“Erde brennt! Salzburg”: Studierende besetzen Uni (Interview)
Seit einigen Wochen besetzen Klimaaktivist:innen vermehrt Unis weltweit. Sie sind Teil der Bewegung “End Fossil Occupy”. Auch in Salzburg besetzten am 16. November Studierende und Aktivist:innen, im Unipark Nonntal drei Seminarräume. Wir haben ein Interview mit Max von “Erde brennt! Salzburg” geführt.
Wie kam es zur Besetzung? Und warum habt ihr diese Form des Protests gewählt?
Wir haben uns als Gruppe ursprünglich zusammengefunden, um den Ausbau der Mönchsberggarage zu verhindern. Das war einfach ein super aktuelles, lokales Thema, wo ganz viele Menschen, eben auch junge Menschen, super daran interessiert waren. Da hat sich dann eine junge Gruppe gefunden, die glaube ich eh schon immer im Hinterkopf hatte, den Protest weiterzuführen. Da haben wir eben angefangen uns als Gruppe zu sammeln, zu protestieren und uns zu organisieren. Als wir dann erfolgreich waren, also unser Ziel erreicht haben, war für uns so bisschen Unsicherheit, wie es weitergeht und was wir als nächstes machen wollen. Dann sind wir da über die Bewegung “End Fossil Occupy” so bisschen drüber gestolpert. Ich hab da auf einem Fridays for Future Bundesplenum mitbekommen das Besetzungen stattfinden werden und hab das dann in die Gruppe getragen, hab gefragt “hey ist das was wo wir uns anschließen wollen?”. Wir fanden es total cool, international diese Ungerechtigkeit der Klimakrise herauszuarbeiten, die vor allem zwischen dem globalen Norden und dem globalen Süden existiert. Dann haben wir uns dazu entschieden, dass wir da mitmachen und ein Teil von der internationalen Bewegung werden wollen. Wir haben dann Ende Juli angefangen, uns dahingehend zu organisieren und die Besetzung zu planen.
Wie hat die Uni auf die Besetzung reagiert? Gab es Repression oder ist welche zu erwarten?
Die Uni hat ziemlich entspannt reagiert. Wir haben öffentlich angekündigt, dass wir die Uni besetzen wollen. Wir haben öffentlich geflyert, plakatiert, auf Instagram und in Signal Gruppen das offen kommuniziert. Die Vizerektorin ist uns auch gefolgt [auf Instagram]. Der Uni war also schon bewusst, dass wir die Uni besetzen, es war nur unklar wann und wo. Wir haben davor auch schon über verschiedene Kanäle die Rückmeldung bekommen, dass das Rektorat da relativ entspannt drauf reagieren wird und der Hausdienst angewiesen ist, uns nicht direkt rauszuschmeißen. Wir sind da relativ am Besetzungs Beginn in Kontakt mit dem Hausdienst, Rektorat, Dekan und sowas getreten und haben uns sehr darum bemüht, einen konstruktiven Austausch zu finden. Der Dekan war am selben Abend noch da, der Direktor oder die Vize-Rektorin waren am nächsten Tag dann da und so. Also ich glaube das Verhältnis ist super entspannt, es gab jetzt irgendwie nie Andeutungen, dass wir Stress kriegen oder geräumt werden. Der Rektor hat uns auch irgendwann was zu Essen vorbeigebracht, eine – wie ich glaube – sehr friedliche Geste. Deswegen glaube ich, dass aktuell die Chancen auf Repression relativ gering sind, aber wir müssen natürlich schauen, wie sich das entwickelt. Jetzt natürlich auch wie unsere Verhandlungen laufen werden und dann wie lange wir hier noch sind. Also ich kann mir schon noch vorstellen, dass wenn wir hier noch länger sind es schon noch irgendwann nervig wird für die Uni, aber grundsätzlich glaub ich schon dass die Uni und die Unileitung auch gecheckt hat, dass dieses Thema wichtig ist und das sie einen Protest dazu nicht einfach unterdrücken wollen.
Was sind eure zentralen Forderungen?
Die zentrale Forderung von der weltweiten Bewegung “end fossil occupy” ist der Ausstieg aus fossilen Energien. Wir jetzt konkret haben Forderungen an die Uni und die Politik gestellt. Forderungen an die Uni sind beispielsweise eine verpflichtende Lehrveranstaltung für Studierende zum Thema Klimakrise und Nachhaltigkeit. Konkrete Forderungen an die Politik haben wir aufgeteilt in Stadt, Land und Bundespolitik. Zum Beispiel auf Stadtpolitik Ebene: bessere Radwege, autofreie Innenstadt – eben vor allem in Richtung Mobilitätswende. Auf Landesebene, auch zum Teil Mobilitätswende betreffend, kostenlose und attraktive Öffis. Aber dann eben auch sowas wie der massive Ausbau von erneuerbaren Energien, das Ziel der Klimaneutralität auf 2040 statt auf 2050 zu setzen. Auf Bundesebene sind die Forderungen, dass es endlich ein Klimaschutzgesetz gibt, weil Österreich seit über 600-650 Tagen kein Klimaschutzgesetz hat. Und, dass die Forderungen, die der Weltklimarat, das ist ein Rat von Bürger:innen, erarbeitet umgesetzt werden.
Auf eurem Fyler schreibt ihr “es braucht ein grundlegendes Umdenken” und “wir wollen unsere Gesellschaft neu umdenken”, was genau meint ihr damit? Wie stellt ihr euch perspektivisch den Kampf gegen die Klimakrise vor?
