Ende von USAID: Der Imperialismus ändert sein Gesicht, nicht seine Natur

05.03.2025, Lesezeit 10 Min.
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Foto: Philip Yabout/shutterstock

Elon Musk und Donald Trump haben die Agentur für wirtschaftliche Entwicklung und humanitäre Hilfe USAID aufgelöst. Sie war eine Säule des amerikanischen Imperialismus, doch ihr Verschwinden ist keine gute Nachricht und steht sinnbildlich für die neue „Trump-Doktrin“.

Unter dem Beifall einiger Dutzend Menschen, die sich vor dem Ronald Reagan Building in Washington versammelt hatten, räumten einige der 10.000 entlassenen Mitarbeiter der United States Agency for International Development (USAID) ihre Büros. Am 3. Februar hatte die Trump-Regierung den Abbau dieser Agentur angekündigt, die für die Finanzierung von Projekten hauptsächlich im globalen Süden zuständig ist. Die Demokratische Partei sowie das außenpolitische Establishment in Washington haben diese Geste schnell verurteilt, aber diese Agentur ist weit davon entfernt, ein unschuldiger Verteidiger der Schwächsten zu sein, sondern ein Eckpfeiler des US-Imperialismus. Ihre Auflösung bedeutet eine Veränderung des letzteren hin zu einer Rückkehr zu direkter Konfrontation und Zwang.

USAID: Zwangsehe

„Ein Schlangennest, bestehend aus linksradikalen Marxisten, die Amerika hassen.“ So begründete Elon Musk, der Milliardär, der von der Trump-Regierung mit der Durchführung historischer Haushaltskürzungen beauftragt wurde, den Abbau der USAID. Leider ist die Realität der USAID weitaus düsterer als diese Beschreibung: Sie war vor allem ein mächtiges Werkzeug des US-amerikanischen Imperialismus.

Die Agentur wurde 1961 unter der Präsidentschaft von John F. Kennedy auf dem Höhepunkt der Spannungen zwischen Moskau und Washington gegründet und war Teil der amerikanischen Strategie „The Alliance for Progress“ (Bündnis für den Fortschritt). In den folgenden Jahren dienten USAID und das Bündnis für den Fortschritt dazu, die Ausbreitung der kubanischen Revolution auf den Rest der Hemisphäre zu begrenzen. Dies geschah „manchmal mit seltsamen ‚Wohltätigkeitsmechanismen‘ gegenüber den armen Regionen Lateinamerikas und manchmal mit offener Einmischung in ihre inneren Angelegenheiten“, wie Reinaldo Spitaletta in den Kolumnen von El Espectator erinnert.

Seit den 1980er Jahren hat sich die Taktik der USAID geändert. Zusammen mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion und der wachsenden und praktisch unbegrenzten Hegemonie der USA, die die internationale Ordnung zu Beginn der 2000er Jahre prägte, reihte sich die USAID in eine lange Liste von Institutionen ein, die von Washington gesteuert werden und darauf abzielen, diese Dominanz zu festigen. Der IWF, die Weltbank und in jüngster Zeit auch die von Brüssel geleitete Global Gateway-Strategie bildeten ein informelles imperialistisches Netzwerk, um den Einfluss aufstrebender Mächte, allen voran Chinas, zu bekämpfen. Wie in ihrem Einflusskrieg gegen Moskau stützte sich die Taktik der US-Agentur hauptsächlich auf zwei Säulen: direkte Einmischung und die Schaffung völliger Abhängigkeit.

Es gibt zahlreiche Beispiele für direkte Einmischung: Die Finanzierung von Oppositionsgruppen, die den imperialistischen Interessen der USA näher stehen, war eine übliche Taktik, die auch im Jahr 2023 noch angewendet wurde, als der mexikanische Präsident Andrés Manuel López Obrador beschuldigte, „die US-Regierung, insbesondere über die USAID, [finanziere] seit einiger Zeit Organisationen, die sich offen gegen die legale und legitime Regierung stellen“. Im Jahr 2014, einige Jahre nach dem Arabischen Frühling, in dem sich die Massen zum ersten Mal über soziale Netzwerke organisierten, orchestrierte USAID die Gründung von „ZunZuneo“, einem sozialen Netzwerk, das Aufstände in Kuba provozieren sollte. In den von Associated Press erhaltenen Dokumenten bestand die Strategie darin, die Nutzer:innenzahl durch „neutrale Inhalte“ wie Fußball und Musik zu erhöhen und dann politische Inhalte einzuführen, die darauf abzielten, „das Kräfteverhältnis zwischen Staat und Gesellschaft neu auszuhandeln“.

