Feminismus und westliche Islamophobie
Der „Kampf der Kulturen“ spiegelt sich auch im Feminismus wider. Arabische Frauen werden oft exotisiert und sind rassistischen Vorurteilen des „Orientalismus“ ausgesetzt. „Höhere westliche Werte“ könnten die „unterwürfigen und passiven Frauen“ angeblich befreien. In dieser falschen Gegenüberstellung werden die Kämpfe von Frauen aus den kolonialen und halbkolonialen Ländern verheimlicht. Stattdessen wird eine eurozentristische Verallgemeinerung „der Anderen“ erzeugt.
Dadurch wird die Behauptung einer falschen Überlegenheit oder eines Fortschritts verbreitet, der mit dem Westen verbunden sei. Als hätte die Mehrheit der arabischen, muslimischen, afrikanischen oder lateinamerikanischen, armen oder arbeitenden Frauen, die in Europa oder den USA leben, nicht unter Geschlechterunterdrückung, Lohnungleichheit, Prekarisierung und Frauenmord zu leiden… auch wenn sie in „westlichen und christlichen“ Gesellschaften leben und geboren wurden.
Doch die arabischen und muslimischen Frauen haben die spezifische historische und soziale Realität, auf der ihre Unterdrückung beruht, erkannt – ebenso wie die allgemeinen Probleme ihrer Klassenschwestern, wie harte Arbeitsbedingungen, ungleiche politische und soziale Rechte, sexueller Missbrauch und Gewalt.
Die verschiedenen Kampfstrategien der „Frauen des Harems“
Der Geschichte der muslimischen und arabischen Frauen hat bewiesen, dass sie die Grenzen des Bildes der „Frauen des Harems“ überwunden haben. Sie haben die Art ihrer Unterdrückung erkannt genauso wie die Strategie für die Befreiung von den doppelten Ketten: von der Unterdrückung durch die einheimischen Mächte und die westliche Kolonialmacht der imperialistischen Staaten.
Die feministische Bewegung und die muslimischen und arabischen Frauen haben für eine große Anzahl an Rechten gekämpft. Sie traten für das Frauenwahlrecht ein, für politische Beteiligung, für die Gleichheit der Arbeits- und Ausbildungsbedingungen, für verschiedenste Forderungen in Bezug auf die Polygamie (die nur für die Männer existiert und die Frauen gefährdet), für die Einschränkung des totalen Rechtes der Männer auf Scheidung und für die Erhöhung des Hochzeitsalters von Mädchen.
Die marxistische Feministin Nawal al Saadawi1 aus Ägypten ist Psychiaterin und Schriftstellerin. Sie erzählt, wie sich die Frauen zu Beginn des 20. Jahrhunderts in die industrielle ArbeiterInnenbewegung Ägyptens eingliederten. Sie waren die ersten, die die Fabriken für Forderungen wie die Verringerung der Arbeitszeit und einen geregelten Mutterschutzurlaub bestreikten und besetzten. Viele mussten ihre Schwangerschaft verheimlichen, um nicht gefeuert zu werden, oder mussten mit gefährlichen Abtreibungspraktiken ihr Leben aufs Spiel setzen.2 Diese Situation ist denen der spanischen Frauen unter der Franco-Diktatur nicht unähnlich.
