Emmanuel Macron raus aus der Goethe-Universität!

09.10.2017, Lesezeit 4 Min.
Gastbeitrag

Der französische Präsident Macron war an der Uni Frankfurt für eine Rede. Wir veröffentlichen ein Flugblatt der Studierenden, die gegen ihn protestierten wollen.

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Am 10. Oktober erscheint Emmanuel Macron unter großen Sicherheitsvorkehrungen vor einem ausgewählten Publikum an der Universität Frankfurt. In einer Neuauflage seiner kürzlich an der Sorbonne gehaltenen Rede über die Zukunft Europas wärmt der französische Präsident reaktionäres Gedankengut von einer „starken“, „effizienten“ und „souveränen“ EU auf. Was das in der Praxis heißt bekommen die Arbeiter*innen und die Jugend Frankreichs derzeit zu spüren. Was die Studierenden in Frankfurt von diesem gruseligen Auftritt halten, machen sie in einem Aufruf deutlich:

Die Studierenden der Universität Frankfurt erklären ihre Solidarität mit den Streiks den Arbeiter*Innen und der Jugend Frankreichs.

Der September 2017 war in Frankreich von einer großen Streikmobilisierung gegen Emmanuel Macrons Vorhaben zur Flexibilisierung der Arbeitsgesetzgebung durchzogen. Aufgerufen haben die großen Gewerkschaften CGT, CFDT und FO. In 250 Orten des Landes sind 300.000 bis 400.000 Menschen auf die Straßen gegangen, um gegen das Loi Travail XXL zu protestieren.

Das Loi Travail XXL steht in derselben Tradition wie die bereits unter François Hollande lancierten Angriffe auf die Arbeitsrechte. Das Ziel von Macrons Reformen ist eine „Umwälzung“ des französischen Arbeitsmarktes nach dem Vorbild der deutschen Hartz-IV Gesetze. Im Klartext heißt das: Reduzierung von Ansprüchen auf Arbeitslosengelder und Lockerung des Kündigungsschutzes. Beide Fälle betreffen besonders jüngere Leute, die sowieso schon unter den schwierigen Bedingungen in der Krise leiden.

Neben großen Steuergeschenken für die Unternehmen beinhalten die Reformen vor allen Dingen auch eine Aufweichung der Rahmengesetzgebung für den Arbeitsmarkt, die in Frankreich traditionell auf nationaler Ebene liegt. In Zukunft sollen für jeden Betrieb eigene Regelungen gelten – keine Frage, dass auf lange Sicht nur die Unternehmen davon profitieren können.

Emmanuel Macron selbst ist eine personifizierte Notlösung, der von einer bürgerlichen Koalition hauptsächlich deswegen ins Präsidentenamt gespült wurde, um dadurch Schlimmeres zu verhindern – nämlich einen Sieg der Rechtsextremen Marine le Pen.

Gelernt hat das politische Establishment aus dieser Bedrohung vom rechten Rand allerdings nichts. Genauso wie die SPD, Grüne und Linke in Deutschland setzen die Sozialdemokraten und Sozialisten Frankreichs weiterhin auf eine nationale und neoliberale Politik für die Unternehmer anstatt für ein internationales Zusammenhalten gegen Krieg und Krise einzutreten.

Auch Emanuel Macron regiert in Gestalt eines offiziellen, dauerhaften Ausnahmezustands, den seine Regierung im Juni zum bereits 6ten Mal (!) verlängern lies. Dieser Zustand betrifft aber nicht nur Fragen der inneren Sicherheit, sondern auch innenpolitische Fragen werden seit langem nur noch per Notverordnungen durchgesetzt. Die Repression der Polizei und die Repression der Unternehmer gegen alle Angestellten gehen hier unverkennbar Hand in Hand.

Der Chauvinismus der oberen Klassen gegen Angestellte und Arbeitslose – die Macron am allerliebsten als faule Nichtsnutze beschimpft, wenn sie sich gegen seine „Reformen“ wehren, der Rassismus gegen alles Fremde genauso wie der Antisemitismus und der Sicherheitswahn schaukeln sich dabei nur immer weiter auf.

So wurde ganz konkret der Paragraph zur Verhinderung von Diskriminierung aufgrund der Religionszugehörigkeit aus dem Kündigungsschutzgesetz gestrichen. Welchen Effekt sollen solche Reformen haben, außer einer weiteren Spaltung der Menschen und dem säen von neuem Hass? Welche Allparteienkoalition soll die V. Republik nächstes Mal retten, wenn Le Pen als Ergebnis einer solchen Politik mit doppelt so vielen Stimmen zurückkehrt?

Jetzt wirbt Macron für ein vorgeblich solidarisches Europa. Die Möglichkeit für ein tatsächlich solidarisches Europa wird aber gerade von einer neoliberalen Politik und einer bürgerlichen Notstandsverwaltung des Kapitalismus kaputtgemacht. Für diese steht auch Macron.

Daher erklären wir uns solidarisch mit unseren streikenden Freund*innen, Mit-Studierenden und Kolleg*innen in Frankreich. Ein neoliberales Europa versucht über Ländergrenzen hinweg Arbeitsrechte zu untergraben und Arbeitsverhältnisse zu prekarisieren. Wir stellen dagegen unsere Idee eines wirklich solidarisch vereinten, basisdemokratischen Europa jenseits des Kapitalismus.

Contre l’europe de Macron-Merkel!

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