Ein halbes Jahr Verhandlungen bei der CFM sind genug
Seit Sommer befinden sich die Beschäftigten der Charité Facility Management GmbH (CFM) mit der Geschäftsführung in Tarifverhandlungen. Die Bosse beweisen dort vor allem, dass sie nicht bereit sind, ordentliche Löhne zu zahlen. Deswegen drohen die Kolleg*innen nun, bald in den Streik zu treten.
Im Dezember 2019 hat sich der Senat auf ein neues Gesetz zur Vergabe öffentlicher Aufträge geeinigt. Ein wichtiger Inhalt ist, dass für öffentliche Aufträge an private Unternehmen ein Mindestlohn von 12,50 Euro eingehalten werden muss. Das gilt somit auch für die CFM, die im Auftrag der Charité handelt. Sie wurde 2006 gegründet, um bestimmte Serviceleistungen auszugliedern, zum Beispiel Krankentransporte, Verpflegung, Pflege von Außenanlagen, Medizintechnik etc.. Die Gründung war ein Produkt der Spardiktate des Berliner Senats in der öffentlichen Daseinsvorsorge. Er hatte damals die Mittel für Lehre und Forschung an der Charité um fast 100 Millionen Euro gekürzt. Die Folgen der Ausgliederung der CFM müssen seitdem besonders die Beschäftigten tragen. Denn durch die Privatisierung der Serviceleistung gilt für die rund 3000 Kolleg*innen der CFM der Haustarifvertrag der Charité nicht. Das bedeutet bis heute Löhne, die nur knapp über dem Mindestlohn liegen. 2019 wurde zwar die Rekommunalisierung erwirkt, das heißt, die bisherigen privaten Anteilseigner*innen Vamed, Hellmann und Dussmann wurden rausgeworfen und die Charité ist somit alleinige Eigentümerin der CFM. Doch das mussten sich die Beschäftigten hart erkämpfen.
Seit 2011 gibt es immer wieder Streiks der Beschäftigten. Zuletzt führten sie 2017 einen 10-tägigen Streik, der sogar den Regierenden Bürgermeister Michael Müller dazu bewegte, die Erhöhung des Grundlohns auf elf Euro pro Stunde zu verkünden. Der Arbeitskampf wurde damals mit einem Einigungspapier abgeschlossen – ähnlich einem Tarifvertrag. Dieses Papier hat unter anderem eine Friedenspflicht bis 1. Juli 2019 vorgesehen. Ursprünglich sollte die Laufzeit dieser Einigung sogar drei Jahre gehen, was jedoch von den Kolleg*innen Anfang 2018 abgelehnt wurde, damit die nächsten Verhandlungen in absehbarer Reichweite bleiben. Denn eine Angleichung an den Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes (TVöD) ist damit noch nicht erreicht.
Seit 2017 kam es bei der CFM zwar bisher nicht zu neuen Streiks, doch wurden immer wieder Aktionen gegen den Berliner Senat gestartet. So gab es vermutlich keinen Parteitag von Linken und SPD in Berlin, bei dem nicht die Kolleg*innen der CFM vor der Tür standen. Auch die Organisierung im Betrieb ist seit dem Teilerfolg mit dem Einigungspapier vorangeschritten. Dennoch bleibt die Frage: Wieso führt der Senat die CFM nicht zurück in den Mutterkonzern Charité? An dieser Stelle zitieren wir gerne den vereinbarten Koalitionsvertrag:
Die Koalition setzt sich dafür ein, dass Landesunternehmen in Tarifverbünden geführt werden. Sie setzt sich zudem dafür ein, dass auch für Landesunternehmen und ihre Tochterunternehmen, die bisher noch nicht tarifgebunden sind, zügig mit dem Ziel der Beschäftigungssicherung und der Angleichung an den TVöD Tarifverträge abgeschlossen werden. Die Koalition wird Outsourcing in öffentlichen Einrichtungen und Betrieben mit lediglich dem Ziel, sich aus Tarifbindungen zu lösen, unterbinden.
Mal abgesehen davon, dass Outsourcing eigentlich immer dazu dient, sich aus Tarifbindung zu lösen, bleibt der Senat bei der CFM bis heute weitgehend untätig. Müller und Co. klopfen sich zwar für die Rekommunalisierung kräftig auf die eigenen Schultern, doch die Arbeitsbedingungen bei der CFM haben sich damit nicht bedeutend verbessert. Obwohl mehrere Millionen Euro, die sich die privaten Anteilseigner jahrelang in die eigenen Taschen gesteckt haben, frei geworden sind. Und obwohl die Kolleg*innen seit Jahren regelmäßig für eine Angleichung an den TVöD kämpfen.
Mut macht der Erfolg der Kolleg*innen des ehemaligen Charité Physiotherapie- und Präventionszentrums (CPPZ). Sie sind seit dem 1. Januar dieses Jahres wieder vollständig Teil der Charité. Sie haben im letzten Jahr fast sieben Wochen gestreikt und damit den Senat und die Charité derart unter Druck gesetzt, dass sie letztlich die Rückführung beschließen mussten. Doch an den Berliner Krankenhäusern gibt es weiterhin zahlreiche ausgegliederte Unternehmen, von denen die CFM nur das größte ist. Eine Rückführung der CFM in die Charité hätte eine große Signalwirkung in Richtung anderer Tochterfirmen. Nicht nur in Krankenhäusern.
An der Alice Salomon Hochschule (ASH) in Berlin haben sich Studierende zusammengeschlossen, um die Arbeitsbedingungen der Reiniger*innen anzuprangern, die dort ebenfalls nicht direkt bei der ASH angestellt sind, sondern über eine Fremdfirma arbeiten. Auch an Berliner Schulen berichten Reinigungskräfte aus Osteuropa von katastrophalen Bedingungen. Teilweise wurden sie sogar um ihren Lohn geprellt. Bei der CFM sind es ebenfalls vor allem migrantische Frauen, die in der Reinigung beschäftigt sind und von miesesten Arbeitsbedingungen betroffen sind. Wahrscheinlich gibt es Tausende weitere solcher Beispiele allein in Berlin. Die politische Verantwortung dafür liegt am Ende beim Senat, der Outsourcing selbst eingeleitet hat oder zumindest billigend in Kauf nimmt – aller Versprechungen zum Trotz. Deshalb fordern wir ein vollständiges Verbot von Outsourcing und sofortige unbefristete Festanstellungen von ausgegliederten Reiniger*innen.
Nach langen Verhandlungen wollen die Kolleg*innen der CFM nun mit Streiks klarmachen, dass sie sich nicht mehr mit Dumpinglöhnen abspeisen lassen. Alle, die sie dabei unterstützen wollen, sollten sich bereithalten, um in den kommenden Tagen und Wochen vor Ort zu sein, sobald Streikaktionen stattfinden: Sei es durch einen Besuch beim Streiklokal oder durch die Teilnahme an Kundgebungen und Demos der Streikenden. Wir müssen gemeinsam zeigen, dass miese Arbeitsbedingungen und Outsourcing uns alle angehen!