Left Voice. Übersetzung: Emal Ghamsharick" /> Left Voice. Übersetzung: Emal Ghamsharick" /> Eine Bilanz von 100 Tagen Trump und was uns erwartet

Eine Bilanz von 100 Tagen Trump und was uns erwartet

16.05.2017, Lesezeit 15 Min.
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Trumps Wahlsieg und das Chaos der ersten Monate nach seinem Amtsantritt werfen viele Fragen nach der Ursache dieses unerklärlichen historischen Phänomens auf. Ist Trump ein Faschist, wurde er gar durch eine russische Megaverschwörung ins Amt gehievt? Wie konnten Rechtsextreme in Großbritannien, Frankreich und den USA so schnell so erfolgreich werden? Dieser Artikel versucht die Mächte zu umreißen, die hinter Trump stehen und untersucht mögliche Verläufe für seine Präsidentschaft in den kommenden Monaten und Jahren. Dieser Artikel erschien zuerst am 19. April 2017 auf Left Voice. Übersetzung: Emal Ghamsharick

Vom Neoliberalismus zum neuen Nationalismus

Drei Jahrzehnte regierte der Freihandel uneingeschränkt. Die EU, NAFTA, zahllose bilaterale Abkommen mit China; Republikaner, Demokraten, die europäische Sozialdemokratie, Konservative und Kommunist*innen rannten dieser Ideologie hinterher. Doch letztes Jahr gab es zwei grundlegende Erschütterungen dieser Ordnung: Der Brexit und Donald Trump. Die andauernde Weltwirtschaftskrise und Mangel an wirklichen Alternativen von Links stärkten Wirtschaftsnationalist*innen, die damit drohten, sich aus den großen Freihandelsabkommen zurückzuziehen – oder sie wenigstens zu ihren Gunsten neu zu verhandeln. Trumps Wahlsieg und der Aufstieg der UKIP waren die größten Siege der Rechten, aber auch in Australien und den Niederlanden wurden Nationalist*innen stark, so auch in Frankreich. Verbunden sind sie durch zunehmende Angriffe gegen Asylbewerber*innen und andere Migrant*innen sowie die Ablehnung neoliberaler Handelspolitik.

Diese dramatische Wende ist das direkte Ergebnis der Niederlage des Neoliberalismus. Die herrschende Wirtschaftsideologie seit Reagan kann nicht mehr dieselben Gewinne abwerfen wie früher. Viele reden zwar von Rekordkursen auf den Aktienmärkten, doch seit Ende der Krise 2009 ist die US-Wirtschaft im Schnitt lediglich um 2,1 Prozent gewachsen. So langsam verlief keine Erholung seit dem zweiten Weltkrieg. Auch die Produktivität hat noch nicht das Vorkrisenniveau erreicht. 2016 bezeichnete Janet Yellen, Chefin der US-Notenbank FED, das durchschnittliche Fünfjahres-Produktivitätswachstum von lediglich 0,5 Prozent als „miserabel“. Anleger*innen sind abgeschreckt durch anhaltend niedrige Zinsen, hohe Risiken und ein kriechendes Wachstum, daher sank auch die Investitionsrate erheblich.

In Europa, Südamerika und andernorts läuft es ähnlich. Angesichts dieser kapitalistischen Weltkrise und einer noch unorganisierten Arbeiter*innenklasse siegte Trump und die Brit*innen entschieden sich für den EU-Austritt, begleitet von Hetzkampagnen gegen Migrant*innen, insbesondere Muslim*innen.

Trumps wackliger Anfang

Durch Trumps Wahlsieg kontrollieren die Republikaner nun nicht nur das Weiße Haus, sondern auch beide Kammern des Kongresses, die meisten Gouverneursämter und wahrscheinlich auch bald den Supreme Court. Allerdings stößt Trump auf breite Ablehnung. Die Fronten verhärten sich, selbst innerhalb der herrschenden Klasse, und Trump kann auch innerhalb seiner eigenen Partei keine stabilen Allianzen schmieden, sodass die Rechten ihre Vorherrschaft noch nicht behaupten konnten.

