Faschismus kann nur mit vereinten Kräften besiegt werden!
// Flugblatt für die Proteste gegen den Naziaufmarsch in Dresden //
Die Krise des kapitalistischen Systems hält Einzug in all unsere Lebensbereiche. Die Folgen der kapitalistischen Krise, wie Arbeitslosigkeit und höhere Preise, werden den benachteiligsten Teilen der Gesellschaft zur Last gelegt; so soll auch die Arbeiter*innenklasse gespalten werden. Das ist die Grunderscheinung des Faschismus. Das Erstarken der neonazistischen griechischen Partei Chrysi Avgi („Goldene Morgendämmerung“) ist eine solche Erscheinung. Diese Partei hetzt offensiv gegen LGBT (Lesbisch-/ Gay-/ Bisexuell-/ Trans-) Menschen und Geflüchtete und greift diese mit aller Brutalität an. Des Weiteren ist sie Mitglied der Europäischen Nationalen Front, welcher u.a. auch die NPD angehört, und die José Antonio Primo de Rivera als ihr ideologisches Vorbild bezeichnet – den Vorgänger des Diktators Franco im spanischen Faschismus. Während Chrysi Avgi, die seit 1993 als Partei registriert ist, bei den griechischen Parlamentswahlen 2009 nur von 0,29% der Bevölkerung (weniger als 20.000 Menschen) gewählt worden war, waren es im Mai letzten Jahres bereits 7% (mehr als 440.000 Menschen), die ihre Stimme für sie abgaben. Chrysi Avgi konnte nach Pressemeldungen zuletzt bis zu 25.000 Faschist*innen zu einer Demonstration in Athen mobilisieren.
Auch die Morde des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU), welche keinesfalls isoliert in einer sonst homogen antifaschistischen Gesellschaft stattfanden, zeigen die Aktualität faschistisch-mörderischer Aktivitäten. Obzwar sich Personen und Gruppierungen aus dem NPD-Umfeld offiziell von der Ideologie des NSU distanzieren, ist nun erwiesen, dass diese Zelle aus drei Personen die Taten keineswegs allein begehen konnte, sondern dabei durch breite Unterstützung aus rechten Kreisen flankiert wurde. Der wohl bekannteste NSU-Unterstützer, Ralf Wohlleben, stellvertretender Landesvorsitzender und Pressesprecher der NPD Thüringen sowie Vorsitzender des NPD-Kreisverbandes Jena, sitzt mittlerweile in Haft. Dennoch hält der bürgerliche Staat seine schützende Hand über die faschistische Szene – mit Passivität, rechten V-Leuten und staatlicher Querfinanzierung.
Beide Erscheinungen, das Auferstehen einer wachsenden faschistischen Partei in Europa und der systematische faschistische Terror in Deutschland, stehen in Zusammenhang mit der verstärkten faschistischen Mobilisierung hin zum geschichtsrevisionistischen Gedenken an die Bombardierung der Stadt Dresden. Während 2001 noch circa 750 alte und neue Nazis und Geschichtsverdreher*innen mit ihrem „Trauermarsch“ durch Dresden zogen, waren es im Jahre 2005 bereits 6.500 Teilnehmende. Mit diesem Anwachsen ist die Demonstration zur größten und wichtigsten Kundgebung für Faschist*innen in ganz Europa angewachsen.
Im Jahr 2010 konnte durch wirksame Massenblockaden der rechte „Trauermarsch“ erstmals gestoppt werden. Auch im darauffolgenden Jahr verhinderten zahlreiche Blockaden und Gegendemonstrationen den Marsch der Faschist*innen. Im Jahr 2012 wurde der „Trauermarsch“ gar völlig abgesagt.
Doch gibt es seitdem jedes Jahr unterschiedliche Antworten auf die Frage, wie man den Nazis entgegentreten solle. Gerade aus dem autonomen Spektrum werden immer wieder Fälle von individuellen Gewaltakten bekannt. Nazis werden individuell angegriffen, Bullenwagen beschädigt, Mülltonnen angezündet. Die Frage der revolutionären, massenhaften Gegen-Gewalt schlägt um in Individualaktionen, die den eigentlichen Sinn, nämlich die Rechten durch Massenblockade zu stoppen, vernachlässigen. Uns geht es dabei nicht nur um das tatsächliche, punktuelle Ziel, den rechten Aufmarsch zu verhindern, sondern uns muss es auch darum gehen, bei diesem Anlass propagandistisch auf die bisher „neutrale“, also nicht-aktivierte, Rest-Bevölkerung im Kräftemessen zwischen rechten und linken Aktivist*innen, einzuwirken.
Erst die Einheit der Arbeiter*innenklasse auf der Grundlage gemeinsamer Aktionen wird die anwachsende Macht der Faschist*innen tatsächlich stoppen und kommende faschistische Bewegungen brechen können. Wir kritisieren das autonome Konzept, welches für die auf den Straßen militantesten, körperlich „mutigsten“ und durchsetzungsfähigsten Teilen des Kampfes einen isolierten Weg vorsieht – meist sozial privilegierte Männer. Denn dabei wird die Mehrheit der Menschen zur Passivität gedrängt, anstatt aufgefordert zu werden, sich als Subjekt eines wichtigen politischen Kampfes anzusehen. So bleiben die Risse innerhalb der Arbeiter*innenklasse weiterhin bestehen.
Eine revolutionäre Antwort auf solche Probleme kann nur in einer auf Massenbasis begründeten Einheitsfront liegen, in welcher alle Gegendemonstrant*innen gemeinsam den Nazis die Stirn bieten. Individuelle Akte hingegen „schmälern die Rolle der Massen in ihrem eigenen Bewusstsein; diese Akte versöhnen die Massen mit der eigenen Machtlosigkeit aus und richten die Augen und Hoffnungen auf einen großen Rächer und Befreier, der eines Tages kommen wird und seine Mission vollendet.“ (Leo Trotzki: Über den Terror).