Es rettet uns kein Grün-­Rot-­Rot: Für eine unab­hängige revo­lutionäre Partei!

30.04.2021, Lesezeit 20 Min.
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Banner der PTS in Argentinien, die mit weiteren Organisationen Teil der "Front der Linken und Arbeiter:innen" (FIT) ist.

Am diesjährigen 1. Mai schlagen wir eine Umgruppierung der revolutionären Linken gegen die Regierungsperspektive vor. Erklärung der Revolutionären Internationalistischen Organisation (RIO), Herausgeberin von KlasseGegenKlasse.

Die weltweite kapitalistische Krise hat sich durch die Corona-Pandemie und das Wiederaufleben des Klassenkampfes verschärft. In der entgegengesetzten Richtung formuliert die Partei DIE LINKE Vorschläge für eine Regierungsbeteiligung. In diesem Rahmen wollen wir in der Avantgarde der Arbeiter:innenklasse und der Jugend eine Debatte darüber eröffnen, wie man dem Kapitalismus und all seinen Geißeln ein Ende setzen kann. In Deutschland stehen die antikapitalistischen Kräfte vor einem Scheideweg: Kampf für eine revolutionäre Alternative abseits der Regierungsparteien, oder die noch tiefere politische Integration ins Regime im Fahrwasser der Linkspartei – inklusive einer möglichen Regierungsbeteiligung in einem der imperialistischen Zentren der Welt.

Der vorliegende Aufruf soll ein Auftakt für eine Diskussion über die Umgruppierung der revolutionären Linken in Deutschland sein. Wir, die Revolutionäre Internationalistische Organisation (RIO), Herausgeberin von KlasseGegenKlasse, sind überzeugt, dass diese Umgruppierung auf einer klaren strategischen Grundlage und einer gemeinsamen Intervention in den Klassenkampf, die Arbeiter:innenbewegung und die sozialen Bewegungen geschehen muss, ausgehend von der Notwendigkeit einer politischen Abrechnung mit der Partei DIE LINKE.

In diesem Sinne richten wir diesen Aufruf an alle Aktivist:innen und Organisationen mit revolutionärem und antikapitalistischen Anspruch innerhalb und außerhalb der Linkspartei.

Wirtschaftskrise und Pandemie – Revolten und Revolutionen

Die Revolten in Chile, Frankreich, Libanon, Algerien, Irak, Haiti, Ecuador und weiteren Ländern erschütterten bereits vor der Pandemie die imperialistische Weltordnung. Diese Rückkehr des Klassenkampfs ist Ausdruck einer weltweiten Übergangssituation. Die Pandemie konnte diese Welle kurzzeitig unterbrechen, doch an diesem 1. Mai sehen wir einen erneuten Aufschwung der Proteste in vielen Ländern.

Während es weiterhin keinen Ausweg aus der weltweiten Krise gibt, befindet sich auch hierzulande die Regierung immer tiefer in der Krise: zuletzt führte eine Kette enthüllter Korruptionsfälle zu einem massiven Vertrauensverlust in die CDU/CSU und die Bundesregierung.

Dass diese Regierungskrise sich bisher nicht zuspitzt, ist vor allem die Schuld der reformistischen Bürokratien – allen voran der Gewerkschaftsbürokratie –, die sich seit Beginn der Pandemie hinter die Bundesregierung gestellt haben. Sie lehnten es weitgehend ab, die Kämpfe gegen Entlassungen aufzunehmen, während in der Pandemie eine Million Menschen zusätzlich arbeitslos geworden sind. Nur an einzelnen Orten kam es durch den Druck der Basis zu Streiks. Ein Beispiel hierfür ist der Kampf gegen die Schließung des Standorts von Voith in Sonthofen, der jedoch durch die sozialpartnerschaftlichen Führungen verraten und in die Niederlage geführt wurde.

Soziale Bewegungen wie der Kampf um Wohnraum oder antirassistische Kämpfe wie Black Lives Matter werden durch die Krise verstärkt. Und auch Phänomene, um die es während Corona ruhiger geworden war, wie die Bewegungen für Klimagerechtigkeit und die feministischen Bewegungen, sind mit der Unfähigkeit der Regime konfrontiert. Frauen werden besonders hart von der Krise getroffen, und die Klimakatastrophe steht uns auch nach einem möglichen Sieg über die Pandemie weiterhin bevor.

