Entlassungen in Cafés, Bars und Restaurants wegen Corona – für ein Entlassungsverbot!
Viele Einrichtungen müssen sich wegen Corona-Maßnahmen schließen. Das bedeutet für viele Lohnkürzungen, gar Entlassungen. Warum wir ein Kündigungsverbot brauchen.
Symbolbild: „Piazza San Marco, empty“ by tiseb is licensed under CC BY 2.0
Am Samstag haben mehrere Landesregierungen bekanntgegeben, dass weitere Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus in Kraft treten. Diese beinhalten ein Veranstaltungsverbot für mehr als 50 Teilnehmende und die Schließung von Kinos, Theatern, Konzerthäusern, aber auch vielen Cafés, Bars und zum Teil auch Restaurants. Gestern kam noch die Nachricht herein, dass die Bundesregierung den Ländern empfiehlt, alle Läden außer Supermärkte geschlossen halten.
Von diesen Schließungen sind die Beschäftigten hart getroffen. Viele fürchten Entlassungen. Und zwar nicht nur in Gastro-Berufen, sondern auch in Metallbranche. Die Regierung bietet Kurzarbeiter*innengeld als Alternative für Kündigungen der Unternehmen an, sodass 60% des Lohns vom Staat finanziert wird.
Dabei werden in der Tat die Profite und Vermögen der Aktionär*innen und Kapitalist*innen von Steuergelder subventioniert. Unternehmen werden weder dazu verpflichtet, aus ihrem eigenen Vermögen die Löhne zu finanzieren (was durch ein zusätzliche Vermögensteuer möglich wäre), noch werden Entlassungen verboten. Außerdem wird in etlichen Fabriken und Betrieben weitergearbeitet, obwohl mehrere Corona-Fälle bekannt sind, was die Gesundheit der Kolleg*innen gefährdet.
Die Realität der Bosse und die der Arbeiter*innen
Es sind tatsächlich Maßnahmen notwendig, um die weitere Verbreitung des Corona-Virus einzuschränken. Die Frage ist jedoch, wer den Preis dieser Maßnahmen bezahlen soll.
In Berlin sind seit Samstag viele Einrichtungen geschlossen und Straßen leer. Selbst offene Restaurants haben zum Teil sehr wenige Kund*innen. Mit dieser Begründung wird es zur Entlassung vieler Beschäftigter kommen.
Sehen wir erstmal beide Seiten an: Für die Kapitalist*innen bedeutet eine Schließung Verluste bei den Profiten. Jedoch ist ihre materielle Grundversorgung nicht in Gefahr, da sie im Besitz von großen Vermögen sind, die sie durch die Jahre anhand der Ausbeutung der Arbeiter*innen im Laden akkumuliert haben. Im schlimmsten Fall bekommen sie nicht die erwarteten Rendite von ihrer Investition und melden Insolvenz an. Ihr Privatvermögen und etliche andere Einnahmequellen wie als Aktieninhaber*innen werden nicht einmal berührt.
Für die Arbeiter*innen dagegen bedeutet eine Schließung oder eine Kündigung den Verlust des einzigen Einnahmequelle. Wir arbeitenden Menschen besitzen keine große Vermögensschätze, Mieteinnahmen oder ähnliche Quellen, die uns helfen würden über mehrere Jahre, oder im Falle der Millionär*innen mehrere Jahrzehnte, über die Runden zu kommen. Und einige von uns trifft eine solche Entlassung viel schwieriger als andere, zum Beispiel diejenigen von uns, die alleinerziehend sind oder Pflegeverpflichtungen haben.
In so einer Situation ist es heuchlerisch, von gegenseitiger „Verantwortungsübernahme“ der „Arbeitgeber*innen“ und Arbeiter*innen zu reden. Für sie geht es um ihre Profite, die übrigens von Bundesregierung durch große KfW-Kredite gerettet werden. Für Arbeiter*innen geht es um die materielle Existenz, weiterhin die eigene Miete oder Krankenversicherung bezahlen zu können. Auch kleine Selbstständige sind in ihrer eigenen Existenz bedroht, denn anders als große Kapitalist*innen sind sie noch auf ihre eigene Arbeitskraft angewiesen und können solche Durststrecken nicht gut überbrücken und sind selbst von Deklassierung bedroht. Auch sie würden von einer massiven Besteuerung des Großvermögens und einem Stopp von Zwangsräumungen und einer Streichung von Schulden bei den Banken profitieren, die wir fordern.
