Dossier

LMU Soziologie: mit revolutionären Ideen in den Semesterstart

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„Listen to the Science!“ Unter dieser Losung mobilisierten Millionen von jungen Menschen im Protest gegen die Klimakrise auf unseren Straßen. Sie rückten die Wissenschaft damit ins Zentrum des gesellschaftlichen Diskurses und forderten, die Politik solle „auf sie hören“. Eine spezifische Disziplin der Wissenschaft, die versuchte derartige Phänomene zu erklären, ist die Soziologie. Das Institut für Soziologie der LMU, an dem einige von uns Mitgliedern der marxistischen Hochschulgruppe Waffen der Kritik studieren, bildet dabei einen wichtigen Ort, an dem diese “Lehre vom Zusammenleben der Menschen in einer Gemeinschaft oder Gesellschaft” entwickelt wird.

Dabei haben wir als Studierende eine gesonderte Rolle innerhalb der Unis: wir stellen das breiteste Fundament unserer Lehre und unserer Forschung dar, als lernende Studierende, indem wir als Hilfskräfte sehr prekär Teile der Lehre selbst übernehmen, sogar Projektanträge schreiben oder Seminare mit vorbereiten. In Forschungsgruppen erleben wir, wie wir oft schon die gleichen Aufgaben in Erhebung und Auswertung übernehmen, wie es unsere Kolleg:innen mit Promotionstitel tun.

Gleichzeitig befanden sich Studierende schon immer auch im Kampf um ihre Stellung an der Uni und in den großen gesellschaftlichen Kämpfen des letzten Jahrhunderts: die 68er-Bewegung konfrontierte den Nazi-Muff in den Königsposten der Lehrstühle. Aber auch heute sehen wir die Studierenden an vorderster Front von Protesten, wie beispielsweise in Kenya, Bangladesch oder wie zum gegenwärtigen Zeitpunkt in Argentinien gegen die massiven Angriffe auf die Hochschulfinanzierung von der ultrarechten Milei-Regierung.

Emblematisch dafür steht natürlich auch die internationale studentische Bewegung in Solidarität mit Palästina, die die Komplizenschaft der Unis im Genozid in Gaza anklagt und offen bekämpft. Während Professor:innen an unserem Institut sich auf einer “authentisch durchgeknallten” Art und Weise an der Hetze gegen die Bewegung beteiligten, nahmen wir aktiv an diesen Teil und versuchen den Kampf an der Uni zu organisieren. Nach mehr als 5 Monaten eines Palästina Camps vor der LMU, worauf die Hochschulleitung nicht anders wusste als mit tauben Ohren zu reagieren und die Bayerische Landesregierung nun mit repressiven Maßnahmen, wie politischen Exmatrikulationen, antwortet. Angesichts der Mannheimer Studienergebnisse von “Wie tickt Deutschland?”, die die Antisemitismus Vorwürfe gegen uns als Gegner:innen des Genozids in Gaza wiederlegen, kann unsere Bilanz der Bewegung auch für passive Beobachter:innen von Interesse sein.

Die Herausforderungen unserer Zeit und ihre multiplen Krisen verlangen von uns eine kritische Haltung einzunehmen, die nicht dem passiven Beobachter, sondern dem aktiven Teilnehmenden entspricht. Mit Freude nehmen wir wahr, dass die Soziologie wieder zunehmend versucht, interdisziplinär zu forschen, zu lehren und zu arbeiten. Dafür brauchen wir Ideen, die über den begrenzten Rahmen der Gegenwart hinausweisen. In diesem Sinne stellen wir dieses Dossier zusammen, mit marxistischen Beiträgen zum Wesen des bürgerlichen Staates, der Automatisierung und Arbeitszeitverkürzung, über die Macht der Massenmedien, den „Anti-Woke“ Ideologien innerhalb der politischen Linken und dem Ansatz des Intersektionalismus, sowie zur Frage des Menschenrechts im Bereich der Migration und Lösungsansätzen hinsichtlich der Klimakrise. Wir tun dies auf Grundlage unserer Politik und Diskussionen am Institut für Soziologie, um damit einen Beitrag für den Aufbau einer politischen Kraft an den Universitäten, die mit sozialistischen Ideen den Schulterschluss mit der Arbeiter:innenklasse sucht, um dem kapitalistischen Elend ein Ende zu setzen.