wir uns im feministischen Kampf nicht auf den bürgerlichen Staat und seine Instrumente verlassen. Wir müssen uns stattdessen unabhängig und selbstständig revolutionär organisieren, denn die Befreiung der unterdrückten Frauen, Queers und die des Proletariats gehen Hand in Hand. Lasst uns die Wut am 08. März gemeinsam zum internationalen feministischen Kampftag auf die Straße tragen!