Entlassungen und Kürzungen entgegentreten
Der Gastro-Sektor ist aktuell von Schließungsmaßnahmen in Deutschland am meisten betroffen. Im Kontrast zu anderen Sektoren, wie dem öffentlichen Dienst oder der Industrie, handelt es sich dabei um viel unsicherere Arbeitsverhältnisse, wo öfters nicht einmal ein schriftlicher Arbeitsvertrag existiert. Da die gewerkschaftliche Organisierung in diesen Sektoren ziemlich gering ist, kaum Betriebsräte und Arbeiter*innenstrukturen existieren, ist der Druck die auf Beschäftigten seitens der Chefetagen sehr groß.
Viele der Beschäftigten arbeiten in kurzfristigen Verträgen, obwohl der Job meistens ihre einzige Einnahmequelle ist. Ein großer Teil der Beschäftigten besteht aus migrantischen Kolleg*innen, die aufgrund der Diskriminierung ihre Rechte nicht kennen und von Bossen wegen ihres Aufenthaltsstatus oder ihrer sozialen Situation besonders erpresst werden. Es gehört zur Unternehmensstrategie für Kleinbetriebe, dass die Fluktuation im Gastro- und Hotel-Betrieb hochgehalten wird, um eine mögliche gewerkschaftliche Organisierung zu unterbinden. Wir sahen beim Wombat’s Hostel, wie die „Arbeitgeber*innen“ den Betrieb geschlossen haben, einfach um eine gewerkschaftlich organisierte Belegschaft loszuwerden.
All die Nachrichten über Entlassungen zeigen, dass die Entscheidung des Berliner Senats, Einrichtungen ganz zu schließen ohne ein Entlassungsverbot zu verhängen, den Bossen die Freiheit gibt, ihre Beschäftigten vor die Tür zu stellen. Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) bezeichnet die Situation im Gastgewerbe als „brutal“.
Die Gewerkschaften NGG, ver.di und andere müssen jegliche Unterstützung gegenüber von Entlassung bedrohten Kolleg*innen leisten und gegen diese Entlassungen durch Streiks vorgehen. Es ist die Aufgabe der Organisationen der Arbeiter*innen, in solchen Krisensituationen ausschließlich die Interessen der Beschäftigten zu verteidigen. Sich auf die Maßnahmen der Regierung zu verlassen, wird nicht funktionieren – wir sehen den Pflegenotstand und die katastrophale Lage des Gesundheitssystems, wo die Regierung konsequent Stellen abgebaut hat und Kolleg*innen seit Jahren durch Streiks gegen den Personalmangel kämpfen.
Wir müssen dafür kämpfen, dass jegliche Entlassungen aufgrund der Auswirkungen des Corona-Virus wie in Mallorca verboten werden und Unternehmen, die trotzdem entlassen, entschädigungslos enteignet, verstaatlicht und in Kontrolle der Beschäftigten überführt werden, um die Produktion demokratisch zu gestalten.
Der vollständige Lohn muss für die Betriebe, die zeitweise schließen müssen, von den Kapitalist*innen selbst bezahlt werden. Dasselbe gilt auch für die Betriebe, die unter hohen Ansteckungsgefahr stehen. Es dürfen keinerlei Nachteile für die Arbeiter*innen selbst entstehen!
In Italien und Spanien streiken Beschäftigte von Mercedes und anderen Metallbetrieben gegen die unzureichenden Schutzmaßnahmen des Managements und legen die Produktion still. Auch in Deutschland brauchen wir eigenständige Aktionen von Gewerkschaften, gegen den Pflegenotstand, Entlassungen und unzureichende Schutzmaßnahmen in Betrieben. Anstatt im Sinne der „Sozialpartnerschaft“, also Verkauf der objektiven Interessen der Arbeiter*innen an Staat und Bosse, wie vom DGB-Vorstand neuerlich angekündigt, brauchen wir Aktionen gegen die Manöver der Bosse in diesen Krisenzeiten mehr denn je.