„Ein Problem von ganz Berlin“: Interview mit Gregor, Pfleger im Jüdischen Krankenhaus und Mitglied der Tarifkommission

13.01.2024, Lesezeit 5 Min.
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Foto: KGK

Die Beschäftigten des Jüdischen Krankenhauses Berlin sind seit dieser Woche im unbefristeten Streik für einen Tarifvertrag Entlastung. Wir veröffentlichen ein Interview mit einem Krankenpfleger und Mitglied der Tarifkommission.

Wer bist du und was ist deine Position hier? 

Also mein Name Gregor Engel, Krankenpfleger auf der Psychiatrie im Jüdischen Krankenhaus Berlin, auf der Akut- und Allgemeinpsychiatrischen Station. Im Sinne des Streiks ist meine Position heute Streikleitung sowie Mitglied der Tarifkommission.

Ihr seid heute den fünften Tag im unbefristeten Streik – wie läuft’s?

Es läuft eigentlich ziemlich gut. Wir konnten schon ab Montag vier der insgesamt zwölf Stationen schließen, also ein Viertel. Und wir bestreiken aktuell tatsächlich 70 Prozent der Betten im Krankenhaus. Heute war das Streiklokal auch richtig voll, viele solidarische Bekundungen, auch viele Besuche. Heute waren die Kolleg:innen aus dem Sana Klinikum da, die ebenfalls einen Tarifvertrag Entlastung für sich erwirken wollen. Da sind wir in einem guten Austausch.

Die aktuelle Tarifauseinandersetzung läuft ja schon ein bisschen länger, in verschiedenen Warnstreiks und verschiedenen Verhandlungen, und bisher hat sich der „Arbeitgeber“ nicht bewegt. Was sind eure Forderungen für diesen Streik?

Genau, das ist ein ganz wichtiger Punkt. Diese Tarifauseinandersetzung geht schon deutlich länger. Wir haben ja schon im Spätsommer eine Petition überreicht mit Verhandlungsaufforderung, ursprünglich auch mal mit einem 50-Tage-Ultimatum, bis zu dem wir eigentlich einen unterzeichneten Tarifvertrag haben wollten. Denn die Belastung ist ja jeden Tag spürbar und je mehr Zeit vergeht, desto schlechter fühlen sich alle, die noch immer arbeiten müssen. Wir haben viele Verhandlungstermine vorgeschlagen. Wir sind auch aktuell jederzeit für Verhandlungen bereit. Das Problem ist aber, dass sich die Arbeitgeberseite eher so ein Spiel auf Zeit gönnt, was wir auch überhaupt nicht verstehen können, denn unsere Forderungen sind ja total legitim. Wir wollen einfach feste Ratios, wie viele Patient:innen zu betreuen sind in den einzelnen Bereichen. Wir wollen ein Punktesystem nach dem Vorbild von Charité und Vivantes, dass man in belasteten Schichten eben Belastungspunkte sammelt, die man dann später im Freizeitausgleich wieder nehmen kann. Unsere Forderungen umfassen auch, dass wir neben der Pflege auch noch andere Berufsgruppen mit in diesen Tarifvertrag einbeziehen wollen, unter anderem Servicekräfte und auch Therapeut:innen. In einem Krankenhaus ist es ja auch so: Wenn eine Berufsgruppe wegfällt oder nicht gut tarifiert ist und überlastet ist, wirkt sich das ja auf alle aus. Also ganz viele kleine Zahnräder, die ineinander greifen.

Du hast etwas ganz Wichtiges angesprochen. Bei euch im Streik sind auch viele Servicekräfte. Wie habt ihr das geschafft, diese verschiedenen Bereiche im Krankenhaus zusammenzubringen, die ja von oben häufig versucht werden zu spalten? 

Das Jüdische Krankenhaus ist mit knapp 800 Beschäftigen ja eigentlich ein eher kleines Krankenhaus. Man arbeitet sowieso viel Hand in Hand und eng miteinander zusammen. Die Kolleg:innen wollen ja auch alle gute Arbeit abliefern und das ist ja das, was uns alle auch eint. Und unter den schlechten Bedingungen sind wir halt auch so ein bisschen zusammengerückt, weil die, die halt noch da sind und arbeiten, versuchen das Bestmögliche zusammen zu erreichen. Alle Bereiche sind überlastet und spüren den gleichen Druck und die gleichen schlechten Bedingungen und sind eben in dem Zuge so zusammengerückt.

Wenn du das schon sagen kannst, was sind eure nächsten Schritte? 

Da kann ich natürlich jetzt nicht im absoluten Detail drauf eingehen, aber ein ganz wichtiger Schritt: Wir sind ja jetzt auch im Kontakt mit diversen Politiker:innen. Gute Gesundheit und gute Versorgung geht natürlich nicht nur unser Krankenhaus und die Belegschaft des Jüdischen Krankenhaus was an, sondern ist ja ein Problem von ganz Berlin, um dass sich auch ganz Berlin kümmern muss. Dann muss man ja auch bedenken, dass es einen riesengroßen Investitionsrückstau gibt. Der Berliner Senat kommt seinen Investitionsverantwortungen nicht nach. Deswegen halten wir auch eine Kundgebung am 18. Januar, um 8 Uhr 30, vor der ersten Plenarsitzung, um da auf jeden Fall nochmal ganz deutlich auf uns aufmerksam zu machen. Dafür möchte ich auch alle einladen. Das ist auf jeden Fall ein wichtiger Schritt und wenn die Arbeitgeberseite nicht auf unsere Forderung eingeht, werden wir stufenweise den Streik weiter eskalieren lassen und weitere Bereiche schließen.

Viel Glück dafür auf jeden Fall schon mal. Wie kann man sich weiter solidarisch zeigen? 

Wir freuen uns über alle Angebote, was man machen kann. Man kann uns gerne auf unserem Streikposten besuchen. Was in der Presse mitgeteilt wird, darf man gerne teilen. Es gibt grenzenlos viele Ideen, was man tun könnte. Wir sind auf jeden Fall für jegliche Form von Unterstützung dankbar. Kommt zur Kundgebung!

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