Ein streikender Mitarbeiter der VSG berichtigt die Berliner Morgenpost

19.05.2018, Lesezeit 4 Min.
Gastbeitrag

Heute hat die Berliner Morgenpost zum ersten Mal über den Streik bei der Vivantes Service GmbH berichtet. Immerhin – nach fast sechs Wochen Arbeitskampf im größten Krankenhauskonzern Berlins. Leider ist der Artikel voller Ungenauigkeiten und Fehler. Ein streikender Mitarbeiter schrieb diese Richtigstellung auf Facebook, die wir hier spiegeln.

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Sehr geehrter Herr Abel,

ich möchte als Angestellter bei der VSG zu Ihrem Artikel über den Streik der Vivantes-Tochter VSG folgendes anmerken:

Sie schreiben:

Verdi fordert schon seit zwei Jahren eine Angleichung an den Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes (TVöD) und damit an die Löhne der 600 Mitarbeiter, die ähnliche Tätigkeiten ausüben, aber direkt bei der Vivantes-Mutter angestellt sind.

Richtig ist, dass die Mitarbeiter*innen der VSG genau die gleiche Tätigkeit ausüben, die gleiche Leistung bringen müssen, und dafür bis zu 800 Euro weniger Lohn erhalten.

Sie schreiben:

Vivantes hat ein Angebot vorgelegt, nennt aber während der laufenden Tarifauseinandersetzung keine Inhalte.

Dieses so genannte Angebot sah lediglich vor, das nur die Mitarbeiter*innen der Sterilisation 300 Euro mehr erhalten und alle anderen Angestellten der 17 verschiedenen Töchter leer ausgehen. Daraufhin haben die Angestellten der Sterilisation – und nicht ver.di – mehrheitlich dafür gestimmt, dieses unannehmbare Angebot nicht anzunehmen und in den Streik zu treten.

Sie schreiben:

Ver.di betrachtet das vorgelegte Angebot als unzureichend.

Richtig ist, dass die Angestellten der VSG dieses sogenannte Angebot in einer Abstimmung mehrheitlich abgelehnt haben.

Sie schreiben:

„Vivantes setzt alles daran, die Auswirkungen des Streiks auf Patienten so gering wie möglich zu halten. Die Notfallversorgung ist durch den Abschluss einer Notdienstvereinbarung gesichert“, sagte Unternehmenssprecherin Kristina Tschenett der Morgenpost. Geplante Operationen würden zum Teil verschoben, um die Arbeitsbelastung in der Zentralsterilisation zu reduzieren.

Richtig ist, dass Vivantes gegen alle abgeschlossenen Notdienstvereinbarungen verstößt, indem sie für Streikbrucharbeiten Leasingkräfte einsetzt, Arbeitsbereiche auslagert und Fremdfirmen beauftragt.

So wird das Sterilisationsgut für die OP-Säle von unqualifiziertem Personal – Büroangestellte und Auszubildende ohne fachkundige Ausbildung – ausgeführt und angeblich von ausgebildetem Personal überwacht.

So eine Überwachung würde aber bedeuten, dass an jeder einzelnen Arbeitsstation in der Sterilisation ein*e fachkundige*r Mitarbeiter*in die Arbeiten beaufsichtigen müsste, da jeder einzelne Bereich eine Sachkunde voraussetzt.

Da Vivantes dies aus Mangel an Facharbeiter*innen natürlich nicht umsetzen kann – da diese sich ja im Streik befinden – sollte jedem*r klar sein, dass Vivantes wissentlich die Gesundheit der Patient*innen gefährdet, indem Vivantes es zulässt, ja sogar anordnet, in einem solch sensiblen Bereich Personal ohne Sachkunde einzusetzen.

Außerdem lagert Vivantes die Aufbereitung des Sterilisationsguts sogar bis nach Hamburg aus und scheut damit keinerlei Mehrkosten, nur um gegen getroffene Vereinbarungen zu verstoßen und somit abermals den Streik zu unterlaufen und zu versuchen, so den Streik der VSG ins Leere laufen zu lassen.

Sie schreiben:

Wie viele planbare OPs bereits verschoben werden mussten, teilt Vivantes nicht mit. Zu den Betroffenen gehört Uwe Geißler. Bei dem 66-Jährigen wurde Ende Januar ein aggressiver Prostatakrebs diagnostiziert. Er suchte sich zur Behandlung das Vivantes-Humboldt-Klinikum in Reinickendorf aus, sollte am 3. Mai operiert werden. Am 1. Mai habe ihn Chefarzt Christian Klopf angerufen und mitgeteilt, die OP könne wegen des Streiks in der Sterilgutbehandlung nicht stattfinden, sagte Geißler.

Richtig ist, dass das Humbold-Klinikum gerade nicht von dem Streik betroffen ist, da die dortigen elf OP-Säle ihr Sterilisationsgut aus der Zentralsterilisation im Krankenhaus Spandau beziehen und dieses den Betrieb bis auf ganz wenige Ausnahmen komplett aufrecht erhalten. Wenn es also tatsächlich eine Verschiebung der geplanten OP von Herrn Geißler geben sollte, hat dies nichts mit Auswirkungen des Streiks zu tun.

Sie schreiben:

Nun ist sie für den 28. Mai angesetzt. Geißler hofft, dass es bei dem Termin bleibt. Er kritisierte die Gewerkschaft. „Solch ein Bereich dürfte nicht bestreikt werden.“

Richtig ist, dass nicht die Gewerkschaft für den Streik verantwortlich ist, sondern der Berliner Senat und Vivantes, da diese sich in keiner weise bemühen, den Streik beizulegen und für gleiche Löhne für gleiche Arbeit zu sorgen.

Noch zur Information: Ich bin Angestellter der VSG und arbeite im Humboldt-Klinikum. Ich weiß also worüber ich schreibe.

Auch lege ich ihnen ans Herz sich für genaue Informationen direkt an ver.di zu wenden. Dort ist man gerne bereit die wahren Umstände des Konfliktes mit Vivantes zu besprechen.

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