Auch die zwischenstaatlichen Reibungen verstärken sich, was zu einer erhöhten Gefahr von kriegerischen Auseinandersetzungen und der daraus resultierenden Vertreibung von Millionen Menschen weltweit führen wird. Währenddessen werden die ohnehin viel zu geringen sozialen und ökonomischen Rechte von Migrant:innen systematisch beschnitten, seien es migrantische Arbeiter:innen, die von den Auswirkungen der Pandemie überproportional getroffen werden, oder Geflüchtete, die in Lagern der gesundheitlichen Krise ausgeliefert sind oder in Krisengebiete abgeschoben werden. Der deutsche Imperialismus profitiert von Waffen- und Kapitalexport, Bundeswehreinsätzen, Verträgen und Rüstungsdeals, sowie von wirtschaftlichen Sanktionen und erpresserischer Wirtschaftspolitik durch die Weltbank und den Internationalen Währungsfonds (IWF).

Die Kosten für die Krise werden schon jetzt auf Arbeiter:innen und Jugend abgewälzt und es zeichnen sich neue Angriffe ab, wie eine Erhöhung des Rentenalters, die von der Bundesbank und führenden Wirtschaftsbossen gefordert wird. Sowohl eine Schwarz-Grüne als auch eine Grün-Rot-Rote Regierung müssen und werden die Interessen der Bourgeoisie durchsetzen – in letzter Konsequenz gegen Arbeiter:innen und Unterdrückte.

Gegen Grün-Rot-Rot als „geringeres Übel“! Keine Regierungsbeteiligung der Linkspartei! Für einen Bruch mit „linken“ Regierungsminister:innen!

DIE LINKE zielt auf eine grün-rot-rote Koalition als Regierungsalternative auf Bundesebene. Sie hat seit ihrer Gründung langjährige Regierungserfahrung in mehreren Bundesländern gesammelt und inzwischen eine neue Führung mit dem Anspruch, die „Bewegungslinke“ mit den „Regierungslinken“ für eine reformorientierte Regierung jenseits der Union zusammenzubringen. Das stellt jedoch keine politische Alternative für die Jugend, die Frauen und die Arbeiter:innenklasse dar. Abschiebungen, der Ausbau der Polizei, eine Pandemiepolitik, die die Gewinne der Konzerne schützt, und soziale Angriffe trägt DIE LINKE in ihren Regierungsbeteiligungen weiter mit. Auf Bundesebene wird diese Politik im Interesse des Kapitals nur noch stärker werden, da an der Spitze eines imperialistischen Landes die Interessen multinationaler Konzerne und des deutschen Imperialismus noch stärker im Vordergrund stehen. Wenn DIE LINKE eine gemeinsame Regierung auf Bundesebene mit der SPD und den Grünen bildet – den Parteien der arbeiter:innenfeindlichen Hartz-Reformen, die in Kosovo einmarschiert sind und die sich vornehmen, mit „progressivem“ Antlitz gemeinsam mit der imperialistischen Biden-Administration eine aggressive Politik gegen China und Russland zu verfolgen –, wird die Partei nur noch weiter nach rechts rücken.

Eine mögliche Regierungsbeteiligung auf Bundesebene ist daher ein qualitativer Sprung im Verhältnis der Linkspartei zur deutschen Bourgeoisie und ihren imperialistischen Ambitionen. Nicht umsonst werden Stimmen aus der Parteispitze – wie von Parteichefin Susanne Hennig-Wellsow – lauter, die antimilitaristischen Positionen für den Eintritt in die Bundesregierung fallen zu lassen.

