Ein voller Saal diskutiert den Feminismus

07.05.2014, Lesezeit 4 Min.
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// 80 Menschen beim Auftakt der Veranstaltungsreihe „Marxismus und Geschlecht“ //

Das Hinterzimmer in der Neuköllner Kneipe „Laika“ war am Donnerstag Abend voll. Menschen saßen auf dem Boden, Menschen standen vor der Tür oder hockten draußen und hörten durch das Fenster zu. 80 Menschen waren zum Auftakt der Veranstaltungsreihe „Marxismus und Geschlecht“ gekommen. Die „Offene Gruppe Marxismus und Geschlecht“, die sich im März gründete, hatte zur Diskussion über das Verhältnis zwischen Marxismus und Feminismus eingeladen. Ist es eine „unglückliche Ehe“?

Im ersten Beitrag gab es eine Übersicht zu Zugangsweisen der Kategorie Geschlecht. Die Gruppe ist der Auffassung, dass durch menschliche und gesellschaftliche Vorstellung „Frauen“ und „Männer“ erst hergestellt werden. Eine soziale Kategorie also, die nichts mit Chromosomen und Genitalien zu tun hat. Diese Vorstellungen sind hierarchisch gegliedert und wirken in die Lebensweisen der Individuen einer Gesellschaft ein. Die Teilung der Gesellschaft in zwei aufeinander bezogene Geschlechter sei die Grundlage dafür, dass Kapitalismus überhaupt funktionieren könne.

Diese These wurde im weiteren Verlauf gestützt: Vor mehr als 100 Jahren hat die proletarische Frauenbewegung den Kampf für die Gleichberechtigung der Frauen mit dem Klassenkampf der ArbeiterInnen gegen das Kapital verbunden. Patriarchat und Kapitalismus seien voneinander abhängig und das eine kann nicht ohne das andere gestürzt werden. Der Kampf gegen Sexismus sei zentral, um die ArbeiterInnenklasse im Kampf für ihre Befreiung zu vereinigen. Außerdem müsse eine Repolitisierung und Neubewertung von oft kostenlos oder unterbezahlt geleisteter Reproduktionsarbeit ein zentrales Anliegen sein.

Josefina aus Madrid, von der sozialistischen Frauengruppe „Pan y Rosas“, referierte über eine historische Offensive der herrschenden Klasse gegen die Rechte der Frauen im Spanischen Staat, z.B. gegen das Recht auf Selbstbestimmung über den eigenen Körper. Entgegen der Annahmen des „offiziellen“ Feminismus sind erkämpfte Rechte nicht für immer gewonnen, sondern können in der Krise wieder rückgängig gemacht werden.

Doch die Frauen im Spanischen Staat sind auch die Protagonistinnen großer sozialer Bewegungen: in der 15M-Bewegung (benannt nach den Platzbesetzungen am 15. Mai 2011), bei den Streiks der BergarbeiterInnen und in den Protesten gegen Zwangsräumungen nehmen Frauen eine zentrale Rolle ein. Besonders in den langen Streiks von Panrico und Coca-Cola stehen Arbeiterinnen in der ersten Reihe.

Josefina erzählte, wie „Pan y Rosas“ ein gemeinsames Treffen der Frauen aus beiden Streiks organisierte und Blöcke der Arbeiterinnen auf den Demos am 8. März organisierte. In der Diskussion ging es deswegen auch um eine politische Praxis,die Kämpfe der Arbeiterinnen in Deutschland – beispielsweise damals bei der Schließung von Schlecker – zu unterstützten. Genauso wurde diskutiert, wie ein Rollback im Rahmen der Krise feministische Errungenschaften, die mittlerweile als vollkommen normal gelten, wieder abschaffen kann.

Die „Offene Gruppe Marxismus und Geschlecht“ freute sich über die rege Teilnahme an der Veranstaltung und Diskussion. Die Mitglieder sind für das Erste primär mit der Organisation der Veranstaltungsreihe beschäftigt. Rückmeldungen und Austausch sind erwünscht. Denn gemeinsam Diskutiertes ließe sich solidarisch und kämpferisch in eine globale feministische Bewegung überführen.

Die zweite Veranstaltung findet am 8. Mai statt. Diesmal soll es um das Verhältnis von Frauen und Imperialismus gehen. Beginn ist um 19 Uhr. Der Ort wird dann der Mehringhof (Gneisenaustr. 2a) sein. Erreichbar über die U-Bahn-Linien 6 und 7, Station Mehringdamm.

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