Trumps Zustimmungsrate ist einzigartig schlecht. Laut einer aktuellen Umfrage liegt sie bei gerade mal 37 Prozent, ein historisches Tief für einen Präsidenten im dritten Amtsmonat. Nicht nur Trump, sondern auch seine Politik stößt auf breite Ablehnung. Laut Umfragen der Washington Post sind zwischen 51 und 55 Prozent der Amerikaner*innen gegen das Einreiseverbot für Muslim*innen. Laut Gallup sind 66 Prozent gegen die Abschiebung aller undokumentierten Migrant*innen und 84 Prozent sind für eine Einbürgerungsperspektive. Eine Umfrage von Quinnipiac ergab zudem dass 61 Prozent einen „Abbau von Gesetzen gegen den Klimawandel“ ablehnen und 50 Prozent lehnen die Wiederaufnahme der Keystone XL- und Dakota Access-Pipeline-Projekte ab.

Der breite Widerstand gegen Trump ist keine Überraschung. Es ist allgemein bekannt, dass er die Wahl nach Prozent der abgegebenen Stimmen (sog. „popular vote“) um 3 Millionen verloren hat. Weniger bekannt ist, dass nur 26 Prozent aller Wahlberechtigten für diesen Erzreaktionären gestimmt haben. Zählt man alle Drittkandidat*innen-Stimmen und Nichtwähler*innen zusammen, wurden Clinton und Trump von gut der Hälfte aller Wahlberechtigten abgelehnt.

Sowohl auf der Straße, als auch am Arbeitsplatz spürt man den Widerstand gegen Trump. Seit Amtsantritt hat eine Mobilisierungswelle das Land ergriffen. Dazu gehört einer der größten Proteste der US-Geschichte, der Women’s March on Washington. Mehr als ein Dutzend Städte erlebten Proteste an Flughäfen nachdem Einreisende aus sieben Staaten mit muslimischer Mehrheitsbevölkerung festgehalten wurden. An der University of Berkeley in Kalifornien gab es Aufstände von Studierenden und Jugendlichen gegen einen geplanten Auftritt des Trump-Helferlings Milo Yiannopoulos, sodass die Uni ihre Einladung zurückziehen musste. Während des Women’s Strike on Washington am 8. März waren zahlreiche Schulen landesweit gezwungen zu schließen.

Schritte zur Machtergreifung

Trump hat die versprochene „Aufräumaktion“ in Washington erstmal auf Eis gelegt und versucht nun die Harmonie zwischen Tea Party-Anhänger*innen und dem republikanischen Establishment durch Steuergeschenke an Konzerne, Lockerung von Umweltauflagen, Angriffe auf das Abtreibungsrecht, höhere Militärausgaben und andere traditionelle Kernthemen herzustellen. Sogar mit ehemaligen Gegnern wie Paul Ryan, dem er öffentlich „fehlende Loyalität“ vorwarf, will Trump das Kriegsbeil begraben. Dazu dient seine Kampagne zur Aufhebung von Obamas Gesundheitsreformen.

Hinter Hillary stand, beinahe geschlossen, die Großbourgeoisie, während Trump sich vornahm, kleine und mittelständische Firmen zu fördern, für welche der Neoliberalismus weit weniger Himmelsgeschenke abwarf. Zudem fördern ihn einige Großunternehmen mit hohem Exportanteil, wie Boeing, General Electric, Pfizer, Oracle, etc. Diese gründeten jüngst die „American Made Coalition“, die sich für eine starke Erhöhung des Grenzsteuerausgleichs einsetzen. Gegen diese Steuererhöhung kämpft eine überwältigende Mehrheit an importabhängigen Unternehmen, insbesondere Einzelhändler wie Walmart, Best Buy, Target oder Costco.

Seine Basis in der weißen Mittelschicht (und im geringerem Maße) der weißen Arbeiter*innenklasse will Trump belohnen durch Kündigung des Trans-Pacific Partnership, geplante Infrastrukturinvestitionen sowie Maßnahmen gegen Outsourcing. Somit steht er für eine neue Tendenz in der Republikanischen Partei, die ihre soziale Basis aus wachsenden Segmenten der Mittelschicht und dem verarmenden weißen Industrieproletariat rekrutiert, die sich vom Freihandel abgewandt haben.

Widersprüche innerhalb von Trumps Präsidentschaft

Allerdings stößt Trump nach nur drei Monaten bereits auf erhebliche Widersprüche. Zusammenstöße zwischen Trumps Regierung und den Gerichten, den Mainstream-Medien (außer Fox), den Geheimdiensten und vielen Mitgliedern der Republikanischen Partei verraten tiefe Spannungen innerhalb der amerikanischen Bourgeoisie.