Teile von DIE LINKE schüren weiter Illusionen in eine „rebellische Regierung“, also in die Möglichkeit, an der Spitze der wichtigsten imperialistischen Macht Europas eine Politik gegen die Interessen des Kapitals machen zu können. Wir halten das für eine fatale Position. Die Beteiligung der Linkspartei an der Regierung wird keinen Fortschritt für die Kräfte der Arbeiter:innenbewegung und der sozialen Bewegungen insgesamt bedeuten und die chauvinistischen Spaltungen entgegen der internationalistischen Interessen der Arbeiter:innenklasse vertiefen. Rot-Rot-Grün ist keine Regierung im Interesse der Arbeiter:innen und Unterdrückten – weder in Berlin noch in Thüringen oder Bremen und erst recht nicht auf Bundesebene. DIE LINKE unterstützt in ihren Landesregierungen den Ausbau des Polizeiapparats und führt in gemeinsamer Koalition mit SPD und Grünen Razzien gegen migrantische Viertel durch. Diese Linkspartei-Regierungen schieben jährlich über 2000 Menschen ab, jetzt auch in Kriegsgebiete wie Afghanistan. Ebenfalls ist sie für zahlreiche Privatisierungen und Kürzungen mitverantwortlich, wie die Privatisierung der S-Bahn in Berlin oder die Auslagerung von Tochterunternehmen der Krankenhäuser. Und diese Politik trägt DIE LINKE auch nicht aus „Sachzwängen“, sondern setzt sich sogar in ihrem Wahlprogramm für den weiteren Ausbau der Polizei ein, stimmt Privatisierungen und anderen Maßnahmen zu. DIE LINKE geht mit einem Programm in den Bundestagswahlkampf, welches uns ein paar Brotkrumen verspricht, und erwartet im Gegenzug unser Vertrauen in die Institutionen des Regimes. In Nordrhein-Westfalen, dem bevölkerungsreichsten Bundesland, wird Sahra Wagenknecht auf Platz eins der Landesliste rassistische Slogans verbreiten, während Millionen Migrant:innen, Frauen und queere Personen schon jetzt am meisten unter den Auswirkungen der Pandemie leiden.

Was müssen Organisationen und Aktivist:innen mit revolutionärem Anspruch dem entgegen stellen? Eine Unterordnung unter die Regierungsminister:innen und ihren Wahlkampf und damit eine Unterstützung des Systems, gegen das sie eigentlich kämpfen wollen? Oder nicht vielmehr eine öffentliche Kampagne gegen Regierungsbeteiligungen und für die Eröffnung einer Kampfperspektive gegen die Krise durch Massenmobilisierungen und Streiks?

Wir schlagen all jenen antikapitalistischen, sozialistischen und klassenkämpferischen Organisationen, gewerkschaftlichen Basisgruppen und Einzelpersonen, die die Perspektive einer Regierungsbeteiligung auf Bundes- und auf Landesebene ablehnen, eine offensive Kampagne vor: „Es rettet uns kein Grün-Rot-Rot: Klassenkampf statt Regierungsbeteiligung!“ Eine Kampagne, die sich gegen die Logik des „kleineren Übels“ wendet und eine Alternative zur Ausrichtung der Linkspartei auf eine Regierungsbeteiligung an der Spitze der imperialistischen Bundesregierung vorschlägt.

Eine solche Alternative muss den Kampf gegen die sozialen Auswirkungen der Pandemie und der weltweiten Krise in den Mittelpunkt stellen und die verschiedenen sozialen Bewegungen – wie gegen rassistische und sexistische Gewalt und gegen die Klimakatastrophe – mit der Arbeiter:innenbewegung verbinden. Vereint müssen wir gegen die jahrelange Privatisierungs- und Kürzungspolitik in Krankenhäusern, gegen den Ausbau der Polizei und des Repressionsapparates, gegen rassistische Polizeikontrollen und Razzien, gegen die Abschiebung von migrantischen Arbeiter:innen und Geflüchteten, gegen sexistische Gewalt, Räumungen, gegen die unternehmensfreundliche Pandemie- und Krisenpolitik und gegen Ausgangssperren, sowie gegen jegliche Auslandseinsätze kämpfen. Statt „Greenwashing“ im Interesse der Konzerne brauchen wir die Verstaatlichung der gesamten Energie-, Chemie- und Schwerindustrie unter Arbeiter:innenkontrolle, vollständig kostenfreien öffentlichen Nahverkehr und den ökologischen Umbau der Produktion bei vollem Arbeitsplatz- und Lohnerhalt, finanziert durch Steuern auf Kapital und große Vermögen. Zur Bewältigung der Pandemie müssen wir für den temporären Stopp der gesamten nicht-essentiellen Wirtschaft und vollen Lohnausgleich für alle betroffenen Arbeiter:innen kämpfen, ebenso wie für eine Gesundheitsversorgung und die Betreuung von Kindern und Pflegebedürftigen im Interesse der Menschen, anstatt für Profite. Das bedeutet auch die Abschaffung der Patente auf Impfstoffe und Medikamente und die Verstaatlichung des gesamten Pharma- und Gesundheitssektors unter Arbeiter:innenkontrolle.

