EM-Auftakt 2016: Streiks bei Bahn, Flughafen und Müllabfuhr vermiesen der Regierung die Party

13.06.2016, Lesezeit 4 Min.
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Am vergangenen Freitag begann in Frankreich die Fußball-Europameisterschaft. Regierung und Medien setzen die Arbeiter*innenbewegung unter Druck, ihren Protest gegen die Arbeitsreform zu beenden. Diese ist unbeeindruckt – und bestreikt Infrastruktur, Verkehr und Mülldepots.

Am Abend des 10. Juni eröffneten die Nationalmannschaften Frankreichs und Rumäniens in Paris die diesjährige Fußball-EM. Das französische Team tat sich unerwartet schwer gegen die rumänische Auswahl. Doch wichtiger als das, was auf dem Platz geschah, war das, was sich außerhalb der Stadien abspielte: Anders als Regierung und Medien gehofft hatten, gingen die Streiks der letzten Wochen und Monate gegen die reaktionäre Arbeitsreform weiter. Das konservative Blatt Le Figaro hatte getitelt: „Die Gewerkschaftsforderungen schaden dem Beginn der EM“, und die Regierung hatte gepoltert: „Man muss einen Streik auch beenden können.“ Doch vergebens: Die Arbeiter*innen bei der Eisenbahn, der Pariser Metro und der Müllabfuhr entschieden, ihre Streiks zu verlängern. Am Samstag traten auch die Pilot*innen von Air France in den Streik. Damit steht die Europameisterschaft vor großen logistischen Problemen, denn es werden auch Linien bestreikt, die die Fans zu den Stadien bringen.

Am Abend des Eröffnungsspiels hatten auch Streikende der Fastfoodkette McDonald’s vor dem Tor des Stadions gegen die Arbeitsreform der Regierung protestiert. Auch der Streik- und Aktionstag am Vortag, dem 9. Juni, zeigte die anhaltende Kraft der Bewegung. So gingen allein in Le Havre, der „Streikhauptstadt“ der Bewegung im Norden Frankreichs, am Donnerstag allein 40.000 Menschen auf die Straße. Angeführt von den Hafenarbeiter*innen, war diese Demonstration die elfte und bislang größte Mobilisierung in der Hafenstadt gegen das Arbeitsgesetz der Ministerin El Khomri.

Am Donnerstag hatten die Eisenbahner*innen des zentralen Austerlitz-Bahnhofs in Paris in ihrer Streikvollversammlung entschieden, die Streiks bis mindestens zum morgigen Dienstag, den 14. Juni, zu verlängern, um an diesem Tag dem Generalstreikaufruf der Gewerkschaften im gesamten Land zu folgen. Damit wird es große Behinderungen bei den Linien B und D der RER-Bahn geben, die zum zentralen Austragungsort der EM, dem Stade de France, führen. In allen Streikversammlungen der Eisenbahner*innen der verschiedenen Bahnhöfe wurde die Verlängerung des Streiks einstimmig beschlossen – auch wenn die Gewerkschaftsführung der CGT der Eisenbahner*innen keinen eindeutigen Streikaufruf herausbrachte.

Seit Samstag streiken auch die Pilot*innen der Fluglinie Air France. Nach den Eisenbahner*innen werden nun auch die Pilot*innen zu den „Geiselnehmern“ der EM, wie die Streikenden von der Regierung und den Medien beschimpft werden. Bis mindestens Dienstag befinden sie sich im Ausstand. Am Samstag fiel jeder sechste Flug aus, am Sonntag jeder fünfte. Die Pilot*innen kämpfen unter anderem gegen Lohneinbußen durch konzerneigene Billigfluglinien, aber auch gegen das Arbeitsgesetz der Regierung. Wenn die Konzernspitze nicht auf ihre Forderungen eingeht, könnten die Streiks auch über Dienstag hinaus andauern.

Neben den Streiks im Verkehrssektor sind aktuell vor allen Dingen die Streiks der Müllarbeiter*innen spürbar. Alle Arbeiter*innen der Mülldepots von Ivry-sur-Seine in Paris – dem größten Depot in ganz Frankreich – aber auch in Saint-Ouen, Romainville, Ariege, Saint-Etienne, Fos-sur-Mer und anderen sind blockiert. Müllabfuhr findet nicht statt und der Müll stapelt sich in den Innenstädten und vor den Stadien. In Paris hat die Regierung versucht, mittels Polizei die Blockade zu brechen, war aber erfolglos: 95 Prozent der Müllarbeiter*innen streiken weiterhin.

Die Medien zeigen in diesen Tagen nur Interviews mit Händler*innen, Tourist*innen und denjenigen Anwohner*innen, die sich gegen weitere Streiks aussprechen. Dennoch sind die Zustimmungsraten zu den Streiks der Eisenbahner*innen und anderer und für die Rücknahme des Arbeitsgesetzes weiterhin sehr hoch. Trotz der Hetzkampagne sind die Arbeiter*innen gewillt, weiter zu streiken. Der Kampf geht weiter.

Am morgigen Dienstag, den 14. Juni, findet mitten im Pariser EM-Trubel eine Großdemonstration mit mehr als 500.000 erwartenden Teilnehmer*innen statt. In vielen europäischen Städten gibt es am selben Tag Solidaritätsdemonstrationen unter dem Motto #FaisonscommeenFrance („Tun wir’s wie in Frankreich“) statt, wie in Barcelona, Madrid, Rom, oder auch in Leipzig, Berlin und München. Denn für uns ist klar: Bei der EM 2016 sind „unsere Mannschaft“ die streikenden Arbeiter*innen und Jugendlichen!

Demonstration in Solidarität mit den Kämpfen in Frankreich!

Dienstag, 14. Juni 2016, 16 Uhr, Pariser Platz, Berlin
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