„Feminismus? Nicht an unserer Uni!“

20.10.2024, Lesezeit 4 Min.
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Foto: Maxi Schulz

Die Universität Bremen verwehrt ihren Studierenden Räume, um sich über patriarchale Gewalt und eine feministische Perspektive auszutauschen. Ist die Gleichberechtigung der Geschlechter doch nur nettes Marketing, liebe Uni Bremen?

Noch letztes Jahr rief unsere Universität Bremen zu einer Kundgebung gegen Rechts auf, da sie für „Diversität, Offenheit und Toleranz“ stünde. Auch die „Gleichberechtigung der Geschlechter“ gehöre zu den Leitzielen der Institution, mit denen sie sich auf ihrer Webseite schmückt. 

Dass es die Universität damit gar nicht so ernst meint, zeigte sie ihren Studierenden vor wenigen Tagen, als sie ihnen ihre Räume verwehrte. Der von uns gestellten Raumanfrage für die Veranstaltung „Für das schöne Leben: Wie befreien wir uns von patriarchaler Gewalt?“, erteilte unsere „tolerante“ und „diverse“ Universität eine klare Absage. In dieser Veranstaltung wollten wir eine Antwort auf die patriarchale Gewalt finden, von der auch ein Großteil der Studierenden betroffen ist. 

Damit verwehrt die Universität Bremen ihren Studierenden den Raum, um über eine Strategie im Kampf gegen ihre eigene Unterdrückung zu kämpfen. Und das in einer Zeit des steigenden Rassismus und Sexismus. Allein 2023 wurden 155 Frauen in Deutschland Opfer eines Femizids und zahlreiche Studierende wurden Zeugen von faschistischen Angriffen auf CSDs. Die Frage der Veranstaltung ist brandaktuell und beschäftigt viele Menschen, die dachten, an den Universitäten Antworten auf diese Krisen zu finden. 

Doch womit rechtfertigt die Universität Bremen die Verweigerung der Räume? 

Das Zentrale Veranstaltungsbüro der Universität Bremen begründete die Entscheidung fadenscheinig damit, dass „kein Zusammenhang“ zwischen der angekündigten Veranstaltung und der „universitären Lehre und Forschung“ vorliege.

Wir haben die Universität Bremen in ihren Absichten aber anders verstanden: 

Vielfalt hat an der Universität Bremen einen hohen Stellenwert: Die Universität möchte gesellschaftliche Diversität in ihrer Ausrichtung und Organisation sowie im alltäglichen Universitätsbetrieb widerspiegeln und gute Rahmenbedingungen für eine individuell erfolgreiche Teilhabe bieten – unter Berücksichtigung von Geschlecht, Ethnizität, Beeinträchtigung(en), sozialer Herkunft, sexueller Orientierung, Weltanschauung, Alter sowie familiären Verpflichtungen.

Aufbauend dazu schreibt die Uni weiter:

Dieser Grundsatz gilt auch für das kulturelle Leben an der Universität Bremen. Ein buntes Veranstaltungsangebot auf dem Campus wird im Sinne der Vielfalt begrüßt und gefördert.


Wenn die Universität Bremen ihre Ansprüche wahrlich verfolgen würde, warum dürfen ihre Studierenden nicht ihre Räumlichkeiten nutzen, um sich über ihre Unterdrückung auszutauschen und um gemeinsame Wege zu entwickeln, mit denen sie sich von ihr befreien können?


Es stimmt schlichtweg nicht, dass die Universität Bremen ein buntes Veranstaltungsangebot begrüßt und fördert, was sich nicht nur in diesem Beispiel, sondern auch im Umgang mit der kritischen Orientierungswoche vergangenen Jahres zeigte. Unsere Universität fördert keine Politisierung und Selbstermächtigung ihrer Studierenden und wenn sie sie trotzdessen finden, werden ihnen die Räume verwehrt oder sie werden, wie im Falle der gegen den Genozid protestierenden Studierenden mit Hilfe der Polizei verwiesen. Die Universität zeigt in diesem Vorfall ein ums andere Mal, wie sie autoritär die Linie der Regierung durchsetzt und linke Stimmen aus ihren Reihen ausschließen möchte. Wir sehen, dass der Rechtsruck auch vor unserer Universität keinen Halt macht.

Dass dies so einfach möglich ist, ist Folge der undemokratischen Struktur der Universität. Die Minderheit des Präsidiums und der Professor:innen haben alle Macht und die Studierenden und die Beschäftigten, die eine Mehrheit darstellen, müssen sich unterordnen. Deshalb ist es notwendig, das undemokratische Gremium des Präsidiums abzuschaffen und statt der professoralen Mehrheit ein System einzuführen, in dem jedes Mitglied der Universität eine gleichwertige Stimme hat. So kann demokratisch diskutiert werden und Studierende und Beschäftigte haben die Möglichkeit, Räume für die Diskussion über Feminismus zur Verfügung zu stellen, die die Universitätsleitung verwehrt.

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