„Ein Vorbild gegen alle Kreißsaal-Schließungen“ – Rede von Liam in München

05.05.2023, Lesezeit 5 Min.
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Foto: Emma Laraine

Heute am 5. Mai wurde in München am Odeonsplatz die Petition zum Erhalt des Kreißsaals in Neuperlach mit über 23.000 Unterschriften überreicht. Dazu hielt Liam ,der bei RIO organisiert und Teil des Soli-Komitees ist, eine Rede.

Zunächst möchte ich Euch gratulieren zur Sammlung von über 23.000 Unterschriften der Petition für die Erhaltung des Kreißsaals in Neuperlach. Dies zeigt, dass es eine breite Unterstützung unter Kolleg:innen und in der Bevölkerung für den Erhalt gibt.

Mein Name ist Liam, ich bin von Klasse Gegen Klasse, wir haben Euren Kampf seit dem Beginn der Petition mit zahlreichen Artikeln begleitet.

Möglich wurden Eure Erfolge durch Eure Selbstorganisierung: Da ihr nicht abgewartet habt, dass die Entscheidungsträger:innen im Gesundheitsreferat oder dem Stadtrat das Problem lösen.

Auch heute müssen wir klar sagen: Der Kampf ist nicht vorbei. SPD und Grüne haben zugesagt, den Kreißsaal erhalten zu wollen. Aber die Entscheidung wird erst fallen, sobald das Gesundheitsreferat eine Stellungnahme erarbeitet hat.
Und so wie es aussieht, kann sich das jetzt doch noch ziehen bis ins 4. Quartal 2023, oder gar noch länger.

Zu Beginn wurde gesagt, die Entscheidung sei abhängig von der Bedarfsprüfung des Gesundheitsreferats. Jetzt aber auch. In dieser Frage hat sich die Haltung von SPD und Grünen gar nicht geändert.

Was sich geändert hat, ist die öffentliche Aufmerksamkeit:
Durch die Selbstorganisierung und die Petition, durch öffentliche Aktionen und die Unterstützung des Solikomitees gab es großen medialen Druck. Aber es ist notwendig, diesen Weg des öffentlichen Drucks weiterzugehen. Sonst wird die Entscheidung am Ende doch über Eure Köpfe hinweg getroffen.

Das zeigt auch die Ernennung der neuen Geschäftsführung. Sie ist eben nicht auf Euch zugegangen. Im Gegenteil: Sie hat Leonie für ihr Engagement abgemahnt. Sie verfolgt weiterhin den Plan der Umstrukturierung der München Klinik.

Eure Selbstorganisierung ist ein wichtiges Mittel und das nicht nur für den Erhalt Eures Kreißsaals. Angesichts von hunderten Kreißsaalschließungen seid ihr ein Vorbild für alle Beschäftigten in der Geburtshilfe.

In der München Klinik und im Gesundheitswesen insgesamt: Die Umstrukturierung ist eine Folge der Zentralisierung, die von dem Gesundheitsministerium von Lauterbach ausgeführt wird. Es geht nicht um medizinische Verbesserungen, sondern darum Kosten zu sparen.

Finanzminister Lindner will 20 Milliarden Euro bei Sozialem, Arbeit und Familien sparen. Das betrifft auch Eure Arbeitsbedingungen und die Familien, die Ihr täglich betreut. Gleichzeitig gibt es eine Aufrüstung von 100 Milliarden für die Bundeswehr. Die Sparmaßnahmen werden in den kommenden Jahren noch viel stärker im Gesundheitswesen zu spüren sein.

Wir haben mit Klasse Gegen Klasse, als Onlinezeitung und politische Organisation, Euren Kampf begleitet, weil er einen Ausweg zeigt. Wir denken, dass Kolleg:innen selbst entscheiden sollen über ihre Arbeitsplätze. Wir wollen ein Gesundheitssystem ohne Profitzwang. In der die medizinische Versorgung nach den Bedürfnissen von Beschäftigten und Patient:innen gestaltet ist.

Genau das wollen Gesundheitsministerium und Geschäftsführung nicht. Leonie wurde abgemahnt, nicht in erster Linie wegen einer Dienstanweisung. Sondern weil sie konsequent gesagt hat, dass der Kampf am Kreißsaal weitergehen muss.
Weil sie ausgesprochen hat, wovor sich die Geschäftsleitung fürchtet: Vor Kolleginnen, die sich gewerkschaftlich organisieren und ihren Kampf selbstbestimmt führen. Die sich gegen die Sparpolitik im Gesundheitswesen wehren.

Der Kampf steht vor einer entscheidenden Frage: Soll er darauf warten, dass SPD und Grüne im Stadtrat in einigen Monaten vielleicht eine positive Entscheidung treffen oder auch nicht. Oder soll er einen neuen Schritt gehen und die breiteste mögliche Aufmerksamkeit erhalten und neuen Druck entfachen?

Als Klasse Gegen Klasse schlagen wir vor, den zweiten Weg zu gehen. Um Druck zu machen, muss vor allem Ve.rdi aktiv werden. Verdi München muss sich öffentlich gegen Leonies Abmahnung positionieren. Mit ihrer Hilfe könnt ihr auf Kolleg:innen in anderen Stationen und anderen Krankenhäusern zugehen.

Verdi hat zuletzt in den Streiks im Öffentlichen Dienst 500.000 Menschen mobilisiert, darunter waren auch einige von Euch. Das zeigt die Kampfkraft der Gewerkschaft, die es zu nutzen gilt. Wenn ihr die Führung von Verdi München dazu bringen könnt, den Kreißsaal mit voller Kraft zu unterstützen, ist der Erhalt des Kreißsaals so gut wie sicher.

Wir schlagen vor, dass der Kampf für den Erhalt des Kreißsaals sich auch insgesamt gegen die Umstrukturierungen an der München Klinik wendet. Ihr seid mit Eurem Kampf ein enormes Vorbild. Ihr könnt tausende Kolleginnen an anderen Stationen inspirieren.

Lasst uns weitermachen. Denn wir können siegen.
Für einen unbefristeten Erhalt der Geburtsstation! Für gute Frauengesundheit im Viertel! Gegen Sparpolitik! Für eine München Klinik, in der die Beschäftigten selbst entscheiden!

Liams Rede als Video

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