Die Unsichtbaren an der Uni: Outgesourcte Beschäftigte und die Hochschulreform
„Ob Putzkraft oder Lehrkraft: Gute Löhne für ALLE an der Uni“ war auf einem Plakat bei der Kundgebung gegen das sogenannte „Hochschulinnovationsgesetz“ zu lesen. Diese Forderung macht auf ein Problem aufmerksam, das bereits seit langem an den Hochschulen existiert!
Die Unterfinanzierung der Unis macht es notwendig an allen Ecken zu sparen. Dabei werden nicht nur viele wissenschaftliche Beschäftigte zu sehr unsicheren Arbeitsverträgen angestellt, sondern besonders nicht-wissenschaftliche Beschäftigte. Doch sie sind ein genauso unverzichtbarer Teil der Uni wie die wissenschaftlichen Beschäftigten und die Studierenden!
Die Hochschulreform, die in Bayern in den nächsten Monaten durchgesetzt werden soll, ist nicht nur ein schwerer Angriff auf alle Studierenden, sondern auch auf die Beschäftigten der Hochschulen. Für sie wird diese Reform noch mehr Unsicherheit und Prekarisierung am Arbeitsplatz bedeuten. Denn die Privatisierung und Kommerzialisierung der Hochschulen, die bereits mit der Bolognareform krass verstärkt wurde, wird nun auf die Spitze getrieben.
Das wird starke Auswirkungen auf die Wege der Wissenschaften haben, die dann noch mehr an Profiten orientiert sein werden. Diejenigen Fächer, die für die Wirtschaft nicht profitabel genug sind – wie große Bereiche der Geistes- und Sozialwissenschaften – verlieren so immer schneller ihre Daseinsberechtigung.
Auch die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten an den Unis werden durch diese Reform drastisch verändert werden.
Was ist Outsourcing?
Outgesourcte Beschäftigte sind im Gegensatz zu anderen Arbeiter:innen nicht direkt in dem Unternehmen oder Betrieb, in dem sie arbeiten beschäftigt, sondern in ausgegliederten Tochterunternehmen. Damit sind sie nicht in den Tarifvertrag ihrer Kolleg:innen miteingeschlossen. Das bedeutet konkret, dass für ihre Arbeitsbedingungen nicht die gleichen Regelungen gelten, wie für andere Angestellte und sie nicht von den Vorteilen der Tarifverträge profitieren können. So können sie unter anderem viel schlechter bezahlt werden. Weil outgesourcte Beschäftigte deutlich schlechtere Arbeitsverträge als ihre Kolleg:innen haben, sind auch gemeinsame Streiks erschwert.
An den Hochschulen sind typischerweise nicht-wissenschaftliche Beschäftigte outgesourct, wie beispielsweise Arbeiter:innen der Mensa oder Putzkräfte, und auch Securities. Vor allem die Belegschaften der Mensa und der Reinigung sind stark weiblich und migrantisch geprägt.
Die Gewerkschaften nehmen dabei oft eine Haltung ein, die diese Spaltung der Belegschaft unterstützt. Dabei ist es wichtig, zwischen der Gewerkschaftsbasis und der bürokratischen Gewerkschaftsführungen zu differenzieren! Die Gewerkschaftsführungen unternehmen fast keine Anstrengungen die outgesourcten Beschäftigten zu organisieren und ihre Kämpfe und Forderungen aufzunehmen. Durch diese Spaltung werden die outgesourcten Beschäftigten, die meistens einen zeitlich begrenzten Vertrag haben, sehr stark isoliert und eingeschüchtert. Ihre unsicheren Arbeitsverhältnisse und die Abgrenzung zu den fest angestellten Beschäftigten machen Widerstand sehr riskant.
Trotz der ganzen Hürden gibt es viele Beispiele von erfolgreichen Arbeitskämpfen gegen Outsourcing an Hochschulen, bei denen Arbeiter:innen verbündet mit Student:innen und Arbeiter:innen aus anderen Sektoren eine Eingliederung in den Tarifvertrag erkämpft haben. Ein solches Beispiel ist der Arbeitskampf der Beschäftigten des Botanischen Gartens in Berlin, wo nach zwei Jahren Widerstand die Ausgliederung rückgängig gemacht wurde.
Diese Kämpfe waren nur erfolgreich, weil sie von Bündnissen aus sowohl outgesourcten als auch nicht-outgesourcten Arbeiter:innen und Student:innen geführt wurden. Die Spaltung, die durch die Ausgliederungen entsteht, muss überwunden werden, um einen solchen gemeinsamen Kampf möglich zu machen.
Was tun dagegen?
Die Verteidigung gegen diese Reform, die alle Menschen an den Hochschulen treffen wird, darf nicht nur eine Verteidigung bleiben, sondern muss den Anspruch haben weiterzugehen: Auch die Funktionsweise der Hochschulen vor dieser Reform ist zu bekämpfen! Die zunehmende Privatisierung und Kommerzialisierung aller möglichen öffentlichen Sektoren trifft uns alle und diese Reform ist, wie auch die Bolognareform, ein Symptom des Neoliberalismus. Die bisherige Funktionsweise der Hochschulen bildet die Grundlage für diese Reform.
Ein Problem, das auch die bisherige Funktionsweise der Uni hat, ist das Fehlen von wirklich demokratischen Strukturen an der Hochschule, die eine Fremdbestimmung unter anderem durch die Wirtschaft möglich macht. Warum haben nicht die Menschen, die wirklich an der Uni arbeiten und studieren, Kontrolle und Entscheidungsmacht über die Uni?
Die Organisation des Widerstandes gegen diese Reform und gegen die Kommerzialisierung und Privatisierung der Unis muss so aussehen: Studierende und alle Beschäftigten müssen sich gemeinsam in Komitees organisieren, um demokratische Strukturen für eine breite Verteidigungsfront aufzubauen.
Diese Komitees können gemeinsam gegen Unterfinanzierung, Prekarisierung, Outsourcing und Kommerzialisierung kämpfen!