Innerhalb einer Woche ging FBI-Direktor James Comey den Präsidenten gleich zwei Mal öffentlich an – das ist beispiellos. Zuerst bestätigte er, dass es eine laufende Ermittlung des FBI wegen der Zusammenarbeit zwischen Trumps Kampagnenstab und der russischen Regierung gibt. Dann widersprach er Trumps Behauptung, dieser sei während des Wahlkampfs von Obamas Mitarbeiter*innen abgehört worden. Comey sagte, er besäße „keine Informationen“ welche die Anschuldigungen stützen könnten. Wir können nicht sagen, ob die Verbindung zu Russland wirklich existiert, aber Comeys öffentliche Herausforderung an Trump zeigt, dass Trumps Agenda auf der obersten Ebene des Geheimdienstapparats abgelehnt wird. (A.d.Ü.: Mittlerweile hat Trump Comey entlassen.)

Nach der fehlgeschlagenen Rücknahme von Obamas Gesundheitsreform wird inzwischen von einem „Bürgerkrieg“ unter den Republikanern gesprochen. Diese zugegebene Übertreibung verdeutlicht dennoch bildhaft die Feindschaft innerhalb der Partei. Obwohl die Republikaner seit sieben Jahren von „Repeal und Replace“ (Aufheben und Ersetzen) sprechen, brach das Projekt zusammen, weil der rechte Parteiflügel Versicherungsunternehmen noch mehr Freiheiten gewähren wollte, sodass diese nicht einmal die Mutterschaftsversorgung hätten übernehmen müssen. Derweil fürchtete der moderate Flügel, dass weitere Kürzungen des staatlichen Gesundheitsprogramms Medicaid und die Abschaffung aller Subventionen zu noch höheren Versicherungsprämien führen würden, mit der Folge, dass werktätige und arme Weiße dauerhaft mit der Partei brechen. (A.d.Ü.: In einem zweiten Anlauf hat der Kongreß eine abgeschwächte Version von Trumps Gesundheitsprogramm auf den Weg gebracht, gegen die geschlossene Ablehnung der Demokraten.)

Die Transpazifische Partnerschaft (TPP) war schon tot, als Trump sein Amt antrat, also vermied man einen Showdown zu dieser Vereinbarung. Allerdings könnten weitere Maßnahmen gegen den Freihandel zu einer wirklichen Revolte der etablierten Republikaner und der Wirtschaftselite führen. Die Koch-Brüder, Sprösslinge einer Wirtschaftsdynastie, waren während der Kampagne sehr ausdrücklich gegen Trump, und die Spannungen dauern seit seinem Amtsantritt an. Auch gibt es einen großen Block von freihandelsfreundlichen Republikanern im Kongress. Erst vor einem Jahr wählten Republikanische Repräsentant*innen mit 190 zu 50 für Obamas Beschleunigung der TPP.

Konzessionen an die Arbeiter*innenklasse, wie zum Beispiel Ivanka Trumps Vorschlag einer Steuervergünstigung für die Kinderbetreuung, werden mit Sicherheit vom Republikanischen Establishment und der Tea Party gleichermaßen abgelehnt als „Förderung von Anspruchsdenken“. Auch Trumps geplante Investition von eine Billion US-Dollar – was nicht ausreichen wird – in die Sanierung von Straßen, Brücken, Krankenhäusern und Flughäfen wird bei den Republikanern wenig Anklang finden und widerspricht seinem Vorhaben, die Steuern für Unternehmen und Superreiche zu kürzen.

Zudem wird Trumps Anbiederung bei der Washingtoner Elite und die Einberufung eines Milliardärskabinetts sein Ansehen bei seiner Basis kaum verbessern. Zuletzt wird sein Plan, gewerkschaftsfeindliche „right to work laws“ in Bundesgesetze umzuwandeln seine Basis unter weißen Gewerkschaftsmitgliedern zerstören. Der Aufstand der gewerkschaftlich organisierten Arbeiter*innen in Wisconsin, ein Staat in dem er die Wahl gewann, ist ein Beispiel für das, was passieren könnte, wenn Trump versucht, eine ähnliche Maßnahme durchzusetzen.

Schwacher Bonapartismus

In diesem Zusammenhang können wir Trumps Regierung als „schwachen Bonapartismus“ einstufen, allerdings noch im Rahmen einer bürgerlichen Demokratie. Wie alle bonapartistischen Herrscher*innen, so erschien auch Trump in Zeiten wachsender Polarisierung und steht für den Versuch, die wachsenden sozialen Widersprüche durch Repression aufzulösen.