Ich glaube, dass das eine relativ große Frage ist oder auch eine Frage, auf die wir jetzt noch keine konkrete Antwort haben. Unsere Idee dahinter ist, hier genau diesen Raum zu öffnen, um das zu diskutieren. Und dass wir uns da Gedanken drüber machen und auch dann dafür sorgen, dass man sich an der Uni langfristig damit beschäftigen wird. Das heißt natürlich auch, dass man sich kritisch mit dem kapitalistischen Wirtschaftssystem auseinandersetzt, weil natürlich klar ist, dass diese grenzenlose Profit-Maximierung eine der Hauptursachen für die aktuelle Klimakrise, aber natürlich auch für einige andere Krisen ist.
Wie seht ihr die Verbindung zwischen all den Krisen und Kriegen, über die ihr auf eurem Flyer schreibt, also der Klimakrise, dem (Ukraine-)Krieges und der Inflation?
Wir sehen, dass die Verbindung ganz klar in der fossilen Abhängigkeit liegt. Das weitere Verbrennen von Kohle, Öl und Gas führt dazu, dass die Klimakrise immer schlimmer wird und immer mehr Menschen ihr Leben kosten wird. Wir sehen aber auch, dass wir mit unseren Gas- und Öl- Importen aus Russland genau diesen Angriffskrieg finanzieren und dafür dann irgendwie mitverantwortlich sind. Und drittens, dass die aktuelle Inflation getrieben wird durch die hohen Energiepreise, die verursacht werden durch die Öl und Gas Preise,. Wir sehen, dass diese drei Krisen eben eine gemeinsame Ursache haben und dass da die letzten Jahre und Jahrzehnte massiv verschlafen wurde, in erneuerbare Energien zu investieren, um sich aus dieser Abhängigkeit zu lösen.
Was erhofft ihr euch perspektivisch von diesem Protest?
Ganz viele verschiedene Sachen. Ich erhoffe mir auf der einen Seite, dass es in der gesellschaftlichen Wahrnehmung klarer wird, wie diese drei Krisen zusammenhängen und was die Ursache und damit auch die Lösung für diese Teuerungskrise ist. Weil ich eben glaube, dass aktuell nicht viele Menschen checken, warum diese Teuerung so stattfindet und glauben, dass ein Entlastungspaket nach dem anderen während dieser Inflation Hilfe schafft. Sie gehen aber damit das Problem nicht an der Wurzel an. Eine andere Hoffnung ist, allgemein den Kampf gegen die Klimakrise voranzubringen, langfristig an der Uni zu verankern und dafür zu sorgen, dass sich Studierende langfristig damit beschäftigen können/müssen. Aber meine Hoffnung ist natürlich auch, Studierende zu politisieren. Salzburg ist in meinen Augen eine ziemlich konservative verschlafene Stadt, es sind relativ wenige Menschen wirklich politisch organisiert und meine Hoffnung ist dadurch, dass wir den Protest ganz nah an ihren Lebensmittelpunkt bringen, wir Studierende erreichen und sie politisieren können.
Wie wollt ihr Kämpfe verbinden mit anderen Bewegungen?
Ich glaube für diese Bewegung “Erde brennt! Salzburg” ist das jetzt nicht so relevant, weil wir uns eben darauf beschränken diese Uni-Besetzung durchzuführen und danach, das ist zumindest mein Eindruck, löst sich die Bewegung/Organisationsgruppe wieder auf. Grundsätzlich ist natürlich trotzdem die Hoffnung da, diese Organisation weiterzutragen und in andere Kämpfe mit reinzubringen. Ich denken wir verbinden hier schon drei ganz wichtige und zentrale Krisen, da wird es darum gehen, sich Organisationen rauszusuchen die diese Kämpfe auch gerade kämpfen, natürlich im gewerkschaftlichen Kontext, aber auch andere Klimagerechtigkeit Bewegungen und andere Friedensbewegungen. Aber wir haben uns da tatsächlich noch nicht so direkt Gedanken gemacht oder uns direkt damit beschäftigt, da für uns klar ist, dass nach dieser Besetzung diese Bewegung wahrscheinlich erstmal vorbei ist.
Wieso ist die Universität ein wichtiger Ort, um Politik zu machen?
Wir sind der Meinung, dass die Uni der Ort ist, wo eigentlich die Antworten auf diese vielen Probleme unserer Generation gefunden werden sollten. Wo wir positive Zukunftsvisionen entwickeln können und wo wir außerhalb der bisherigen Grenzen denken können. Aktuell ist die Uni dieser Ort nicht. Ich glaube, ganz viele Menschen sind, dank Bologna Reform, in diesem krassen Studierenden Stress und es geht eigentlich nur darum möglichst schnell die ETCS Punkte zu sammeln und gar nicht mehr außerhalb des eigenen Faches oder außerhalb der eigenen Studienrichtung zu denken. Das ist etwas, das wir aufbrechen wollen, wo wir sagen wollen “hey auf der einen Seite lass uns mit den großen Probleme dieser Gesellschaft beschäftigen, aber vor allem auch, dass wir dieses interdisziplinäre Denken fördern wollen und das nicht jede:r auf eigener Schiene fährt, sondern Menschen zusammendenken und ihre verschiedene Wissensfelder zusammenbringen, um diese Krisen zu bewältigen .