Eine solche Politik kann nur durchgesetzt werden, wenn sie auf die Mobilisierung der Arbeiter:innen, der Jugend und der sozialen Bewegungen setzt, mit der Perspektive ihrer Selbstorganisation – auch gegen die reformistischen Bürokratien der Gewerkschaften und der Bewegungen –, anstatt ihr Schicksal in die Hände einer „linken“ Bundesregierung zu legen. Dazu gehört unserer Meinung nach auch der Kampf für eine klassenkämpferische und antibürokratische Fraktion in den Gewerkschaften, den wir den Organisationen vorschlagen, mit denen wir gemeinsam die Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften (VKG) aufbauen.

Für eine revolutionäre Umgruppierung jenseits von DIE LINKE!

Wir wollen die Logik der Unterordnung unter die Wahlperspektive einer grün-rot-roten Regierung gemeinsam mit all denjenigen bekämpfen, die den Klassenkampf im Interesse der Arbeiter:innen, der Jugend, der Frauen und der Migrant:innen vorantreiben wollen. Aber wir sind zugleich der Meinung, dass dieser Kampf – dafür, dass die Kapitalist:innen die Krise bezahlen – sich nicht nur gegen die Regierungsbeteiligung der LINKEN wenden kann, sondern dazu beitragen muss, eine völlig andere Alternative aufzubauen. Eine Linke, die keine Illusionen in den Staat und die reformistischen Parteien hat. Eine Linke, die sich vornimmt, die Spielregeln des bürgerlichen Regimes zu überwinden und eine revolutionäre Kraft aufzubauen, die mit den fortschrittlichsten Sektoren der Jugend, der Arbeiter:innen und der sozialen Bewegungen fusionieren kann. Eine revolutionäre Umgruppierung jenseits von DIE LINKE.

Eine solche Umgruppierung wird nicht von heute auf morgen stattfinden, sondern muss sich auf Grundlage gemeinsamer strategischer Schlussfolgerungen aus den zentralen Phänomenen des Klassenkampfes zusammenfinden. Deshalb schlagen wir vor, eine gemeinsame Kampagne gegen eine Regierungsbeteiligung der Linkspartei zu nutzen, um tiefergehende Übereinstimmungen und Differenzen auf dem Weg zu einer revolutionären Umgruppierung zu prüfen.

Es ist uns bewusst, dass dies ein Kampf gegen den Strom sein wird. Doch unsere Aufgabe als revolutionäre Linke ist es, mit einer Kampagne gegen die Regierungsbeteiligung von DIE LINKE aufzuzeigen, dass der Kapitalismus nicht reformierbar ist und eine sozialistische Umwälzung nicht in den Parlamenten stattfindet. Wir müssen aufzeigen, dass es eine Alternative zur immer gleichen Logik des kleineren Übels und der Resignation gibt: ein echter konsequenter Antikapitalismus in der Perspektive der sozialistischen Revolution.

Aktuell denken viele Mitglieder der Antikapitalistischen Linken (AKL) darüber nach, keinen Wahlkampf für Sahra Wagenknecht in NRW zu machen. Das finden wir gut und fragen deswegen die Genoss:innen der AKL und der darin aktiven Organisationen mit revolutionärem Anspruch: Welche Konsequenzen müssen die revolutionären Kräfte in Deutschland aus einer Beteiligung der Linkspartei an einer imperialistischen Bundesregierung und an arbeiter:innenfeindlichen Landesregierungen ziehen?

Wir sind davon überzeugt, dass Genoss:innen mit revolutionärem Anspruch mit der reformistischen Strategie von DIE LINKE brechen und in der Perspektive des Aufbaus einer vereinten revolutionären Kraft der Arbeiter:innenklasse voranschreiten müssen. Andernfalls werden sie ein Projekt mittragen, das die Interessen der Arbeiter:innenklasse den Interessen des deutschen Imperialismus unterordnet und somit den Kampf für eine sozialistische Revolution aufgeben.