Das Aufkommen von Schriftstellerinnen war sehr wichtig, da sie die Unterdrückung der Frauen schildern und erste Vorstellungen der Befreiung liefern konnten. Ein Beispiel hierfür ist Hafni Nassif aus Ägypten, die für den Bildungszugang von Mädchen kämpfte und in der Presse über Scheidung, Hochzeit oder das Zusammentreffen von Frauen schrieb. Eine andere wichtige Figur war May Ziada, eine der ersten ägyptischen Schriftstellerinnen. Sie gründete zwischen 1915 und 1916 einen Literatursalon in Kairo, wo die Forderungen der Frauen gemeinsam mit Männern diskutiert wurden. Sie wurde von ihrer Familie verstoßen und aufgrund niemals nachgewiesener mentaler Probleme eingesperrt.3
Die feministische Historikerin Mary Nash erklärt wie „die Frauen viele Mittel und Strategien einsetzten, um ihre eigenen Rechte ebenso wie die nationale Befreiung zu erlangen, vor, während und nach den Dekolonialisierungsprozessen“.4 So spielten sie in Ägypten, Tunesien, Marokko und Algerien eine wichtige Rolle in diesen Prozessen. Nawal al Saadawi berichtet, wie bei Demonstrationen von Frauen Telegraphenmasten zerstört und Zugschienen sabotiert wurden, um das Durchkommen der britischen Truppen während der Proteste von 1919 zu verhindern. Andere versuchten, die Gefängnisse zu stürmen, in denen die AnführerInnen der Bewegung festsaßen. Hunderte Frauen wurden dafür umgebracht.5
Die bekannte Feministin Fatima Mernissi6 stellt nicht nur die einheimischen Herrschenden in Frage, sondern auch einen Teil des westlichen Feminismus, der die Kraft der arabischen Frauen unterbewertet:
„Wenn ich eine westliche Feministin treffe, die glaubt, dass ich ihr für meine Entwicklung im Feminismus dankbar sein muss, dann zweifele ich zwar nicht an der Zukunft der internationalen Solidarität der Frauen, aber ich zweifele an der Fähigkeit des westlichen Feminismus, soziale Bewegungen aufzubauen, die in der Lage sind, einen strukturellen Wandel in den Zentren ihres eigenen industriellen Imperiums herbeizuführen. Eine Frau, die sich als feministisch bezeichnet, weil sie sich ihrer Situation bewusst geworden ist, sollte sich fragen, ob sie dies mit Frauen aus anderen sozialen Klassen ihrer eigenen Kultur teilt, anstatt sich überlegen zu fühlen gegenüber Frauen aus anderen Kulturen.“7
Diese Autorin erklärt den arabischen Feminismus anhand ihrer eigenen Erfahrung und berichtet, dass „der Widerstand der arabischen Frauen ein eigenständiges Phänomen“ sei. Die Kritik und die Opposition gegen die arabischen konservativen Glaubensführer und ihre Postulate des patriarchalen Islam stammt von den arabischen Frauen selbst. Sie wurden zu einer Gefahr für das patriarchale System und wurden deshalb von den konservativsten Glaubensführern beschuldigt, zerstörerische Ideen aus dem Westen importiert zu haben. Eine ziemlich scharfe Kritik, wenn man die Geschichte der imperialistischen Besatzung und europäischen Kolonialisierung kennt.
Mary Nash spricht von einer „doppelten Kolonisierung“ der Frauen in diesen Gesellschaften und verweist damit auf die Verbindung zwischen der kolonialen Unterdrückung und der Frauenunterdrückung durch die einheimischen Herrschenden, ebenso wie auf die sich daraus ergebenden Formen der Klassenunterdrückung und die entsprechenden Strategien des Kampfes und des Widerstands.8
Die Benutzung des Kopftuchs und seine Symbolik
Die arabischen Feministinnen kritisieren den sogenannten „westlichen Feminismus“ dafür, dass für ihn eine zwangsläufige Verbindung zwischen Kultur und Geschlechterunterdrückung besteht. Aus dieser Verbindung leitet sich die Strategie des „Aufgebens der einheimischen Kultur“ als Weg zur Befreiung ab. Das Verbot des Kopftuchs, des Hidschab, ist Teil dieser Strategie.
