Feministinnen für Clinton?

20.02.2016, Lesezeit 5 Min.
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Die ehemalige Außenministerin Hillary Clinton könnte erste US-Präsidentin werden. Junge Frauen sind jedoch alles andere als begeistert.

Sollten Frauen grundsätzlich für Frauen stimmen? Madeleine Albright ist dafür. Die 78jährige war Ende der 90er Jahre Außenministerin der USA – als erste Frau in diesem Amt. Heute macht sie Wahlkampf, damit eine Frau Präsidentin wird. Hillary Clinton, bis 2013 ebenfalls Außenministerin, bewirbt sich um die Kandidatur bei den Demokraten.

„Es gibt einen besonderen Platz in der Hölle für Frauen, die sich nicht gegenseitig unterstützen“, rief Albright kürzlich auf der Bühne neben Clinton. Doch die Vorwahlen laufen nicht wie erwartet. Vor allem junge Frauen verweigern der Aspirantin die Unterstützung.

Im kleinen Bundesstaat New Hampshire am 9. Februar gewann der „demokratische Sozialist“ Bernie Sanders fast 60 Prozent der Stimmen. Der 74jährige, der keine Spenden von Großkonzernen annimmt, behauptet sich erstaunlich souverän gegen die mit der Elite gut vernetzte Clinton. Auch bei den Vorwahlen in Iowa am 1. Februar hatte er nur 0,3 Prozentpunkte hinter der Frau gelegen, die lange Zeit als selbstverständliche Kandidatin ihrer Partei galt.

Bemerkenswert: In New Hampshire haben auch 55 Prozent der Frauen für Sanders gestimmt. Und je jünger, desto Sanders-begeisterter: Bei den unter 45jährigen Demokratinnen waren es fast 70, bei den unter 30jährigen fast 80 Prozent.

Sanders fordert eine „politische Revolution gegen die Klasse der Milliardär*innen. Unter anderem plädiert er für ein staatliches Gesundheitssystem und für ein kostenloses Studium. Bei jungen Menschen, die sich für den Hochschulbesuch auf Jahrzehnte verschulden müssen, lösen solche Pläne Begeisterung aus.

Im Vergleich zu 2008, als sie bei den demokratischen Vorwahlen gegen Barack Obama verlor, macht Clinton gegenwärtig viel mehr Kampagnen mit Feministinnen. Sie tritt mit der Sängerin Katy Perry oder der Schauspielerin Lena Dunham im Fernsehen auf. Auch Gloria Steinem, Ikone der zweiten Welle der Frauenbewegung in den USA, engagiert sich für die Kandidatin. Die 81jährige wurde 1963 mit einer Undercover-Reportage als „Bunny“ in den Playboy-Häusern berühmt. Später gründete sie die Zeitschrift Ms. Doch links oder radikal war sie nie: In ihrer Jugend soll sie im Auftrag der CIA bei den Weltfestspielen in Wien im Jahr 1959 für den Kapitalismus agitiert haben.

„Männer werden mit dem Alter konservativer, weil sie an Macht gewinnen“, argumentierte Steinem vor den Vorwahlen in New Hampshire. „Frauen dagegen werden radikaler, weil sie an Macht verlieren.“ Dabei leiden Politikerinnen wie Clinton und Albright keineswegs unter Machtverlust. Besonders Clinton bekommt Millionen vom Großkapital für ihren Wahlkampf und ihre Stiftung.

In der Talkshow von Bill Maher wurde Steinem kürzlich gefragt, warum so viele junge Frauen nicht Clinton, sondern Sanders unterstützen. Ihre Theorie: „Wenn man jung ist, fragt man sich: ‚Wo sind die Jungs?‘ Und die Jungs sind bei Bernie.“

Am nächsten Tag zog sie diese Aussage via Facebook zurück. Dennoch erntete die bürgerliche Feministin heftige Kritik dafür, dass sie gegenüber jungen Frauen wie selbstverständlich auf sexistische Klischees zurückgegriffen hat, indem sie sie als politisch unselbständig und nur an den „Jungs“ orientiert diffamierte.

Dabei können viele junge Wählerinnen ihr Votum für Sanders gut begründen. Das Musikmagazin Rolling Stone zitierte zum Beispiel die 19jährige Aiyha Abdelbagi, für die seine Kommentare zur Relevanz der maßgeblich von Frauen getragenen Bewegung „Black Lives Matter“ ausschlaggebend waren. Und Taryn Hogarth überzeugte an dem Kandidaten, dass er das Justizsystem reformieren wolle. Sie sähe zwar gern eine Frau als Präsidentin, aber es müsse „die richtige“ sein, sagte die 22jährige gegenüber USA Today.

Auf ähnlicher Weise hatte Alice Schwarzer 2005 zur Wahl von Angela Merkel aufgerufen. Dieser bürgerliche Feminismus beschränkt sich darauf, einzelne Frauen in Machtpositionen heben zu wollen. Die große Masse arbeitender Frauen bleibt für diese wohlhabenden Feministinnen unsichtbar. Denn Clinton, genauso wie Merkel, stehen für Prekarisierung, Armut und Krieg.  Ihr Name ist unter anderem mit der Abschaffung der Sozialhilfe in den 90er Jahren verbunden, die Millionen alleinerziehender Mütter in Armut stürzte. Aber selbst eine linke Feministin wie die Britin Laurie Penny, die Clinton kritisiert, schreibt, sie unterstütze sowohl sie als auch ihren Gegner Sanders.

Allerdings ist letzterer seiner Konkurrentin in vielen Punkten nicht unähnlich. Beide plädierten für die Angriffskriege gegen Jugoslawien und Afghanistan. Und beide beziehen sich positiv auf das Erbe von Barack Obama, unter dessen Ägide mehr Menschen abgeschoben wurden als unter allen vorherigen Präsidenten zusammen. Eine wirklich feministische Politik in den USA ist nur gegen die Demokratische Partei durchführbar.

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