Die Schlichtungsvereinbarung im öffentlichen Dienst gehört abgeschafft!
Freiwilliger Verzicht auf Streiks? Aufgrund einer Vereinbarung zwischen ver.di und Arbeitgeber:innenverbänden müssen vor unbefristeten Streiks im öffentlichen Dienst stets eine Schlichtung stattfinden. Der ver.di-Bundeskongress Ende September soll nun darüber diskutieren, ob diese Vereinbarung weiterbestehen soll. Kommentar von ver.di Mitglied Yunus – aktiv in der Berliner Krankenhausbewegung.
Vielen Kolleg:innen ist Schlichtung ein Begriff. Schlichtung bedeutet, dass die Gewerkschaften und Arbeitgeber:innenverbände sich freiwillig darauf einlassen, sich mit Hilfe einer Schlichtungsperson zu einigen. In dieser Zeit dürfen dann keine Streiks mehr stattfinden. In nahezu allen Fällen endet die Schlichtung zu Gunsten der Arbeitgeber:innenseite.
Nun existiert jedoch im öffentlichen Dienst (TVöD) die sogenannte Schlichtungsvereinbarung. Sie sieht vor, dass ver.di in eine Schlichtung gehen muss, sobald die Arbeitgeber:innen dazu aufrufen. Somit können Arbeitgeber:innenverbände jederzeit Streiks untermauern und Urabstimmungen für unbefristete Streiks hinauszögern.
Dass eine solche Vereinbarung, die seit 2011 in Kraft ist, überhaupt stattfand, ist an sich ein Skandal. Warum zur Hölle unterschreibt die Führung unserer Gewerkschaft eine solche Vereinbarung, die die Kampfkraft der Beschäftigten massiv schwächt und dafür da ist, größere Streiks und Konflikte zu verhindern? Der Grund liegt in der Sozialpartnerschaft.
Nachdem hunderte Streikdelegierte in Berlin während des TVöD-Streiks im Frühjahr 2023 forderten, dass die Schlichtungsvereinbarung gekündigt werden muss, soll es nun beim ver.di-Bundeskongress eine Diskussion dazu geben.
ver.di-Bundeskongress diskutiert die Anträge über die Schlichtungsvereinbarung
Vom 17. bis 23. September findet der ver.di-Bundeskongress (BuKo) statt. Fast 1.000 Delegierte aus ganz Deutschland kommen zusammen, um Grundsatzpositionen der Gewerkschaft für die kommenden vier Jahre zu bestimmen, einen neuen ver.di-Bundesvorstand und den Gewerkschaftsrat zu wählen.
Dabei stehen zwei Anträge (A 083 und A 112) über die Schlichtungsvereinbarungen zur Diskussion und Abstimmung, die deren Kündigung fordern. Wir denken, dass diese Anträge seitens der Delegierten des Kongresses unterstützt werden sollten. Obwohl die Vereinbarung in der Zeit von TVöD Streiks von vielen Mitgliedern heiß diskutiert wurde, schlägt die Antragkommission, die die Anträge moderiert, jedoch vor, keine Diskussion und Abstimmung dazu zu haben.
Es soll also einfach so weitergehen wie bisher, unsere Streikbewegungen sollen frühzeitig abgebrochen werden und mit öffentlichen Druck der Politik sowie Medien mit schlechten Kompromissen enden können.
In Zeiten von Krise, Kürzungen und Inflation – und auch außerhalb – gibt es keinerlei Rechtfertigung für das Festhalten an dieser Vereinbarung seitens der Führung unserer Gewerkschaft, vor allem des ver.di-Bundesvorstands. Außer man möchte es der Regierung und den Arbeitgeber:innen leichter machen, uns ihre Interessen aufzuzwingen – denn genau das ist die Wirkung dieser sozialpartnerschaftlichen Vereinbarung.
Wir laden daher alle ver.di-Betriebsgruppen und Gewerkschaftsgliederungen dazu ein, Resolutionen in Unterstützung der beiden Anträge zu verfassen und diese vor dem Bundeskongress mit allen Gewerkschaftsmitgliedern zu teilen.
Werde aktiv mit KGK Workers!
Wir sind eine branchen- und gewerkschaftsübergreifende sozialistische Arbeiter:innengruppe um die Zeitung KlasseGegenKlasse. Wir sind in DGB-Gewerkschaften und Betriebsgruppen organisiert und gestalten die Streikbewegungen aktiv mit.
In der Arbeiter:innenbewegung treten wir für eine klassenkämpferische Perspektive gegen die Sozialpartnerschaft. Wir denken, dass wir als Gewerkschaften nicht nur für mehr Lohn, sondern auch für politische Forderungen an die Regierung mit Aktionen und Streiks kämpfen müssen, um unsere Interessen zu verteidigen. Außerdem bauen wir die Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften (VKG) bundesweit mit auf.
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