Die Debatte um das Hidschab geht bis in das 19. Jahrhundert zurück. Im britisch besetzten Ägypten kamen damals Stimmen von einigen Persönlichkeiten der arabisch-muslimischen Welt auf, die für Frauenrechte kämpften, beispielsweise für den Zugang zu Bildung, und die, beeinflusst vom europäischen kolonialen Diskurs, die Benutzung des Kopftuches als „Ausdruck kulturellen Rückschrittes“ bewerteten.
Die arabischen Feministinnen des 20. Jahrhunderts hinterfragten diese ReformerInnen und die Tatsache, dass diese als GründerInnen eines „ersten Feminismus“ verstanden wurden. Es entstand ein antikolonialer Feminismus, der die Verwestlichung der Geschlechterpolitik kritisierte, welche sich im Verbot des Kopftuches in zahlreichen Ländern ausdrückte. Denn einen wirklichen Fortschritt bei den Rechten der Frau gab es nicht. So existierten zwei Seiten in der Debatte um das Hidschab: diejenigen, die es als ein Symbol für „kulturellen Rückschritt“ wahrnahmen und jene, die es als Symbol der Identifikation mit der arabischen und muslimischen Kultur gegen die koloniale Bedrohung verstanden.
Um das Kopftuch, seine Bedeutung und seine Symbolik drehen sich viele historische und aktuelle Debatten. Deshalb ist es notwendig, die Argumente für und gegen seinen Gebrauch in ihre Kontexte einzubetten, um seine sich verändernde Bedeutung zu verstehen. Es gab wichtige Entwicklungen seit dem 20. Jahrhundert, als die nationalistischen oder islamistischen arabischen Frauen das Kopftuch als ein „Symbol des antikolonialen Widerstandes“ ansahen. So beschreibt es auch Frantz Fanon in Bezug auf den antikolonialen Kampf in Algerien in den 1950er Jahren. Nach dem Verbot des Kopftuches durch die französischen Autoritäten traten 10.000 Frauen mit ihren Kopftüchern auf die Straßen, so wie es im Film „Schlacht um Algier“ gezeigt wird.
Gleichzeitig entstanden Frauen- und feministische Bewegungen, die unter besonderen Umständen gegen den Kopftuch- und Burkazwang kämpften. Dabei hörten sie jedoch nie auf, gegen die Kolonialmächte genauso wie gegen die einheimische Elite vorzugehen. Ein Fall davon war der Frauenbund aus den 1920er Jahren. Er bestand vor allem aus Frauen der Oberschicht und konzentrierte sich in seinen Forderungen auf die Abschaffung des Kopftuches. Wie al Saadawi beschreibt war dies für die Arbeiterinnen und Bäuerinnen weniger wichtig, da sie dieses bei ihrer Arbeit in der Fabrik oder auf dem Feld gar nicht trugen.9
In Europa wurde diese Diskussion wieder aktuell durch das Verbot der Burka und des Niqab in Frankreich, Belgien, den Niederlanden, in Luxemburg, den Rathäusern von Katalonien (im Spanischen Staat), in der Hälfte aller deutschen Bundesländer und in Italien, wo die antiterroristischen Gesetze aus den 1970er Jahren das Tragen von Tüchern, die den Kopf bedecken, verbieten. Diese Verbote „im Namen der Freiheit“ bedeuten für die betroffenen Frauen jedoch nichts weiter, als dass dadurch der alltägliche Rassismus und die Frauenfeindlichkeit, unter denen MigrantInnen leiden, versteckt werden.