Eine revolutionäre Alternative im imperialistischen Deutschland wird nicht einfach durch das langsame Wachstum unserer eigenen Organisation oder ein lockeres Bündnis unterschiedlicher Organisationen ohne klare Strategie entstehen. Stattdessen wird eine Fusion der revolutionären Linken mit den fortgeschrittensten Sektoren der Arbeiter:innenklasse und der Jugend auf der Grundlage der wichtigsten Lektionen des Klassenkampfes notwendig sein. Wir glauben, dass wir nicht warten können, bis eine solche Organisation am Tag des spontanen Ausbruchs des Klassenkampfs vom Himmel fällt, sondern dass wir heute Schritte dahin gehen müssen, sie aufzubauen.

Internationale Beispiele

In Argentinien existiert seit 2011 die Front der Linken und Arbeiter:innen (FIT) mit tausenden revolutionären Arbeiter:innen und Aktivist:innen. Sie ist eine gemeinsame Front von vier Organisationen, die trotz der großen Unterschiede in Bezug auf Strategie und politische Praxis ein Programm der Unabhängigkeit der Arbeiter:innenklasse und der Unterdrückten vom Staat, dem Kapital und den reformistischen und populistischen Bürokratien vertreten. Sie beteiligen sich an den Wahlen, bei denen sie über eine Million Stimmen erreichen konnten. Unsere Genoss:innen der PTS kämpfen dafür, dass die FIT einen gemeinsamen Kampf in der Arbeiter:innenbewegung und den sozialen Bewegungen führt, um die strategischen Differenzen zu klären, die dem Aufbau einer vereinigten revolutionären Partei in Argentinien im Wege stehen.

In Frankreich läuft innerhalb der Neuen Antikapitalistischen Partei (NPA) ein heftiger Kampf um die Frage, ob die revolutionäre Linke eine gemeinsame Front mit der reformistisch-nationalistischen La France Insoumise von Jean-Luc Mélenchon bilden soll oder ob die NPA sich auf revolutionärer Grundlage mit einer klaren strategischen Ausrichtung auf die Arbeiter:innenklasse, in Perspektive einer revolutionären Arbeiter:innenpartei neu gründen soll. Diese Perspektive würde eine Fusion mit der neuen Generation von Arbeiter:innen aus den Bewegungen gegen die Rentenreform und den sozialen Bewegungen bedeuten. Dies wird von unseren Genoss:innen von NPA-Revolution Permanente vorangetrieben. Im Spanischen Staat und Katalonien existieren ebenfalls Anstrengungen der revolutionären Kräfte für den Aufbau einer antikapitalistischen, revolutionären Front auf der Grundlage der Ablehnung der Podemos-Regierung.

Wir denken, dass die Krise in der Linkspartei nur durch einen Bruch mit den verräterischen Führungen und den Aufbau eines revolutionären Pols außerhalb der Linkspartei einen progressiven Ausgang haben kann. Ansonsten wird sie zur Frustration tausender antikapitalistischer Aktivist:innen führen, die nicht mehr mit rassistischen und arbeiter:innenfeindlichen Regierungsminister:innen in derselben Partei sein wollen.

Gemeinsame Erfahrungen im Klassenkampf und der Weg zu einer revolutionären Umgruppierung

Eine offensive Kampagne gegen die Regierungsbeteiligung der Partei DIE LINKE und für einen Ausweg der Arbeiter:innen und der Jugend aus der Krise kann nur ein Teil von einer ganzen Reihe von gemeinsamen Erfahrungen sein, die notwendig sein werden, um eine vereinte revolutionäre Kraft in Deutschland aufzubauen. In diesem Sinne schlagen wir all jenen, die sich von diesem Aufruf angesprochen fühlen, auch vor, gemeinsame Erfahrungen in den kommenden Klassenkämpfen, unter anderem in der Mieter:innenbewegung, den Krankenhausbewegungen und anderen sozialen Bewegungen zu machen, um eine klassenkämpferische Perspektive gegen das sozialpartnerschaftliche Krisenmanagement zu vertreten, Übereinstimmungen und Differenzen auszutesten und auf der Basis gemeinsamer Schlussfolgerungen voranzuschreiten. Möglichkeiten werden sich dazu viele ergeben.