Seit der Rezession 2008 fühlte man diese Polarisierung auf der Linken durch die Überraschungserfolge von Bernie Sanders und neuen progressiven Bewegungen wie Occupy Wall Street, Black Lives Matter, dem Widerstand in Standing Rock, dem Marsch auf McDonald’s oder der Mobilisierung von Frauen gegen Trump. Gleichzeitig wurde das Republikanische Establishment zunehmend verdrängt, erst durch die Tea Party ab 2009, danach durch die sogenannte Alt Right (Neue Rechte).

Trumps Repression offenbarte sich innerhalb weniger Wochen in Einreiseverboten für Muslim*innen und Geflüchtete, zunehmenden Razzien und Abschiebungen undokumentierter Arbeiter*innen durch die Abschiebepolizei (ICE). Bonapartistische Regime haben einen charismatischen Führer mit viel Macht, der vorgibt, den Klassenkampf zu überwinden, aber in Wirklichkeit die Interessen des Kapitals durchdrückt. Trumps Versuche, eine Machtbasis im Militär aufzubauen sind ebenfalls typisch bonapartistisch. Sein Budgetvorschlag an den Kongress beinhaltete zusätzliche Mittel von 54 Milliarden US-Dollar für die weltgrößte Armee; ein Teil davon war für die weitere Militarisierung der Grenze gedacht. Um das zu finanzieren plant er die komplette Schließung von 19 Bundesbehörden, schwere Kürzungen bei der Umweltschutzbehörde, sowie bei den Ministerien für Inneres, Landwirtschaft, Arbeit und Gesundheit.

Anders als der Faschismus führt der Bonapartismus nicht zur kompletten Auslöschung von Arbeiter*innenorganisationen und demokratischen Institutionen. Obwohl viele einzelne Faschist*innen von Trump angezogen werden, einschließlich der Alt Right-Strömung und Rassist*innen wie Richard Spencer, kann man Trumps Regierung noch nicht als faschistisch bezeichnen, da er bislang keine Anstalten machte, die Gewerkschaften aufzulösen oder die Institutionen der bürgerlichen Demokratie anzugreifen, wie den Kongress, die Medien, Gerichte, usw. Symbolische Maßnahmen, wie der Ausschluss der New York Times und der Washington Post von einer Pressekonferenz sind noch lange keine faschistische Unterdrückung. Zwar würde ein „right-to-work law“ die Gewerkschaften schwächen, aber nicht verbieten. Tatsächlich versucht Trump gute Beziehungen zu den konservativsten Gewerkschaftsfunktionär*innen zu halten und lud sie sogar innerhalb der ersten Amtstage ins Weiße Haus ein. Die Fortsetzung des Pipeline-Baus, neue Infrastrukturprojekte und Trumps formelle Absage weiterer Verhandlungen um die TPP sind ebenfalls verbindende Elemente.

Das bedeutet nicht, dass wir die Gefahr Trumps für Arbeiter*innen und Unterdrückte unterschätzen sollten. Es braucht keinen Faschismus, um Krieg, Unterdrückung und Elend zu verschlimmern. Trotzdem ist eine faschistische Wende nicht ausgeschlossen, wenn die bonapartistische Strategie scheitert und es zunehmende Proteste von Arbeiter*innen gibt.

America First

Trump steht ebenfalls für die Reaktion der Rechten auf den wahrgenommenen weltweiten Ansehensverlust der USA. Unter dem Slogan „America First“ scharen sich Reaktionäre hinter Trump, um Obamas eingeschlagenen Kurs zu korrigieren, wie zum Beispiel das Nuklearabkommen mit Iran, die Entspannung der Beziehungen zu Kuba und mehr Zusammenarbeit mit dem chinesischen Regime. Obwohl bisher keine Weltmacht die USA ersetzen konnte, ist es unbestreitbar, dass die USA ihren Willen nicht mehr wie in vorangegangenen Jahrzehnten durchsetzen können. Das derzeitige Machtgleichgewicht hindert Trump daran, eine neue Invasion im Nahen Osten oder anderswo zu starten. Die Möglichkeit sollte jedoch nicht ausgeschlossen werden, bedenken wir seine Aufstockung der Armee und die Entsendung von Marines nach Syrien im Feldzug gegen den IS. Trump als „Abschottungspolitiker“ zu bezeichnen, wie es liberale Mainstream-Medien tun, ist schlicht falsch. Stattdessen setzt er auf eine unilaterale Verteidigung amerikanischer Interessen und schert sich wenig um imperialistische Koalitionen wie die NATO, welche notfalls zum Schutz dieser Interessen intervenieren.