Trends im Feminismus der arabischen Welt
Ausgelöst von den großen Kampf- und Organisierungserfahrungen entwickelten sich viele Debatten zwischen dem „arabischen und muslimischen Feminismus“ und dem „islamischen Feminismus“, der in den 1990er Jahren entstand. Es existieren große Differenzen zwischen diesen beiden Feminismen, gemeinsam haben sie aber die Ablehnung des „westlichen Feminismus“, dessen „kultureller Imperialismus“ zwei große Auswirkungen auf die feministische Bewegung hatte. Auf der einen Seite erzeugte er eine Ablehnung von feministischen Bewegungen innerhalb von islamischen, arabischen oder muslimischen Gesellschaften, was von konservativen politischen und religiösen Kräften ausgenutzt wurde, die den Feminismus als „Feind, der die traditionelle oder religiöse Kultur angreift“ bezeichnen. Auf der anderen Seite entstand eine feministische Bewegung breiten Spektrums, vom Laizismus bis hin zum Islamismus, die in einigen Punkten zusammen- und in anderen aufeinandertreffen.10
Ein neues Buch, „Der Aufstieg des islamischen Feminismus“11, erklärt den Aufstieg dieser Strömung.12 Sie charakterisiert sich durch die Ablehnung des „westlichen Feminismus“ oder der „Verwestlichung im Sinne des Aufgebens des Islam“ als einzigen Weg, um die Befreiung der muslimischen Frau zu erreichen. Sie streben die Befreiung der Frau „im Rahmen des religiösen Islam“ an und verurteilen die Abweichung von der islamischen Tradition. Außerdem erkennen sie eine Verfälschung der heiligen Texte. Eine Neulektüre der Texte soll mithilfe einer „Hermeneutik des Koran“ einen „genuinen Islam“ aus dem „die Frauen befreienden Koran“ hervortreten lassen. Die bekanntesten islamischen Feministinnen sind Amina Wadud, Asma Barlas, Margot Badran (USA), Shaheen Sardar Ali (Pakistan) und Ndeye Andújar (Spanischer Staat).
Der „islamische Feminismus“ grenzt sich zwar von den religiösen Anführern ab, die mit dem Argument der „Ablehnung der westlichen Durchdringung“ die reaktionärsten patriarchalen Praktiken gutheißen. Es besteht aber trotzdem ein großer Widerspruch in dem Versuch, innerhalb einer Religion, die durch ihre engen Beziehungen mit dem Staat und den verschiedenen Institutionen des patriarchalen Systems eine feste Verbündete der kapitalistischen Gesellschaft ist, befreiende Charakteristiken für die Frauen zu suchen.
Die arabischen und muslimischen Feministinnen kritisieren den „islamischen Feminismus“ deshalb und sagen, dass selbst durch eine „neue befreiende Lesart des Koran“ die enge Beziehung mit dem Staat, der politischen Macht und dem patriarchalen System nicht verschwindet. Dies gilt für den Islam wie für jede andere Religion. Der „arabische und muslimische Feminismus“ steht für die Befreiung der Frauen innerhalb eines arabischen und muslimischen kulturellen Paradigmas ein, lehnt jedoch den religiösen Islam und seinen unwiderruflich patriarchalen Charakter ab. Auch wenn einige von ihnen meinen, dass der Islam in bestimmten historischen Situationen Verbesserungen für die Frauen mit sich brachte, gehen sie davon aus, dass jede monotheistische Religion patriarchal ist und dass sich in dem strikt religiösen Rahmen keine Frauenbefreiung erringen lässt. Vertreterinnen sind Nayereh Tohidi und Valentine Moghadam (beide aus dem Iran). Letztere berichtet von der immer wichtiger werdenden Forderung nach einer Trennung zwischen Religion und Staat innerhalb der feministischen Bewegung.