Eine zentrale Aufgabe eines solchen revolutionären Pols muss der Kampf für eine Einheitsfront gegen die Krisenpolitik der Regierung und die kommenden Angriffe der Bosse sein. Dafür ist es notwendig, sich auch der Politik der bürokratischen und sozialpartnerschaftlichen Gewerkschaftsführung entgegenzustellen, die in der Krise gezeigt haben, dass ihr Interesse nicht den Arbeiter:innen, sondern der Stabilität der kapitalistischen Ausbeutung gilt. Die Zurückeroberung der Gewerkschaften aus den Händen der sozialpartnerschaftlichen Bürokratie kann dabei unserer Meinung nach nicht durch eine Reform des bürokratischen Apparats oder einen Kampf um die Posten, sondern nur durch den Aufbau einer klassenkämpferischen Strömung innerhalb der Arbeiter:innenbewegung und DGB-Gewerkschaften erfolgreich sein, die sich auf die Selbstorganisation der Arbeiter:innen (Streikkomitees, Streik- und Basisversammlungen, überbetriebliche Koordinierungskomitees usw.) stützt. Dieser Kampf kann auch nicht rein ökonomischer Natur sein, sondern ist zutiefst politisch. Sowohl in dem Sinne, dass die Arbeiter:innenklasse entgegen des Widerstandes der Bürokratie ein Programm gegen jegliche Unterdrückung und imperialistischen Chauvinismus aufstellen muss, die ihre eigenen Reihen spalten. Als auch im Sinne der Notwendigkeit des Aufbaus einer politischen Alternative gegenüber der Sozialdemokratie und des Reformismus, einer revolutionär-sozialistischen Partei der Arbeiter:innenklasse.

Auf der Basis gemeinsamer Erfahrungen im Klassenkampf und strategischer Schlussfolgerungen wollen wir zu einem revolutionären Pol voranschreiten: für eine revolutionäre Linke und für eine politische Alternative, die nicht nach den Spielregeln des Regimes spielt, sondern sich vornimmt, das kapitalistische System zu stürzen.

Für eine sozialistische Linke, die das geringere Übel nicht akzeptiert!

Wir wollen hiermit einen Diskussionsprozess für eine revolutionäre Umgruppierung in Deutschland anstoßen, die unabhängig vom Reformismus und den Regierungsparteien ist. Wir laden alle Organisationen und Aktivist:innen, die sich angesprochen fühlen, dazu ein, sich an der Debatte zu beteiligen. Wir stellen unsere Zeitung für jegliche Beiträge in den Dienst einer solchen Diskussion.

Wir richten diesen Aufruf an alle Aktivist:innen und Organisationen mit revolutionär-sozialistischem, antikapitalistischen und klassenkämpferischen Anspruch, an allen Genoss:innen innerhalb der Partei DIE LINKE, die sich gegen die Regierungsbeteiligungen stellen und/oder über einen Austritt nachdenken, an die Antikapitalistische Linke (AKL) und die dazugehörigen Organisationen (SOL, SAV…), an die Genoss:innen und Organisationen innerhalb der Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften (VKG) und alle Teile der revolutionären Linken, die in Richtung einer revolutionären Umgruppierung voranschreiten wollen.

Der Aufruf richtet sich insbesondere an die Sektoren der Arbeiter:innenklasse und Kolleg:innen, die heute an vorderster Front gegen die Maßnahmen der Kapitalist:innen und der Regierung kämpfen, an die Krankenhausbeschäftigten, die gegen die Kürzungspolitik der Regierungen kämpfen, an die Arbeiter:innen der Betriebe und der Großunternehmen, die Entlassungen durchführen, an Beschäftigten des Einzelhandels, Lehrer:innen und viele mehr, die mit der Politik der Gewerkschaftsbürokratie und der reformistischen Regierungsparteien nicht zufrieden sind und einen Ausweg aus der Krise im Interesse unserer Klasse suchen.

