Einigung bei der Charité – aber der gemeinsame Streik muss weitergehen!
Bei der Charité liegt seit heute ein Eckpunktepapier vor, auf das sich beide Seiten im Tarifkampf geeinigt haben. Es ist ein wichtiger Schritt zu einem Tarifvertrag Entlastung. Doch solange für Pflege und Tochterunternehmen bei Vivantes noch kein Angebot in Sicht ist, wäre eine sofortige Aussetzung des Charité-Streiks fatal.
Nach über 20 Stunden Verhandlungen zwischen Beschäftigten und der Charité-Geschäftsführung wurde heute morgen eine Einigung unterschrieben, die die wichtigsten Punkte für einen neuen Tarifvertrag enthält. Das ist ein Erfolg für die Charité-Beschäftigten der Pflege, die seit dem 9. September gemeinsam mit ihren Kolleg:innen von Vivantes streiken. Es zeichnet sich bereits ab, dass aufgrund dieser Einigung der Streik an der Charité ausgesetzt werden soll. Doch es würde de facto eine Spaltung der Krankenhausbewegung bedeuten, die bisher viel Wert auf einen gemeinsamen Kampf und gemeinsame Entscheidungen gelegt hat, denn die Vivantes-Geschäftsführung blockiert weiterhin und insbesondere für die ausgelagerten Tochterunternehmen gibt es aktuell noch keine Aussicht auf die Eingliederung in den TVöD.
Ohne Charité-Streik wäre die Krankenhausbewegung schwächer
Ein Abschluss in der Pflege wird natürlich Beispielwirkung für die Kolleg:innen bei Vivantes haben. Doch viel schwerer als ein guter Abschluss bei der Konkurrenz, wiegt für den Vivantes-Vorstand und den Berliner Senat eine starke Krankenhausbewegung, die geschlossen kämpft. Wenn weiterhin die beiden größten Kliniken Berlins bestreikt würden, satt nur noch einer, wäre der Druck deutlich größer.
Es existiert lediglich das Beispiel der Charité Facility Management GmbH (CFM), die bereits im Frühjahr einen Haustarifvertrag abschloss – und damit gerade nicht das gesetzte Ziel der Wiedereingliederung erreichte.
Als vor wenigen Jahren die studentischen Beschäftigten der verschiedenen Berliner Unis gemeinsam streikten, haben sie in dieser Hinsicht ein wichtiges Beispiel gesetzt: Sie entschieden, dass alle Hochschulen weiter bestreikt werden, bis alle Unileitungen auf die Forderungen eingehen. An der Technischen Universität (TU) gab es, ähnlich wie jetzt bei der Charité, ein gutes Angebot. Die Kolleg:innen an der TU haben jedoch gesagt, dass sie keinen separaten Abschluss machen und stattdessen weiterstreiken bis das größere gemeinsame Ziel erreicht ist. Die gemeinsamen Streiks wurden so fortgesetzt und erst nach einem gemeinsamen Abschluss beendet.
Die Spaltung von 2011 darf sich nicht wiederholen
Die CFM-Beschäftigten haben bereits bittere Erfahrungen mit getrennten Tarifabschlüssen gemacht. 2011 waren sie gemeinsam mit den Pfleger:innen der Charité im Streik. Doch letzteren wurde nach zwei Wochen die Pistole auf die Brust gesetzt: Entweder sie nehmen das vorliegende Angebot an und beenden ihren Streik oder es wird kein weiteres Angebot geben. Obwohl dieses Manöver der Geschäftsführung von vielen durchschaut wurde, endete es mit einer knappen Annahme des Angebots. Plötzlich standen die ausgelagerten Kolleg:innen der CFM ohne Verbündete da. Sie streikten heroisch weitere drei Monate – ohne jedoch je zur vollen Stärke zurück zu finden. Am Ende wurden ihre Forderungen nicht erfüllt und sie gingen so gut wie leer aus.
Trotz des guten Angebots gemeinsam weiterstreiken!
Unterschiedliche Abschlüsse erschweren den gemeinsamen Kampf in der Zukunft. Der Entlastungstarifvertrag sollte bei Charité und Vivantes ähnliche Bedingungen haben. Falls die Charité-Geschäftsführung keine Streiks im eigenen Hause mehr will, soll sie Druck auf die Vivantes-Geschäftsführung ausüben, damit diese ebenfalls die Forderungen akzeptiert.
Das gilt auch für die Forderungen der Töchter. Sie kämpfen für die Eingliederung, mit der Maßgabe “Ein Betrieb, eine Belegschaft”. Dementsprechend soll es auch ein gemeinsamer Streik sein. Alle Bereiche müssen gemeinsam entscheiden, ob es einen separaten Abschluss geben soll und wie die Streiks fortgeführt werden.
Jetzt kommt es darauf an, dass die Charité-Pflege in ihren Verhandlungen die Forderungen bei Vivantes im Auge behält und versucht, so lange einen endgültigen Abschluss zu verzögern, bis Vivantes für die Forderungen der Töchter ebenfalls einknickt. Nur wenn der Streik trotz Angebot fortgesetzt wird, kann der politische und ökonomische Druck auf die Regierung und Vivantes für die Forderung nach TV Entlastung und TVöD voll aufrecht erhalten werden!
Und es gibt noch weitere Möglichkeiten, den Druck auf den Berliner Senat zu erhöhen. Nächste Woche könnten die Gewerkschaften einen gemeinsamen Streiktag der Berliner Krankenhausbewegung und aller TV-L-Beschäftigten (Schulen, Kitas, Hochschulen) organisieren, die ja ebenfalls bei ver.di und GEW organisiert sind. Dadurch könnten tausende Arbeiter:innen des öffentlichen Dienstes in Berlin mit gemeinsamen Forderungen an den Senat auf die Straße gehen.
Kommt zur Großdemonstration am Samstag!
„Wir retten euch. Wer rettet uns?“
Samstag, 9. Oktober, 12 Uhr
Hermannplatz, Berlin