Es war Nawal al Saadawi, die am stärksten auf diese Frage hingewiesen hat. In ihrem interessanten Buch „Das nackte Gesicht der arabischen Frau“ erzählt sie von den Verbindungen zwischen der arabischen und westlichen Gesellschaft, deren Wurzeln im patriarchalen System liegen, das schon immer von den Religionen fortgeführt wurde: „Die Geschichte hat die enge Beziehung zwischen Wirtschaft und Religion offengelegt, zwischen den wirtschaftlichen Notwendigkeiten und den moralischen und sexuellen Werten einer bestimmten Gesellschaft“.13 Nach einer detaillierten Beschreibung der Behandlung der Frauen im Judentum, im Christentum und im Islam begründet sie ihre These, dass „die monotheistischen Religionen sich bei der Festlegung der Rolle und der Position der Frauen von den patriarchalen und Klassengesellschaften haben inspirieren lassen“.14
Trotz dieser synthetischen Klassifizierung ist es sehr schwer, eine genaue Trennlinie zwischen diesen beiden Strömungen zu ziehen. Viele Feministinnen teilen Elemente des islamischen Feminismus und des arabischen und muslimischen Feminismus. Ein gutes Beispiel für eine komplexe Mischung aus diesen zwei Strömungen ist die Feministin Fatima Mernissi.
Die Tausend und ein Probleme der Frauen aus „Tausend und einer Nacht“
Die in den westlichen Gesellschaften tief verwurzelte Position, arabische und muslimische Frauen als reine Opfer zu betrachten, muss bekämpft werden. Anstelle dessen müssen ihre historische Subjektivität, ihre Kämpfe und ihre Ideen für eine Umwandlung ihrer eigenen Gesellschaften bekannt gemacht werden.
Viele muslimische Feministinnen und Intellektuelle haben es sich zur Aufgabe gemacht, das verzerrte westliche Bild arabischer Frauen, das aus dem alten literarischen Werk „Tausend und eine Nacht“ stammt, zu zerstören. Dieses Bild besteht aus der Frau, die sich tanzend mit bauchfreiem Oberteil wie eine Schlange verbiegt und den Mann verführt, die durstig nach Sex ist, die inmitten von fliegenden Teppichen dunkle Sehnsüchte stillt und versteckte Spiele und Intrigen verspricht. Da muss kein Neid auf die Geschichten der Prinzessinnen aus der westlichen Kultur aufkommen. Al Saadawi sagt dazu: „Es wäre wesentlich wissenschaftlicher und wahrer, eine vergleichende Studie zwischen den Lebensbedingungen der AraberInnen und EuropäerInnen zum Beispiel im Mittelalter aufzustellen, wo der von Männern besetzte Klerus als herrschende Klasse Frauen der Hexerei anklagte und sie unter den härtesten Folterstrafen dazu zwang, die gröbsten Obszönitäten zu beichten“.15
Außerdem hat der historische und aktuelle Kampf der arabischen Frauen und das Entstehen einer feministischen Frauenbewegung mit zahlreichen Forderungen bewiesen, dass das Kopftuch oder der Bauchtanz nicht die größten Sorgen sind. Keiner bricht mehr mit dem Bild der Frauen aus „Tausend und einer Nacht“ als die Frauen, die wichtige Protagonistinnen des „arabischen Frühlings“ waren. Alleine 2010 gab es mehr als 300 Streiks, bei denen die Frauen aus der Routine ausbrachen, geplagt von der Mehrbelastung innerhalb der Familie, in der sich der Preisanstieg der wichtigsten Lebensmittel bemerkbar machte. Die Bilder der ägyptischen oder marokkanischen Frauen mit Schildern und Megaphonen, die sich gegen die Repressivkräfte wehrten, gingen um die Welt.
Der Protagonismus der arabischen Frauen wird verheimlicht oder nicht gesehen, stattdessen werden sie in den USA oder Europa als Opfer gesehen. Dies erhält und verstärkt den Rassismus und die Islamophobie Tag für Tag. Wenn die Unterdrückung der Frau eine doppelte ist, als Frau und Arbeiterin, dann verdreifacht sich die Klassenunterdrückung für die Frauen in den von den imperialistischen Mächten ausgebeuteten und unterdrückten Ländern.