Während die direkte Einmischung eher Schlagzeilen macht, ist der schädlichste Aspekt der USAID die Art und Weise, wie sie sich in die Wirtschaft und Gesellschaft der von imperialistischer Herrschaft betroffenen Länder eingegliedert hat. Lateinamerika hat, wie der Rest des globalen Südens, eine wachsende Abhängigkeit von Entwicklungshilfeprogrammen. Diese Organisationen und Initiativen wurden dann genutzt, um die Länder des Südens zu einer neoliberalen Politik zu zwingen und so ihre Abhängigkeit von den USA und Europa zu verstärken, wie der Politikwissenschaftler Carlos Cruz Mosquera erklärt.

Diese Politik wurde bewusst aufgebaut, zunächst unter der Präsidentschaft von Ronald Reagan und dann unter allen nachfolgenden Regierungen. In Zusammenarbeit mit der Weltbank und dem IWF hat Washington (über die USAID) den Washingtoner Konsens durchgesetzt: eine Reihe neoliberaler Reformen, die von der Privatisierung und Deregulierung bis hin zur Begrenzung der Verschuldung und der Öffnung für ausländisches Kapital reichen.

Zu diesem Zweck wurden wirtschaftliche Drohungen ausgesprochen: Die versprochene Hilfe würde nur gezahlt, wenn die oben genannten Wirtschaftsreformen umgesetzt würden, was es US-amerikanischen Unternehmen ermöglichte, Ressourcen und Arbeitskräfte auszubeuten. Darüber hinaus war ein beträchtlicher Teil dieser Hilfe „gebundene Hilfe“, also an den Kauf von Produkten und Dienstleistungen geknüft, die von Unternehmen aus dem Land geliefert wurden, das diese Hilfe bereitstellte. Diese auch von Frankreich und anderen imperialistischen Ländern geschätzten Techniken haben dazu geführt, dass ehemalige Kolonien über eine „Unabhängigkeit der Flagge ohne wirtschaftliche Autonomie“ verfügen, so Getachew Fentahun.

Darüber hinaus spielt dieser informelle Imperialismus auch eine Rolle bei der Kooptation politischer und unabhängiger Proteste gegen US-Interessen und schafft Sphären der Zivilgesellschaft, die direkt diesen untergeordnet sind. Durch die direkte Finanzierung von NGOs ist es den USA gelungen, jede fortschrittliche Bewegung von unten zu entpolitisieren und zu institutionalisieren, ein bürokratisches Labyrinth zu schaffen und jegliche Opposition gegen das Regime zu kooptieren. Einige Expert:innen sprechen sogar von einem Phänomen der NGO-isierung der Zivilgesellschaft im Süden, um zu beschreiben, wie dieser Prozess die Selbstorganisation der Arbeiter:innenklasse im Keim erstickt.

Es ist diese Institution, die die Demokratische Partei mit Leib und Seele verteidigt hat und damit einmal mehr ihre imperialistische Haltung offenbart hat. Senator Chris Murphy, aufsteigender Stern der Demokraten, erklärte, dass die Agentur China eindämme, um sicherzustellen, dass es „keine Monopole bei wichtigen Mineralien und Hafeninfrastrukturen“ erhalte.

Allerdings ist die Auflösung von USAID durch Elon Musk und seine Agentur DOGE keine Nachricht, die gefeiert werden sollte. Bis zu 10.000 Menschen werden praktisch über Nacht arbeitslos. Diese Entscheidung ist kein Rückzug des Washingtoner Imperialismus, sondern eher ein Kurswechsel.

Entgegen der Behauptungen einiger bürgerlicher Analyst:innen ist die Auflösung der USAID nicht nur das Werk eines wahnsinnigen Brandstifters, der davon besessen ist, die Regierung auf ein Minimum zu reduzieren. Vielmehr ist sie ein Symptom der sich abzeichnenden „Trump-Doktrin“.

Imperialismus der alten Schule

USAID war Ausdruck eines hegemonialen amerikanischen Imperialismus ohne große Konkurrenten, dem es gelang, die meisten Proteste zu verhindern, indem er sich in das Gefüge der Gesellschaften der unter imperialistischer Herrschaft stehenden Länder einnistete. Die Abschaffung dieser wichtigen Agentur zeigt eine neue Methode des US-Imperialismus. Während die bürgerlichen Medien von einer „transaktionsorientierteren Außenpolitik sprechen, ist die Realität weitaus schlimmer. Es ist nun eine Politik, die fast ausschließlich auf Gewalt basiert.