Der Aufruf richtet sich auch an die Aktivist:innen der Mieter:innenbewegung, die keine Hoffnungen in die Regierungen setzen und der Meinung sind, dass es Mobilisierungen und Streiks für entschädigungslose Enteignungen braucht. Er richtet sich an die Aktivist:innen der antirassistischen Bewegung, die kein Vertrauen in die staatlichen Institutionen und die Regierungsparteien haben, und der Meinung sind, dass der Kampf gegen Rassismus ein antikapitalistischer sein muss. Er richtet sich an die Aktivist:innen der Klimabewegung, die sich gegen einen grünen Kapitalismus, sowie der Kooptierung ihrer Bewegung durch die Regierungsparteien wie die Grünen stellen. Er richtet sich an Aktivist:innen der feministischen und queeren Bewegung, die gegen Unterdrückung, Betreuungskrise und für die Vergesellschaftung der Hausarbeit kämpfen und der Meinung sind, dass es eine sozialistische Perspektive für die Befreiung braucht. Und an all diejenigen, die der Meinung sind, dass wir die Trennung und Spaltung unserer Kämpfe mit einer einheitlichen antikapitalistischen Strategie der Arbeiter:innenklasse für die Perspektive der sozialistischen Revolution überwinden müssen und der Ansicht sind, dass entweder alle von uns von den Ketten der Ausbeutung und Unterdrückung befreien werden oder niemand.

Es gibt keine Zeit zu verlieren

In Deutschland erwarten uns neue Angriffe der Kapitalist:innen und der zukünftigen Regierungen (seien sie das „große“ oder das „kleine“ Übel). Es liegen jedoch auch Jahre des Aufschwungs des Klassenkampfes – in Deutschland und weltweit – vor uns. Die vielen Massenaufständenwie in Chile, Frankreich, USA, Myanmar, sowie im Irak, Iran usw. sind die Vorboten neuer revolutionärer Situationen. Lasst uns uns auch in Deutschland auf diese Kämpfe vorbereiten.

Eine revolutionäre Partei kann nicht zum Zeitpunkt des Ausbruchs einer (vor-)revolutionären Situation improvisiert werden. Sie muss sich in den Kämpfen hier und jetzt entwickeln. Sie muss sich erproben und sich beweisen, im Kampf gegen die reformistischen und sozialdemokratischen Führungen. Sie muss das Vertrauen der Massen durch die Bildung einer wirkungsvollen Einheit gegen die Angriffe der Kapitalist:innen und Regierungen gewinnen. Schlussendlich muss sie ihren Einfluss in Sektoren der Arbeiter:innenklasse, der Jugend und in unterdrückten Sektoren erhöhen, denn nur so kann sie im entscheidenden Moment die Mehrheit der Arbeiter:innenklasse hinter sich versammeln und einen revolutionären Ausweg aus der Krise finden: den Sturz der Regierung und die Bildung einer Arbeiter:innenregierung mit der Perspektive der sozialistischen Umwälzung der Gesellschaft.

Ziehen wir Konsequenzen.

Bauen wir diese Kraft gemeinsam auf.

Es gibt keine Zeit zu verlieren.

 

Wir freuen uns über Debattenbeiträge an info@klassegegenklasse.org.

Manifest: Die kapitalistische Katastrophe und der Kampf für eine Internationale der sozialistischen Revolution

Die aktuelle Krise werden wir nur mit einer revolutionären, internationalistischen und sozialistischen Perspektive überstehen. Und diese Perspektive müssen wir zurückerobern, um das System zu zerstören, das den Untergang verdient. Wir richten uns damit auch an diejenigen Organisationen und Einzelpersonen der trotzkistischen Bewegung und internationalistische Organisationen, die es ebenso wichtig finden, in der Debatte über den Vorschlag einer Bewegung für eine Internationale der sozialistischen Revolution voranzukommen, die auf den Lehren des Klassenkampfes basiert. In diesem Manifest berücksichtigen wir einige der Erfahrungen, die in den Vereinigten Staaten, Frankreich, Chile und Argentinien gemacht wurden, aufgrund der Intensität des Klassenkampfes oder wegen des Einflusses der sozialistischen und revolutionären Linken im Vergleich zu anderen Ländern. Damit versuchen wir, die wichtigsten Kämpfe zusammenzufassen, die unserer Meinung nach derzeit stattfinden.

[Manifest] Die kapitalistische Katastrophe und der Kampf für eine Internationale der sozialistischen Revolution

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