aus „Ideas de Izquierda“ Nr. 17 aus Argentinien und „Contracorriente“ Nr. 43 aus dem Spanischen Staat – Übersetzung: Peter Robe
Fußnoten
1. Nawal Al-Saadawi (geb. 1931) ist eine entscheidende Figur, deren Arbeit mit der zweiten Welle des ägyptischen Feminismus der 1970er und 1980er Jahre begann. Im Jahr 1972 publizierte sie das Buch „Frauen und Sexualität“, deren durchschlagende Analyse über die Sexualität der ägyptischen Frauen und die Konsequenzen für die Gesundheit die Debatte über die Praktiken der Genitalverstümmelung bei Mädchen anstieß. Wegen ihres feministischen Aktivismus gegen die Verstümmelung und ihrer Infragestellung der islamischen Religion landete sie im Gefängnis und musste später ins Exil gehen. Ein anderes Buch, „Das nackte Gesicht der arabischen Frau“, erzählt ihre eigene Erfahrung, als sie in ihrer Kindheit Verstümmelung erlitt. Ein anderes ihrer berühmtesten Bücher schrieb sie im Gefängnis auf Toilettenpapier: „Memoiren der Frau im Gefängnis“.
2. N. Al-Saadawi: Das nackte Gesicht der arabischen Frau. Madrid, Horas y Horas, 1991. S. 234.
3. Ebd.. S. 231-232.
4. Mary Nash: Trayectorias anticoloniales, poscoloniales y antirracistas. El rechazo de la subalternidad. In: Mujeres en el Mundo. Historia, retos y movimientos. Madrid 2004. S. 255. (Eigene Übersetzung.)
5. N. Al-Saadawi: Ebd.. S. 235.
6. Fátima Mernissi wurde 1940 in Fez (Marokko) geboren. Ihre intensive akademische Karriere begann sie mit einem Politikwissenschaftsstudium in Marokko. Danach studierte sie in Paris an der Sorbonne-Universität weiter und erhielt schließlich ihren Doktortitel in den USA. Sie kehrte in den 1970er Jahren nach Marokko zurück und lehrte als Professorin an der Mohammed-V.-Universität in Rabat. Ihr gesamtes akademisches Leben ist auch deshalb beeindruckend, weil sie Kind und Nichte von Analphabetinnen war. Sie schrieb eine Reihe von Werken, die in eine große Zahl von Sprachen übersetzt wurde, wie „Geschlecht, Ideologie und Islam“ (1975, dt. 1987), „Herrscherinnen unter dem Islam – Die verdrängte Macht der Frauen im Islam“ (1990, dt. 2004), „Das Marokko der Frauen“ (1991), „Der Harem in uns – die Furcht vor dem anderen und die Sehnsucht der Frauen“ (1994, dt. 1995), „Die Angst vor der Modernität: Der Islam und die Demokratie“ (2007).
7. Fatima Mernissi: El poder olvidado. Las mujeres ante un Islam en cambio. Barcelona 1995. S. 47. (Eigene Übersetzung.)
8. M. Nash: Ebd.. S. 231-232.
9. N. al Saadawi, op. cit., S. 235.
10. M. Nash: Ebd.. S. 238.
11. La emergencia del feminismo islámico. Selección de ponencias del Primer y Segundo Congreso Internacional de Feminismo Islámico. Barcelona 2008.
12. Der Aufstieg des „islamischen Feminismus“ in den 1990er Jahren kann im Kontext dessen gesehen werden, was verschiedene westliche ForscherInnen „Re-Islamisierung“ der politischen Sphäre nach den Jahrzehnten der Hegemonie des laizistischen Nationalismus genannt haben. Diesbezüglich ist der Artikel von Claudia Cinatti, „Islam político, antiimperialismo y marxismo”, interessant, der noch immer eine große Gültigkeit zur Analyse des Aufstiegs des politischen Islams besitzt, obwohl er 2007 geschrieben wurde. Verfügbar auf Spanisch unter http://www.ft-ci.org.
13. N. al Saadawi: Ebd.. S. 140.
14. Ebd.. S. 161.
15. Ebd.. S. 186.