Facebook verstaatlichen! [Sogar Jan Böhmermann sagt das]
Rassistische Kommentare bleiben meist unbehelligt – aber jede Info über die Kämpfe der Kurd*innen wird rigoros zensiert. Weibliche Nippel sowieso. Der US-Konzern Facebook steht wegen seiner undurchsichtigen Löschpraxis in der Kritik. Doch was wäre die Antwort darauf? Abhilfe bringt nur die Enteignung von Zuckerberg und seinen Investor*innen, meint Wladek Flakin.
Facebook wirkt manchmal wie eine rein virtuelle Welt, losgelöst von den Mühen des menschlichen Alltags. Doch eine Reportage der Süddeutschen Zeitung bietet erneut einen Blick hinter die Kulissen. Über 100.000 Menschen weltweit arbeiten für Niedriglöhne, um diese virtuelle Welt sauber zu halten. Sie sitzen in Schweißbuden (Click Farms) auf den Philippinen oder in Nordafrika – neuerdings gibt es auch ein solches Zentrum in der Nähe von Berlin –, und sie löschen von morgens bis abends bestimmte Facebook-Posts.
Die Richtlinien, nach denen sie arbeiten, sind geheim. Enthauptungsvideos oder Kinderpornographie gehören auf jeden Fall gelöscht. Aber was sonst?
– Rassistische Kommentare bleiben meist unbehelligt. Man bekommt die Meldung, dass sie „nicht gegen die Gemeinschaftsstandards verstoßen“.
– Jede Info über die Kämpfe der Kurd*innen dagegen wird rigoros zensiert. Der Konzern löscht im Interesse der türkischen Regierung. Kritische Journalist*innen wie Kerem Schamberger oder die Kurdischen Nachrichten werden permanent blockiert.
– Weibliche Nippel sind bei Facebook streng verboten – auch wenn sie im Rahmen von feministischen Protesten zu sehen sind.
Das deutsche Justizministerium fordert, dass Facebook mehr gegen Hasskommentare vorgeht. Aber wer soll definieren, was Hass ist? Ist es Hass, wenn wir feststellen, dass Mark Zuckerburg und die anderen Besitzer*innen von Facebook nur im Interesse der Profitmaximierung handeln? Oder ist es nicht viel mehr Hass, wenn Facebook kurdische Zivilist*innen, die in der Türkei massakriert werden, unsichtbar macht?
Wer von Facebook strengeres Löschen fordert, wie Heiko Mass das tut, schafft nur mehr Zensurmöglichkeiten für diesen privaten Konzern. Und wie wir jetzt schon sehen, wird die kapitalistische Zensur immer stärker gegen Linke als gegen Rechte durchgesetzt. Letztendlich haben die Kapitalist*innen von rechten Hetzer*innen nichts zu fürchten – von Linken aber potentiell schon.
Facebook und andere soziale Medien sind ein immer größerer Teil der Öffentlichkeit. Würden wir öffentliche Plätze in die Hände von privaten Konzernen geben, damit sie nach geheimen Richtlinien entscheiden können, was dort gesagt werden darf und was nicht?
Sogar Jan Böhmermann – sicherlich kein Sozialist – kam auf die richtige Losung:
„Facebook verstaatlichen!
Twitter enteignen!
Google zerschlagen!“
Uns reicht es nicht, dass der Konzern seine geheimen Standards überarbeitet. Nein, soziale Medien gehören in die Hand der Öffentlichkeit, unter demokratischer Kontrolle der Bevölkerung. Ein erster Schritt in dieser Richtung wäre die Verstaatlichung des Konzerns.
Aber auch das reicht nicht. Denn ein weltumspannendes Netz braucht auch eine weltweite demokratische Kontrolle. Und alle modernen Staaten stehen unter Kontrolle der kapitalistischen Minderheit. Die Verstaatlichung von Facebook kann also nur Teil eines Programms zur Enteignung aller Kapitalist*innen und zur Zerschlagung ihrer Staaten sein.
Nun, wird dieser Artikel auf Facebook zensiert? Verstößt er gegen die Gemeinschaftsstandards? Wir werden sehen…