Eine Million Menschen in Paris – größte Mobilisierung der letzten Monate [mit Fotogalerie]
Die neunte Mobilisierung gegen die Arbeitsmarktreform war ein großer Erfolg. Studierende und organisierte Arbeiter*innen marschierten gemeinsam. Es gab autonome Sektoren und enorme Blöcke der Gewerkschaftszentralen CGT und FO. Die Demonstration wurde gestört durch ein großes Polizeiaufgebot und Wasserwerfer.
Die Stimmung der Demonstration in Paris war kämpferisch. Am gestrigen Dienstag erlebte die Bewegung die größte Mobilisierung seit Beginn der Proteste gegen das Arbeitsgesetz vor drei Monaten.
Gegen die wachsende Repression…
Die Demonstration erstreckte sich über mehrere Kilometer mit hunderttausenden Personen. Unter ihnen fanden sich die streikenden Eisenbahner*innen, Postarbeiter*innen, Studierenden, autonome Sektoren, Lehrer*innen, Sozialarbeiter*innen, Arbeitslosenkollektive und andere in kämpferischen Blöcken zusammen.
Die Demonstration kam langsam, extrem langsam voran – sie wurde immer wieder vom Polizeiaufgebot aufgehalten. Auf der Höhe der U-Bahn-Station Vavin gab es die ersten Zwischenfälle am Kopf der Demo, wo die Polizei Tränengas und Blendgranaten einsetzte. Zwei der Verletzten fielen zu Boden und mussten behandelt werden. Ein paar Minuten später setzte die Polizei bei der U-Bahn-Station Duroc kurz vor dem Endpunkt der Demonstration Wasserwerfer ein.
Wasserwerfer waren in Paris seit Beginn der Bewegung noch nicht eingesetzt worden. In Nantes und Rennes gehören sie aber zusammen mit Blendgranaten und Tränengas zum normalen Kriegsarsenal der Polizei gegen die Protestierenden.
Am Nachmittag schrieben die großen Zeitungen von „Unruhen und Konfrontationen“ – das Attentat von Magnanville ließ nicht viel Raum für die Berichterstattung über soziale Proteste, und Journalist*innen sah man kaum auf der Demo.
…gigantische Blöcke der Gewerkschaftszentralen
Als die ersten Demonstrant*innen zum Endpunkt am Place d‘Italie gelangten, waren die letzten Menschen noch nicht einmal losgelaufen. Die Blöcke der Gewerkschaftszentralen CGT und FO marschierten laut und kämpferisch, demonstrierten weiter trotz ihrer Verletzungen, dem Tränengas und den Wasserwerfern.
Die Dichte der Menschen war beeindruckend, besonders im enormen roten Block von CGT und FO – ein besonderes Merkmal der Demos der Eisenbahner*innen, Busfahrer*innen, Metall- und Automobilarbeiter*innen, der Reinigungskräfte, des Krankenhauspersonals und vieler anderer.
Besonders beeindruckend war der Block der Hafenarbeiter*innen, die aus ganz Frankreich kamen. Sie marschierten laut und in Massen. Ein Hafenarbeiter aus Bordeaux von der CGT versicherte, „in Bordeaux sind 99 Prozent der Hafenarbeiter*innen im Streik“, und insgesamt seien mehrere Tausend – „etwa 8000 Hafenarbeiter*innen“ laut seiner Erzählung – auf den Straßen von Paris. Sie kamen auch aus Marseille, Le Havre und Lille.
“Wenn die Bewegung zerfallen würde, wären wir nicht hier”
Der Generalsekretär der CGT, Philippe Martinez, hatte in den vergangenen Tagen angekündigt, am 17. Juni mit der Regierung zusammenzutreffen, um Verhandlungen über das Arbeitsgesetz aufzunehmen. Doch für viele Demonstrant*innen hat sich die Forderung nicht geändert: Mobilisierung bis zum vollständigen und nicht verhandelbaren Rückzug des Arbeitsgesetzes. „Martínez kann verhandeln gehen, wir werden trotzdem weiter mobilisieren“, sagte ein Arbeiter des öffentlichen Dienstes, der der CGT angehört. „Wenn die Bewegung zerfallen würde, wären wir nicht hier.“ Auf der Demonstration war auch L., ein 85-jähriger Rentner und ehemaliger Metallarbeiter: „Ich weiß, warum ich demonstriere. Entlassungen habe ich auch erlebt.“