Neue Annäherung an Russland

Unter diesen Voraussetzungen macht Trumps Annäherung an Russland auch mehr Sinn. Jahrzehntelange Versuche, Russland zusammen mit den NATO-Partnern zu isolieren, waren nicht nur unwirksam zur Absicherung der US-Hegemonie, sondern auch bei der Eindämmung des russischen Einflusses im Nahen Osten, dem Baltikum und anderswo. (… A.d.Ü.: Aufgrund aktueller Ereignisse gekürzt) Stattdessen wandte sich Trump gegen China und sogar gegen traditionelle Verbündete wie Deutschland. So deutete Trump an, dass Deutschland durch einen „stark unterbewerteten Euro“ von Devisenmanipulation profitiere und dass die BRD den USA „enorme Geldsummen“ für seine Verteidigung schulde.

Noch ist es zu früh, um abzuschätzen, wie eng Trump mit dem Kreml zusammenarbeiten wird. Doch mit Sicherheit können wir sagen, dass die Demokraten den russischen Einfluss auf die US-Politik stark aufblasen, weil sie eine aggressivere Politik gegen Russland wünschen. Der angebliche russische Hackerangriff auf die Democratic National Convention (DNC) hat nur Informationen erbracht, die sowieso auf der Hand lagen: Dass der Parteiapparat Hillary Clinton gegenüber Bernie Sanders bevorzugte und aktiv auf ihren Sieg hinarbeitete. Jedoch konnten die US-Geheimdienste diese Verbindung nicht beweisen und WikiLeaks, das die gehackten E-Mails veröffentlichte, leugnet, dass sie von den russischen Behörden stammen.

Was kommt jetzt?

Weltweit ist das Kapital immer weniger in der Lage, seine Widersprüche zu überwinden. In den imperialistischen Staaten, besonders in den USA, zeigt sich dies im enormen Druck auf das Kapital, global zu produzieren, Arbeitskräfte im Ausland einzusetzen, die Grenzen für Kapital und Finanzwelt zu öffnen und gleichzeitig die nationale Wirtschaft zu schützen. Diese Widersprüche zeigen sich durch die andauernde Weltwirtschaftskrise seit 2008. Die Unfähigkeit, diese Widersprüche durch herkömmliche Methoden zu überwinden, führt dazu, was Gramsci als „organische Krise“ bezeichnet (im Gegensatz zur „konjunkturellen Krise“). Eine organische Krise ist nicht bloß politisch, sozial oder wirtschaftlich, sondern umfasst all diese Felder. Wir sehen bereits Elemente „organischer Krisen“ in den Metropolen (USA, Großbritannien, Frankreich, usw.) und voll ausgewachsene organische Krisen in der Peripherie (Brasilien oder Südkorea).

Weltweit verlieren traditionelle Parteien und Persönlichkeiten ihre Anhänger*innen (Sozialdemokratie und Konservative in Europa, etablierte Demokraten und Republikaner in den USA). Politiker*innen der Mitte, wie Obama, zeigen sich als absolut unfähig, die Bedürfnisse der Werktätigen und Armen zu decken. So entstehen neue Populistische Bewegungen, nicht nur auf der Rechten, sondern auch in der linken Mitte (wie Sanders und Corbyn). Gleichzeitig wird die weltweite Situation immer verworrener und die Spannungen zwischen den Imperialmächten steigen (wie zwischen den USA und Deutschland).

Diese Faktoren können Chancen für den Klassenkampf bieten, z.B. durch die Radikalisierung von Arbeiter*innen und Jugendlichen und die Entwicklung neuer und dynamischer revolutionärer Organisationen. Die massiven Proteste nach Trumps Wahlsieg und das schnelle Wachstum von Parteien links der Demokraten, wie der Democratic Socialists of America (DSA) – trotz ihrer offensichtlichen Mängel – lässt uns auf neue progressive Bewegungen hoffen, wie seit dem Vietnamkrieg nicht mehr. Beginnen wir den Aufbau des Widerstands!

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