FC Bayern und Katar: arbeiter*innenfeindliche Allianz
Fans des FC Bayern München haben diese Woche sowohl in München als auch in Berlin mit Veranstaltungen auf die katastrophalen Arbeitsbedingungen in Katar aufmerksam gemacht. Ein Bericht von René Amado Lehmann.
Der Saal des „EineWeltHaus“ nahe der Münchner Theresienwiese platzte aus allen Nähten, man hätte ihn auch doppelt füllen können. Grund dafür war die Veranstaltung „Katar, Menschenrechte und der FC Bayern – Hand auf, Mund zu?“, organisiert von Bayernfans der Südkurve – die aktive Fanszene des FC Bayern Münchens.
Den Anfang der Veranstaltung machte Benjamin Best, der seine Reportage zeigte (Ausbeutung vor der WM 2022 – Gefangen in Katar) und den Abend moderierte. Entstanden war die Reportage in Zusammenarbeit mit dem WDR, ausgestrahlt wurde sie im Juni 2019. Bevor es jedoch zum Hauptteil der Veranstaltung kam, folgte ein Vortrag eines Vertreters der Fanszene, der die Verbindung zwischen Verein und Katar heraus arbeitete.
Der FC Bayern München reist schon seit einigen Jahren nach Katar um dort ein alljährliches Wintertrainingslager zu absolvieren. Im Jahre 2015 folgte die offizielle Bekanntgabe einer Sponsoring-Partnerschaft mit QatarAirways, seit 2016 ist der FC Bayern München Platinpartner des „Hamad International Airport“. Seither wurde die mediale Kritik nicht weniger, im Gegenteil. Jahr für Jahr im Vorfeld der Bundesliga-Winterpause wiederholt sich der Diskurs. Es sind nicht zuletzt die Bayernfans der aktiven Fanszene, die in Form von Spruchbändern und aufwendigen Choreografien auf die heuchlerische Kooperation ihres Vereins mit den staatseigenen Unternehmen Katars hinweisen. Heuchlerisch deshalb, weil sich der erfolgreichste Fußballverein Deutschlands nicht selten als ein Club mit Herz vermarktet. Der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge stellte sich in einer Pressekonferenz im Oktober 2018 schützend vor Trainer und Spieler, indem er die mediale Kritik an eben jenen wegen unzureichenden Leistungen als „verletzend, diffamierend und menschenunwürdig“ bezeichnete. Er berief sich dabei sogar auf den Artikel 1 des Grundgesetzes. Es scheint als würde diese moralische Überheblichkeit dort enden, wo Gelder fließen. Kein Wunder, wenn man bedenkt, dass die höchste Instanz der FC Bayern München AG – der Aufsichtsrat – von Vorständen führender Wirtschaftsunternehmen, wie der Telekom, der Allianz und VW dominiert wird.
FC Bayern ignoriert Menschenrechte
Ein weiterer Gast, Nicholas McGeehan war viele Jahre für „Human Rights Watch“ in den Golfstaaten unterwegs um die Situation der sogenannten Wanderarbeiter zu erforschen. Im Vorfeld der Partnerschaft zwischen dem FC Bayern München und QatarAirways beantwortete er eine Anfrage des Vereins zur dortigen Situation mit deutlichen Worten. Der Verein werde mit großer Kritik zu rechnen haben, da „Human Rights Watch“ aufgrund seiner Recherchen eindeutige Menschenrechtsverletzungen seitens der Regierung Katars sehe. Wie ernst die Verantwortlichen des FC Bayern diese Einschätzung nahmen, bedarf keiner weiteren Ausführung. Katar ist immer noch fest im Kalender des Münchner Rekordmeisters verankert.
Diese Einschätzung wurde durch zwei Vertreter von „Shramik Sanjal“ bestätigt. Beide wollten anonym bleiben, da sie bei den Sicherheitsbehörden in Katar unter Beobachtung stehen. Den FC Bayern juckte auch das nicht und fragte auch prompt die Namen beider Vertreter bei den Veranstalter*innen an. Shramik Sanjal bedeutet Arbeiternetzwerk und wurde 2016 gegründet, um für die Rechte der Gastarbeiter*innen aus Indien, Nepal und Bangladesch zu kämpfen. Beide Referenten kommen ursprünglich aus Nepal, einer der beiden war selbst Gastarbeiter in Katar und teilte seine persönlichen Erfahrungen von desolaten Zuständen in den Camps der migrantischen Arbeiter, von lebensgefährlichen Arbeitsbedingungen sowie einem Regime, welches toleriert, dass Betriebe monatelang keine Gehälter auszahlen und Dokumente der Beschäftigten einbehalten, sodass diese nicht ausreisen können. Das sogenannte „Kafala System“, welches u.a. bewirkt, dass ArbeitnehmerInnen die Erlaubnis des Arbeitgebers benötigen, wurde zwar im Jahre 2016 gekippt, allerdings nur auf dem Papier. An der Situation der Gastarbeiter habe sich seit Jahren nichts verändert. Nach wie vor sterben täglich mehrere Arbeiter an Hitze, der sie durchschnittlich zwölf Stunden, an sechs Tagen in der Woche ausgesetzt sind. Gänzlich fehlende Sicherheitsvorkehrungen auf Baustellen führen zu unzähligen Unfällen. Eine Vielzahl der circa zwei Millionen Gastarbeiter*innen in Katar seien außerdem von ausbleibenden Gehaltszahlungen betroffen.
In der offenen Fragerunde zum Ende der Veranstaltung wollte ein Teilnehmer wissen, ob es auch weibliche Gastarbeiterinnen in Katar gibt und falls ja, wie die Arbeit sowie die Arbeitsbedingungen sich von der der Männer unterschiede. und ob die Arbeitsbedingungen vergleichbar sind. Die Situation der Frauen als Gastarbeiterinnen in Katar, sei noch miserabler als die der Männer, denn sie finde im öffentlichen Diskurs nicht statt. Beinahe alle weiblichen Gastarbeiter arbeiten als „domestic worker“, also hinter verschlossen Türen. Behandelt werden sie jedoch gleichermaßen unwürdig wie die Männer auf den Baustellen für Infrastruktur und nicht zuletzt die der Stadien zur WM 2022.
Es bleibt abzuwarten wie die politische, mediale und gesellschaftliche Auseinandersetzung mit den Menschenrechtsverletzungen in Katar weiter geht. Die Proteste im Vorfeld der Fußball Weltmeisterschaft in Brasilien im Jahre 2014 waren zwar groß, konnten zur Zeit des Turniers seitens der brasilianischen Regierung jedoch erfolgreich zerschlagen werden. Die Methoden der Vertuschung und der Repression gegen die journalistische Berichterstattung lässt hinreichend Grund zur Annahme, das die Fußballwelt sich in Katar auf ein fröhliches, buntes Sportfest ohne unerwünschte Zwischenfälle freuen kann.
Der Club Nr. 12 wird weiterhin auf die problematischen Beziehungen des FC Bayern aufmerksam machen und freut sich auf Unterstützung in ihrem Anliegen. Die korrupte Führung des Vereins aber auch die der FIFA, der UEFA und des DFB sind nur durch eine Organisierung der Basis zu bekämpfen. In den Stadien und in den Betrieben.