Die Schüler*innen von Nürnberg zeigen den Weg: Gegen jede Abschiebung kämpfen!
Die dramatischen Videoaufnahmen aus Nürnberg werden millionenfach angeklickt: Am Mittwoch versuchten 300 Schüler*innen, die Abschiebung ihres Mitschülers Asef N. nach Afghanistan zu verhindern. Und sie waren erfolgreich! Gegen jede Abschiebung brauchen wir Demonstrationen, Blockaden und Streiks.
Ist der Rechtsruck in Deutschland aufzuhalten? Im Vorfeld der Bundestagswahlen veranstalten die Parteien einen regelrechten Wettbewerb darum, wer am lautesten Abschiebungen fordern kann. Selbst liberale Oppositionsparteien wie Grüne und Linke führen in ihren Landesregierungen jeden Tag Abschiebungen durch. Gibt es irgendeine Hoffnung in diesem Land?
Ja, und zwar die Jugend. Als eine Horde schwer bewaffneter Polizist*innen am Mittwoch in eine Nürnberger Berufsschule eindrang, um den 20-jährigen Schüler Asef N. abzuschieben, war die Antwort entschlossen. 300 Schüler*innen organisierten eine Sitzblockade. Und sie hatten Erfolg! Nicht nur, dass Asef am kommenden Tag aus der Abschiebehaft entlassen wurde.
Am Donnerstag hat die Bundesregierung auch alle Abschiebungen nach Afghanistan ausgesetzt. Die offizielle Begründung dafür lautete, dass das Personal an der deutschen Botschaft in Kabul nach dem Bombenattentat mit 90 Toten (ebenfalls am Mittwoch) überlastet ist. Aber wäre diese Entscheidung ohne die dramatischen Bilder aus Nürnberg zu Stande gekommen?
Die Schüler*innen widersetzten sich einer unglaublichen Polizeigewalt. Eine Mitschülerin beschrieb das so:
Die haben ihre Hände verdreht und sie am Hals gepackt, teilweise auch in die Augen gedrückt – einfach nur, um so viel Schmerz zuzufügen, dass wir die Blockade auflösen. Und um uns Angst zu machen. (…) Und als wir dieses dritte Auto blockiert haben, ist es so richtig eskaliert. Da wurden dann auch Pfefferspray und Schlagstöcke eingesetzt. Jedes Mal wenn ich mich wieder vor das Auto gesetzt habe, wurde ich an meinen Haaren zur Seite geschmissen. Jemand hat ein Knie ins Gesicht bekommen, ein Freund von mir wurde heftig am Hals gepackt. Genau das hat mich verstört: Die erste Strategie war nicht, dass man versucht hat, alles friedlich zu räumen. Die erste Strategie war: Wie fasse ich diesen Menschen an, damit er möglichst große Schmerzen empfindet.
Dann wird sie auch gefragt, ob sie trotz der Verletzungen eine solche Aktion wieder machen würde:
Ja! Auf jeden Fall! Keine Frage.
Großartig! Ein Phänomen, das immer wieder inspiriert: Alle Parteien in Deutschland, auch die „linken“, halten Abschiebungen für etwas Selbstverständliches. Doch in der Jugend existiert eine fast entgegengesetzte Hegemonie, die in den bekannten Parolen zum Ausdruck kommt: „Abschiebungen ist Folter, Abschiebung ist Mord“ und „Kein Mensch ist illegal.“ Es ist auch kein Zufall, dass die Schulstreiks gegen Rassismus den bisher größten Protest gegen den Rechtsruck in Deutschland darstellten.
Am Montag wurde Bivsi, eine 14-jährige Schülerin, aus einer Duisburger Schule heraus abgeschoben. Hier kam es leider nicht zu aktivem Widerstand – Bivsis befindet sich bereits in Nepal, obwohl sie in Deutschland geboren wurde. Am nächsten Tag war Duisburgs Ordnungsdezernentin Daniela Lesmeister von der CDU in der Klasse für eine Diskussion. Wie eine Mitschülerin erzählte:
[Lesmeister] hat uns gesagt, dass es nichts bringt, wenn wir uns für Bivsi einsetzen und dass die Mehrheit der Menschen in Deutschland für mehr Abschiebungen seien.
Aber das ist eben nicht wahr. Schüler*innen erleben, dass ihre Mitschüler*innen wie Schwerverbrecher*innen behandelt werden, nur weil ihnen irgendwelche Papiere fehlen. Und die jungen Menschen ziehen genau den richtigen Schluss daraus: Gegen diesen brutalen Rassismus ist entschlossenes Handeln gefragt! Es reicht nicht, einen Leser*innenbrief an die Lokalzeitung zu schreiben oder bei der nächsten Wahl ein Kreuz zu machen. Den bezahlten Schläger*innen des Staates muss man sich direkt entgegenstellen.
Die unglaublich mutigen Schüler*innen aus Nürnberg zeigen den Weg: Gegen jede einzelne Abschiebung ist Widerstand nötig. Wir müssen auf die Kampfmittel des Proletariats setzen: Demonstrationen, Blockaden und vor allem Streiks. Es reichte schon, dass 300 Schüler*innen ihren Unterricht verlassen haben, um Asef zu retten. Was würde passieren, wenn Flughafenpersonal gegen Abschiebungen streiken würde? Oder wenn die Mitarbeiter*innen des öffentlichen Nahverkehrs in einer Großstadt in den Ausstand treten würde, weil ihre Klassengeschwister abgeschoben werden?