Militärische Gewalt war der Politik Washingtons zwar nie fremd (man denke an die Kriege in Afghanistan und im Irak), aber wie die jüngsten Erklärungen zu Gaza oder der Ukraine zeigen, drückt sich die Trump-Doktrin in einer aggressiven Fokussierung auf Krisenherde aus, die schnell und abrupt handeln will und dabei die Peripherie außer Acht lässt.

Zur Transaktionsfähigkeit kommen zwei weitere Säulen der Trump-Doktrin hinzu, wie Nesrine Malik in der Kolumne des Guardian erklärt: die Finanzialisierung, das heißt „die Reduzierung der Politik auf die Frage, wie viel Dinge kosten, wie hoch die Rendite ist und wie sie maximiert werden kann“, sowie das Ende der Soft Power,für die USAID stand.

Dies geschieht nicht ohne Widersprüche. Diese von Trump verabschiedete Strategie lässt Raum für eine langsame, aber solide Zunahme des Einflusses Pekings in Gebieten, die zuvor von Washington dominiert wurden. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger gibt der Bewohner des Weißen Hauses jeden Versuch auf, eine liberale Ordnung unter seiner Kontrolle wiederherzustellen.

Tatsächlich ist es Ausdruck „einer außenpolitischen Orientierung, die sich nicht an der Führung einer globalen Ordnung, sondern an imperialistischen nationalen Interessen orientiert. Letzteres stellt eine Art Rückkehr zu den „Einflusssphären“ des klassischen Imperialismus dar, die über instabile Teilabkommen hinaus die Rivalitäten zwischen Mächten und Kriegstreiberei verstärken“, wie unsere Genossin Claudia Cinatti erklärt.

In Frankreich hat die extreme Rechte nach der Ankündigung der Abschaffung von USAID ihre Kameraden jenseits des Atlantiks nachgeahmt und eine Offensive gegen die französische Entwicklungsagentur geführt. Der RN-Abgeordnete Guillaume Bigot erklärte kürzlich in einem Gastbeitrag in Le Figaro, dass die öffentliche Entwicklungshilfe „ein finanzieller Abgrund mit leider begrenzten Ergebnissen ist. Seit 2017 hat Paris begonnen, die internationale Großzügigkeit zu überbieten.“ Weit entfernt von internationaler Großzügigkeit nutzt Paris, genau wie Washington, diese Hilfe, um seine ehemaligen Kolonien zu unterdrücken.

Dennoch hat das französische Außenministerium, ein Zeichen für die sich wandelnden Zeiten, die Art und Weise, wie die französische Hilfe funktioniert, überarbeitet. Das auffälligste Ereignis ist zweifellos der enorme Einschnitt von 37 Prozent, den es im Haushalt der Regierung Bayrou gesehen hat. Seit einigen Jahren schon wird die AFD weniger dazu benutzt, Zustimmung zu erzeugen, sondern eher für die direkten und kurzfristigen Interessen der französischen Bourgeoisie. In diesem Zusammenhang wird geschätzt, dass etwa 10 Prozent ihres Budgets nicht einmal das französische Staatsgebiet verlassen und für die Migrationskontrolle verwendet werden. Eine Tendenz, die sich auf internationaler Ebene verstärkt hat, wo die Nutzung der AFD für Migrationsmanagement und Repression zwischen 2002 und 2017 um 350 Prozent gestiegen ist.

In einer Zeit, in der der französische Imperialismus zunehmend in seinem historischen Kerngebiet in Frage gestellt wird, folgt die öffentliche Entwicklungshilfe diesem Trend; der Kauf von Konsens ist aus der Mode gekommen und weicht der rohen Gewalt.

In dieser Zeit, die von einem Rückgang der US-Hegemonie und der zunehmenden Entstehung direkter Konflikte zwischen den Mächten geprägt ist, vollzieht Washington daher erneut eine Wende. Wenn die USAID am Ende des Kalten Krieges dazu diente, die Zustimmung der Beherrschten zu erkaufen, ist ihre Abschaffung symptomatisch für die Rückkehr eines kruden und gewalttätigen Imperialismus.

Dieser Artikel erschien zunächst am 4. März in unserer französischen Schwesterzeitung Révolution Permanente.

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